Zentrales Ziel der Universität Tübingen ist deshalb, die Potenziale generativer KI zu erproben und in den verschiedenen Bereichen der Universität produktiv einzusetzen, ohne die bereits erwähnten problematischen Implikationen aus dem Blick zu verlieren. Dafür müssen sowohl grundlegende als auch fachspezifische Lehrangebote erarbeitet und rechtliche Rahmenbedingungen z.B. für den Einsatz in Prüfungen geschaffen werden. Auch auf Ebene der Forschung, Wissenschaftskommunikation und Verwaltung braucht die Universität einen kritischen Diskurs zu den Potenzialen und Grenzen generativer KI. Das Erreichen dieser Ziele wird viel Arbeit und Aufmerksamkeit fordern. Allerdings zeigt sich bereits jetzt, dass zentrale Leitlinien unverzichtbar sind.
Erstens sind die Mitglieder der Universität zu einem kritisch-reflexiven Umgang mit generativer KI aufgefordert. Viele der Probleme mit generativer KI entstehen (auch auf gesellschaftlicher Ebene) aufgrund einer unbedarften Haltung. Zur kritisch-reflexiven Haltung gehört sowohl die Entwicklung eines differenzierten Problembewusstseins als auch die Fähigkeit, die Potenziale und Limitationen generativer KI realistisch einschätzen zu können.
Zweitens soll der Umgang mit generativer KI grundlegend transparent gestaltet werden. Wird generative KI eingesetzt (sei es in Forschung, Studium, Verwaltung oder Wissenschaftskommunikation), ist das Vorgehen zu dokumentieren und im jeweiligen Format transparent sichtbar zu machen.
Drittens sind alle Mitglieder der Universität zu einer verantwortungsvollen Nutzung generativer KI im Sinne der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis angehalten. Das heißt unter anderem, dass es auch bei der Arbeit mit generativer KI in der Eigenverantwortung der Verfasserinnen und Verfasser liegt, dass ihre Texte keine Plagiate enthalten und alle Quellen kritisch geprüft wurden. Es heißt auch, dass die jeweiligen Nutzerinnen und Nutzer Verantwortung dafür übernehmen müssen, wie und zu welchem Zweck die zur Verfügung gestellten Daten durch KI-Systeme weiterverarbeitet werden.
In welcher Form diese Leitlinien umgesetzt werden, ist notwendigerweise in unterschiedlichen Arbeitsfeldern und Fachkulturen individuell zu handhaben. Die Fächer und Institutionen sind aufgefordert, eigene Richtlinien zu formulieren und zur Verfügung zu stellen. Zur Bearbeitung besonders dringlicher prüfungsrechtlicher Fragen entwickeln die AG Generative KI und das Rektorat aktuell grundlegende Lösungsansätze. Diese sollen als Basis für eine Weiterentwicklung in den Fakultäten und Einrichtungen dienen.
Sind die grundlegenden Bedingungen eines kritisch-reflexiven, transparenten und verantwortungsvollen Umgangs erfüllt, kann generative KI Potenziale bieten, um Arbeitsprozesse an und jenseits der Universität zu bereichern. Worin diese Bereicherungen im Einzelnen bestehen und wie sie in einem kritischen Abwägungsprozess mit den problematischen Implikationen zu bewerten sind, wird in den kommenden Jahren Gegenstand kontinuierlicher Diskussionen an der Universität Tübingen sein.