Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 1/2013: Leute

Prägend für die Tübinger Wirtschaftswissenschaft

Zum Tode von Professor Dr. Dieter Pohmer ein Nachruf von Josef Schmid

Mitte März ist Dieter Pohmer, von 1957 bis zu seiner Emeritierung 1994 Ordinarius für Betriebs- und später auch für Volkswirtschaftslehre an der Universität Tübingen, verstorben. Er gehörte zu den Mitgliedern der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, der die Entwicklung seines Faches nachhaltig geprägt hat.


Dieter Pohmer folgte nach seinen akademischen Lehrjahren in Mannheim und Berlin unmittelbar nach der Habilitation im Jahr 1957 einem Ruf nach Tübingen. An der Universität Tübingen übernahm er das neu geschaffene Ordinariat für Betriebswirtschaftslehre.


Über dreißig Jahre wirkte er an seiner Alma Mater. Und obwohl er viele Rufe an andere Universitäten bekommen hat, ist er ihr immer treu geblieben. So erfolgte etwa 1962 ein Ruf nach Berlin oder bald darauf einer nach Frankfurt bzw. nach Köln.


Zugleich war diese örtliche Beständigkeit mit bemerkenswerten inhaltlichen Wandlungen verbunden. Im Jahr 1965 wird der Lehrstuhl umgewandelt in ein Ordinariat für Betriebswirtschaftslehre und Steuerlehre.


Und im Jahr 1970 wird die Ausrichtung noch einmal geändert in Volkswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwissenschaft. Zuvor war ein weiterer Ruf nach München auf eine entsprechende Stelle erfolgt.


Diese bemerkenswerte Entwicklung der fachlichen Ausrichtung von Dieter Pohmer belegt eine breite Spanne an Themen – zwischen der Betriebswirtschaftslehre und der Volkswirtschaftslehre –, die er in Forschung und Lehre an der Universität Tübingen vertreten hat. Er hat die Themen bis zu seiner Emeritierung im Wintersemester 1994 und danach bearbeitet.


Das Konzept dafür war bereits in seiner 1958 erschienenen Habilitationsschrift über die „Grundlagen der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre“ angelegt. Bis heute prägt diese Vorstellung einer Wirtschaftswissenschaft – dezidiert im Singular verwendet – das Fach in Tübingen.


Der Titel der für ihn herausgegebenen Festschrift – „Finanzwissenschaft im Dienste der Wirtschaftspolitik“ – belegt nicht nur die breiten Aktivitäten des Verstorbenen in Forschung und Lehre. Der Band verweist ebenfalls auf ein weiteres Standbein des Wirkens von Dieter Pohmer – auf die Politikberatung.


Pohmer war nämlich ebenfalls ein gesuchter Gesprächspartner außerhalb der Universität Tübingen und in vielen wissenschaftlichen Kommissionen und Beiräten tätig.


Schon 1962 wurde er zum Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesministerium der Finanzen berufen. Außerdem war er unter anderem Mitglied der Konzentrations-Enquete-Kommission beim Bund oder auch der Arbeitsgruppe Steuerreform des Landes Baden-Württemberg.


Die anspruchsvollste Aufgabe Pohmers in der wirtschaftspolitischen Beratung war seine Mitgliedschaft im Sachverständigenrat für die Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.


Er zeichnete sich hier – wie in seiner gesamten Lehr- und Forschungstätigkeit in Tübingen – durch Prinzipienfestigkeit aus, was ihm sowohl den einen oder anderen Konflikt als auch hohen Respekt und Anerkennung in der Wissenschaft und in der Praxis einbrachte.


Das Fach Finanzwissenschaft, der Fachbereich Wirtschaftswissenschaft und die Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Tübingen verdanken ihm viel und werden ihn auch weiter im Gedächtnis behalten.