Fanny Werfer Programm
Frauen* verändern Wissenschaft
Als erste Frau in Deutschland legte Franziska „Fanny“ Werfer im Jahr 1929 ein theologisches Vollexamen an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Tübingen ab.[1] Die 1906 in Ellwangen an der Jagst geborene junge Frau hatte eine Sondergenehmigung zur Teilnahme an der theologischen Abschlussprüfung erhalten, die bisher nur Männern vorbehalten war. Als engagierte Theologin wirkte sie auch nach ihrem universitären Abschluss wegweisend an der Einbeziehung von Frauen ins Arbeitsfeld Kirche der Diözese Rottenburg-Stuttgart mit. Hauptberuflich arbeitete sie als Religionslehrerin an katholischen Mädchenschulen in Stuttgart. Daneben konzipierte und organisierte sie in enger Kooperation mit dem Katholischen Deutschen Frauenbund Schulungen von Frauen zu Katechetinnen – ein Novum in der Diözese.
Im Rahmen eines universitätsweiten TEA-Mentoring-Programms, das vom Gleichstellungsbüro der Universität Tübingen entwickelt wird, möchte das Fanny-Werfer-Programm an der Katholisch-Theologischen Fakultät die Förderung von Frauen* in Lehre und Wissenschaft unterstützen.
Ein Blick in das Verhältnis der Geschlechter im akademischen Spektrum zeigt, dass Frauen trotz bereits bestehender Ansätze zur Unterstützung im wissenschaftlichen Raum weiterhin unterrepräsentiert sind. Dieser Befund verschärft sich, je höher Frauen in der akademischen Rangfolge steigen.[2] Auch die Disziplin der Katholischen Theologie im deutschsprachigen Raum stellt hierbei keine Ausnahme dar: Theologinnen sind nicht nur wissenschaftlich, sondern auch medial gegenüber ihren männlichen Kollegen deutlich benachteiligt, wie erst kürzlich wissenschaftlich bestätigt wurde.[3]
Ausrichtung des Programms
Den allgemeinen Forderungen nach Förderung von Frauen* in der Wissenschaft möchte das Fanny-Werfer-Programm an der Katholisch-Theologischen Fakultät eine konkrete Gestalt geben: Neben einer breitenwirksamen Sichtbarmachung struktureller und systemischer Diskriminierung von Frauen* setzt das Programm konkret dabei an, Studentinnen* und Wissenschaftlerinnen* zu einer akademischen Weiterqualifizierung zu ermuntern. Das Programm wird hierbei entlang des sogenannten Kaskadenmodells gestaltet, wonach Frauen* einer Qualifikationsstufe von Wissenschaftlerinnen* aus der jeweils höher liegenden Ebene fachlich und persönlich begleitet werden. Zu diesem individuellen Austausch zwischen Mentorin* und Mentee* findet in Form eines peer-Mentoring die gegenseitige Unterstützung und Vernetzung der Teilnehmerinnen* einer Ebene untereinander statt. Ergänzt wird das Programm mit gemeinsamen Veranstaltungen und Workshops zu Themen wie Wissenschaftsmanagement, Kommunikationstraining oder Genderkompetenz in wissenschaftlicher und kirchlich-theologischer Perspektive.
Zielgruppe
Das Programm richtet sich zunächst an Studentinnen in ihrer letzten Studienphase (Vertiefungsphase im Magistra Theologiae Studiengang bzw. Master of Education) und Doktorandinnen an der Katholisch-Theologischen Fakultät Tübingen. Da den Initiatorinnen des Programms bewusst ist, das strukturelle Diskriminierungen nicht nur Frauen betrifft, bietet das Programm auch Anknüpfungspunkte für Menschen*, die* sich weiteren Gruppen zugehörig fühlen, welche sich verschiedener Formen von Diskriminierung im wissenschaftlichen Kontext ausgesetzt fühlen.
Wenn auch in ihrem theologischen und kirchenpolitischen Denken klar in ihrer Zeit verhaftet, stellt der Vorstoß Fanny Werfers in das bis dahin ausschließlich männlich dominierte theologisch-akademische Feld einen Türöffner für viele Generationen begabter Theologinnen* an der Katholisch-Theologischen Fakultät Tübingen dar.
[1] Vgl. hierzu und zum Folgenden: Köhler, Joachim, Franziska Werfer (1906-1985). Eine „Fackel des neuen Aufbruchs in der Kirche“, in: Bendel-Maidl, Lydia (Hrsg.), Katholikinnen des 20. Jahrhunderts. Bilder, Rollen, Aufgaben, Berlin u.a. 2007, S. 201-222, hier S. 201.
[2] Vgl. eine entsprechende Untersuchung des Statistischen Bundesamtes zum Frauenanteil auf verschiedenen akademischen Ebenen in den Jahren 2017 bis 2019: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Hochschulen/Tabellen/frauenanteile-akademischelaufbahn.html [zuletzt geprüft 11.02.2021].
[3] Vgl. die entsprechende Studie: https://www.katholisch.de/artikel/28396-studie-theologinnen-wissenschaftlich-und-medial-benachteiligt?fbclid=IwAR1sQHsEQo9Ha0epe-63oD40QWy0K1e9miTYqd0WmC40jUYN7Hw0Z5i4z3o [zuletzt geprüft 11.02.2021].