Fachbereich Geowissenschaften

29.08.2018

Nahrungsumstellung mit Todesfolge

Osteuropäische Wollhaarmammute änderten kurz vor ihrem Aussterben ihre Ernährung

Die Proben von Mammuten der ukrainischen Gegend um Mezhirich zeigen niedrige Stickstoffisotopenwerte auf – ein Zeichen für die Nahrungsumstellung. © Mietje Germonpré
Die Proben von Mammuten der ukrainischen Gegend um Mezhirich zeigen niedrige Stickstoffisotopenwerte auf – ein Zeichen für die Nahrungsumstellung.

Senckenberg-Wissenschaftler haben mit einem internationalen Team den möglichen Grund für das Aussterben der Wollhaarmammute vor 18.000 Jahren untersucht. In ihrer kürzlich im Fachjournal „Quaternary Research“ erschienenen Studie kommen sie anhand von Isotopenuntersuchungen zu dem Ergebnis, dass die Mammute kurz vor ihrem Aussterben ihre Nahrungsgewohnheiten ändern mussten. Diese erzwungene Umweltanpassung, kombiniert mit dem Jagddruck durch den frühen Menschen, führte letztlich zum Tod der Mammute.

Wollhaarmammute (Mammuthus primigenius) entwickelten sich vor etwa 800.000 bis 600.000 Jahren und gelten als die letzten Vertreter der Mammute. Doch auch diese Verwandten des Elefanten verschwanden vor etwa 15.000 Jahren aus weiten Teilen ihres Verbreitungsgebietes. „Mit der letzten Reliktpopulation auf der sibirischen Wrangelinsel starben die Wollhaarmammute schließlich vollständig aus“, erklärt Dr. Dorothée Drucker vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (HEP) an der Eberhard Karls Universität Tübingen und fährt fort: „Ob eine übermäßige Bejagung das Aussterben der Tiere verursacht hat oder rasche Klimaveränderungen zum Ende der Eiszeit, ist bis heute umstritten.“

Um eine Antwort zu finden, hat ein internationales Team unter Leitung von Drucker und Beteiligung des Senckenberg-Wissenschaftlers Prof. Dr. Hervé Bocherens 18.000 bis 17.000 Jahre alte fossile Mammutknochen auf die Isotopenzusammensetzung von Kohlenstoff und Stickstoff untersucht. Diese beiden Elemente finden sich im Knochenkollagen der Tiere und geben Auskunft darüber, welche Pflanzen überwiegend von den Mammuten gefressen wurden.

„Frühere Untersuchungen zeigen, dass sich die Mammute in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet – von Südwestfrankreich bis Alaska – überwiegend von Steppengras ernährten. Damit unterschied sich ihre Ernährung deutlich von anderen Pflanzenfressern, wie Wollnashörnern, Pferden, Bisons oder Rentieren und die Mammute besetzten eine eigene ökologische Nische“, erläutert Drucker.

Umso überraschter war die Tübinger Wissenschaftlerin, als die Proben von Mammuten der ukrainischen Gegend um Mezhirich niedrige Stickstoffisotopenwerte aufzeigten – „solche Werte kennen wir sonst nur von fossilen Pferdeknochen“, ergänzt Drucker. Das Wissenschaftlerteam schlussfolgert, dass die Mammute etwa 3.000 Jahre vor ihrem Aussterben ihre Nahrung wechseln mussten, weil sie aufgrund der Klimaveränderungen ihr bisheriges Futter nicht mehr vorfanden.

Drucker hierzu: „Die Mammute mussten demnach mit anderen Pflanzenfressern um ihre Nahrung konkurrieren, zudem war die Alternativkost nicht optimal für die großen Tiere. Der Versuch, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen, wurde außerdem durch die Bejagung durch den Menschen erschwert.“Das Wissenschaftlerteam rund um Drucker resümiert, dass die Mammute von Mezhirich aufgrund des Klimawandels und der daran geknüpften Umweltveränderungen ausstarben. „Ob dies auch bei anderen Mammutpopulationen der Fall ist, müssen wir noch untersuchen“, sagt Drucker und gibt einen Ausblick: „Unsere Daten können uns wichtige Hinweise zu den Mechanismen des Aussterbens großer Säugetiere vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Konkurrenz mit dem Menschen liefern. Diese Situation betrifft leider auch heutige Tiere häufig.“

Pressemitteilung der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung 

Publikation

Drucker, D., Stevens, R., Germonpré, M., Sablin, M., Péan, S., & Bocherens, H. (2018). Collagen stable isotopes provide insights into the end of the mammoth steppe in the central East European plains during the Epigravettian. Quaternary Research, 1-13. doi:10.1017/qua.2018.40

Kontakt

PD Dr. Dorothée Drucker
Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (HEP)
Eberhard Karls Universität Tübingen
dorothee.drucker@senckenberg.de
Judith Jördens
Pressestelle
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Tel. 069- 7542 1434
pressestelle@senckenberg.de

Pressekontakt

Eberhard Karls Universität Tübingen
Hochschulkommunikation
Dr. Karl Guido Rijkhoek
Leitung

Antje Karbe
Pressereferentin
Telefon +49 7071 29-76789
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