Die Universität Tübingen hat am Donnerstag das China Centrum Tübingen (CCT) eröffnet. Es entstand auf Initiative der Karl Schlecht Stiftung und wird von dieser gefördert. Erforscht werden vielfältige Aspekte des wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Lebens in China. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Werteorientierung der Menschen im chinesischen Kulturkreis. Zu den Forschungsvorhaben am CCT gehört die Frage, welche Ansätze zur Nachhaltigkeit und Ethik in Chinas Wirtschaftspraxis eine Rolle spielen.
Das Institut sieht sich dabei als Plattform für Wissenschaftler wie auch Praktiker, die in China arbeiten oder in ihrer beruflichen Praxis mit China zu tun haben: Es bietet die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch und zur Kommunikation mit chinesischen Wissenschaftlern und möchte Programme entwickeln, um den Wissenstransfer zum modernen China zu verbessern.
„In einer zunehmend vernetzten Welt geht es darum, nicht nur Wissen über andere Gesellschaften und Kulturen zu erwerben, sondern auch ein echtes Verständnis zu entwickeln“, sagt Professor Helwig Schmidt- Glintzer, der das CCT als Direktor leiten wird. Das CCT habe sich zur Aufgabe gemacht, eine produktive Auseinandersetzung mit China zu ermöglichen und dabei nicht nur zu analysieren, sondern auch zu lernen, mit unterschiedlichen Perspektiven umzugehen. Vizedirektor wird Juniorprofessor Matthias Niedenführ vom Asien-Orient-Institut der Universität Tübingen.
Thematisch wird das CCT Berührungspunkte mit dem ebenfalls von der Karl Schlecht Stiftung geförderten Weltethos-Institut Tübingen haben und auch Büroräume neben diesem beziehen. Zudem wird das CCT das Erich-Paulun-Institut (EPI) integrieren, das 2013 von der Deutsch- Chinesischen Wirtschaftsvereinigung e.V. als gemeinnützige Bildungseinrichtung an der TU München gegründet wurde. Dieses setzt sich besonders für den Aufbau Deutsch-Chinesischer Studentenclubs und für die Förderung von Chinesisch als Unterrichtsfach ein.
Der Sinologe Helwig Schmidt-Glintzer ist Senior Research Fellow am Lichtenberg Kolleg der Universität Göttingen. Er war von 1993 bis 2015 Direktor der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel und zuvor Inhaber des Lehrstuhls für Ostasiatische Kultur- und Sprachwissenschaft an der Universität München (1981-1993). Seit 2014 ist er Vizepräsident der Internationalen Konfuzius-Gesellschaft. 2015 erhielt er den Staatspreis der Volksrepublik China für besondere Verdienste um die chinesische Buchkultur. Seine Forschungsthemen sind die Geschichte Chinas sowie die europäische Beschäftigung mit China, die Ungleichzeitigkeit von Modernisierungsprozessen unter besonderer Berücksichtigung von Wertsphärenverschiebungen sowie der Buddhismus als transnationale Religionsbewegung.
Matthias Niedenführ hat an der Universität Tübingen seit 2014 die von der Karl Schlecht Stiftung geförderte Juniorprofessur für Sinologie und Wirtschaftsethik inne. Er hat Sinologie, Japanologie und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Erlangen-Nürnberg studiert und wurde dort promoviert. Er lebte und forschte von 2007 bis 2014 in Ostasien und war Geschäftsführer des European Centre for Chinese Studies (ECCS) an der Universität Peking, einer Außenstelle der Universität Tübingen. Zu seinen Forschungsinteressen gehören Wirtschaftsethik in China, die politische Ökonomie der Kommunikation in China, die Konstruktion nationaler Identitäten sowie Institutionenökonomie in Ostasien.
Die Karl Schlecht Stiftung ist eine gemeinnützige Stiftung mit Fokus auf „Good Leadership“. Ihre Leitidee ist die Verbesserung von Führung in Business, Gesellschaft und Politik durch humanistische Werte. Vor diesem Hintergrund unterstützt sie Projekte der Wissenschaft und Bildung, die zur werteorientierten Persönlichkeitsentwicklung von jungen Menschen und angehenden Führungskräften beitragen. Sie wurde im Oktober 1998 von Professor Dipl.-Ing. Karl Schlecht gegründet.