Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2024: Leute
Der Neue Botanische Garten war seine Lebensaufgabe
Zum Tode von Dr. Klaus Dobat ein Nachruf von seinen Kolleginnen und Kollegen
Dr. Klaus Dobat, der langjährige Kustos des Botanischen Gartens der Universität Tübingen, ist am 25. Oktober 2023 im Alter von 84 Jahren in Tübingen verstorben. Klaus Dobat hat von 1969 bis zu seiner Pensionierung 2004 nicht nur botanisches und ökologisches Wissen an viele Generationen von Studierenden vermittelt, sondern auch mit großer Freude zahllose Führungen für die Öffentlichkeit gegeben und den Garten maßgeblich mitgestaltet und weiterentwickelt. Biologen und Biologinnen, die in Tübingen studiert haben, erzählen noch heute begeistert von seinem Blütenökologie-Kurs und der legendären Schaufenster-Exkursion durch Tübingen zur Adventszeit – die wohl auch als „Glühwein-Exkursion“ bekannt war und zahlreiche Nutzpflanzen behandelt hat, die zur Weihnachtszeit eine Rolle spielen. Klaus Dobat hatte aber noch eine zweite wissenschaftliche Leidenschaft neben der Botanik: die Höhlenforschung, insbesondere die Biospeläologie, also die Lebewelt der Höhlen, vor allem der Schwäbischen und Fränkischen Alb. Schon in seiner Promotion widmete er sich diesem Thema, und hier war er auch nach seiner Pensionierung noch lange aktiv. Die letzte Veröffentlichung zu diesem Thema mit seiner Beteiligung erschien 2020 über die Falkensteiner Höhle.
Ein weiteres großes Feld seiner Betätigung waren wissenschaftsgeschichtliche Themen. Hier sind vor allem seine biographischen Arbeiten zu Alexander von Humboldt und zum Tübinger Botaniker Leonhard Fuchs (1501-1566) zu nennen. “Das Kräuterbuch” von Leonhard Fuchs aus dem Jahr 1545 ist 2017 im Taschen-Verlag als kompletter Nachdruck mit 500 Pflanzen-Tafeln von Dr. Klaus Dobat herausgegeben worden.
Klaus Dobat wurde am 10. Oktober 1995 von Bundespräsident Roland Herzog das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen, auf Vorschlag des damaligen Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg Erwin Teufel. Die Begründung verweist im Wesentlichen auf folgende Verdienste: "Seit 1969 ist Herr Dr. Dobat an der wissenschaftlichen Betreuung des Botanischen Gartens der Universität Tübingen und an der Planung der geographischen Anlagen maßgeblich beteiligt. Besondere Verdienste erwarb sich Herr Dr. Dobat um die Deutsche Höhlen- und Karstforschung, insbesondere um die Erforschung der Flora und Fauna in Karsthöhen der Fränkischen und Schwäbischen Alb. Neben der Höhlenbotanik nimmt in seinen über 50 speläologischen Publikationen die Höhlenzoologie einen wichtigen Rang ein, besonders seine beiden umfangreichen Monographien ‚Die Höhlenfauna der Schwäbischen Alb‘. Seine höhlenbiologischen Vorträge auf Einladung zahlreicher Universitäten sowie naturwissenschaftlicher und höhlenkundlicher Vereine in Deutschland und auch im Ausland trugen und tragen zum Ansehen der Deutschen Höhlen- und Karstforschung in erheblichem Maße bei. Nicht zuletzt geht die internationale Anerkennung von Herrn Dr. Dobat auch daraus hervor, dass mehrere Höhlentierarten sowie eine Tiergattung nach ihm benannt wurden."
Klaus Dobat wurde am 13. Mai 1939 in Goslar geboren. Nach der Reifeprüfung 1959 in Stuttgart studierte Klaus Dobat ab dem Sommersemester 1959 an der Universität Tübingen. Mit Ausnahme des Sommersemesters 1960 an der Universität Hamburg, das der Meeresbiologie gewidmet war, verbrachte Klaus Dobat seine Studienjahre an der Universität Tübingen. Seine Fächer waren Botanik, Zoologie, Geologie und Hydrobiologie. Als Stipendiat der Fritz-Thyssen-Stiftung arbeitete er seit 1963 an seiner Dissertation "Die Kryptogamenvegetation der Höhlen und Halbhöhlen im Bereich der Schwäbischen Alb", mit der er im Februar 1966 zum Dr. rer. nat. promoviert wurde.
Daraufhin wurde Klaus Dobat Assistent seines Doktorvaters Prof. Dr. Karl Mägdefrau, der ihn als seinen Mitarbeiter bei der Planung und beim Aufbau des 1969 eröffneten Neuen Botanischen Gartens der Universität Tübingen einsetzte. Hier hatte er seine berufliche Lebensaufgabe gefunden. Der auf einer Fläche von zehn Hektar ab 1965 angelegte Neue Botanische Garten auf der MorgensteIle zeigt auf Freiflächen und in stattlichen Gebäuden mit verglasten Fronten einen Überblick über die Pflanzen aller Klimazonen und aller Erdteile. Zu den dienstlichen Aufgaben von Klaus Dobat als Gartenkustos und zuletzt als Akademischer Direktor gehört die Vertretung des Lehrstuhlinhabers in allen den Botanischen Garten betreffenden Fragen. Er war verantwortlich für die wissenschaftliche Betreuung, die wirtschaftliche Führung, die Öffentlichkeitsarbeit im weitesten Sinn, die Beratung von Privatleuten und öffentlichen Stellen (zum Beispiel der Kinderklinik und des Instituts für Gerichtsmedizin) bei Vergiftungsfällen. An der Lehre ist er im Rahmen des Instituts für Spezielle Botanik/Mykologie durch Vorlesungen und Praktika sowie Führungen und Exkursionen in der näheren Umgebung und im europäischen Ausland beteiligt gewesen. Besonders hervorzuheben sind mehrwöchige Exkursionen nach Afrika, in die Türkei, nach Ceylon/Sri Lanka, Indien, Kaschmir, Nepal, in die Karibik und nach Kolumbien.
Der Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher (VdHK) ernannte Dr. Klaus Dobat zum Ehrenmitglied. Dies beruht auf seiner akribischen Grundlagenarbeit zur Biospeläologie, also der Lebewelt der Höhlen, insbesondere zur Schwäbischen und Fränkischen Alb. In seiner Dissertation prägte Dr. Klaus Dobat den Fachbegriff der “Lampenflora”, der als deutsches Wort sogar in die englischsprachige wissenschaftliche Fachliteratur zur Höhlenbiologie Eingang gefunden hat. Gemeint sind Pflanzen, die sich im Kunstlicht in Schauhöhlen ansiedeln. In einer großen Fülle an Publikationen dokumentierte er aber insbesondere die Tierwelt in Höhlen, von Köcherfliegen über Brunnenschnecken bis hin zu Urinsekten – von denen Plusiocampa dobati seinen Namen trägt. 2006 wurde er durch den VdHK mit dessen höchster Auszeichnung, dem Benno-Wolf-Preis, erneut geehrt.
Dr. Klaus Dobat war ein äußerst angenehmer, ruhiger und hilfsbereiter Mensch, der zeitlebens seiner wissenschaftlichen Neugier folgte und deren Vermittlung ihm ein zentrales Anliegen war.