Vergangene Lehrveranstaltungen im SS 2014

Hier finden Sie das Lehrangebot für das Sommersemester 2014.

Vorlesungen

Gottesdienste im Lebenslauf. Einführung in die Kasualtheorie

Prof. Dr. Birgit Weyel

2-st., Di 8-10 Uhr, SR 10

Kasualien sind zentrale kirchliche Handlungsfelder, deren Bedeutung als Gestaltung von lebensgeschichtlichen Übergängen kaum überschätzt werden kann. Das Verhältnis zur Kirche wird durch die Erfahrungen anlässlich von Kasualien nachhaltig geprägt. Zugleich ist die Gestaltung von Kasualien sehr komplex, da sie alle Teildisziplinen der Praktischen Theologie (Seelsorge, Predigt, Liturgik) betrifft. Gesellschaftlicher Wandel und Veränderungen im Blick auf Religion und Kirche lassen sich sehr gut an der Kasualpraxis wahrnehmen. Daher sind die Kasualien auch ein sehr forschungsintensives Themengebiet, zu dem in den in den letzten Jahren mehrere empirische Studien und neue Theorieansätze entstanden sind.

Die Vorlesung bietet einen Überblick über die zentralen Kasualien im Lebenslauf, thematisiert unterschiedliche Kasualkonzepte wie Lebensbegleitung, integrale Taufpraxis und Passageriten. Schließlich wird ein Schwerpunkt auf der Analyse des gegenwärtigen Wandels (individuelle Gestaltungswünsche, säkulare Anbieter von Riten u.a.m.) und den Konsequenzen für die kirchliche Praxis liegen. Welche Rolle spielen Medien (bspw. Traumhochzeit) für die Wahrnehmung? Inwieweit hat sich die Rolle der Bestattungsunternehmer gewandelt? Und kann es neue Kasualien (bspw. Goldene Konfirmation als Ruhestandskasualie) geben?

Seminare

Die Dramaturgie des Gottesdienstes

Prof. Dr. Birgit Weyel (zusammen mit Bernhard Leube, Hochschule für Kirchenmusik)

2-st., 14-tätig, Fr 14-16 Uhr; mit einem Seminartag

Auch für Studierende der Kirchenmusik

Der Gottesdienst weist viele Parallelen zum Theater auf: Man spricht von der Inszenierung, Szenen, dem Stück, liturgischen Rollen u.a. Es gibt aber auch spezifische Unterschiede zwischen Gottesdienst und Theater. In diesem Seminar soll ein Verständnis vom Gottesdienst gewonnen werden, das diesen aus seinem rituellen Vollzug heraus erschließt. Die liturgischen Grundstrukturen des Predigtgottesdienstes und der Messe werden als Ganzes und in den einzelnen Stationen unter Gesichtspunkten der Handlungslogik, d.h. des angemessenen Verlaufs, des Zusammenhangs von Form und Inhalt, auch von Wort und Musik besprochen. Die Entstehung einzelner Gottesdienstteile soll ebenso zur Sprache kommen wie die Berührungen von Liturgie- und Theaterwissenschaft im Kontext der sog. performativen Wende in den Kulturwissenschaften. Das Seminar findet gemeinsam mit der Hochschule für Kirchenmusik statt und bietet die Möglichkeit, mit Kirchenmusikstudierenden Grundfragen des Gottesdienstes zu diskutieren.

Religion und (Auto-)Biographie

Prof. Dr. Birgit Weyel (unter Mitarbeit von Meike Sprecher)

2-st., Do 18-20 Uhr

Bei einer Autobiographie handelt es sich, ihrer wörtlichen Übersetzung nach, um das Leben eines Einzelnen geschrieben von ihm selbst. Nach Wilhelm Dilthey ist die Autobiographie „die höchste und am meisten instruktive Form, in welcher uns das Verstehen des Lebens entgegentritt“ (W. Dilthey, 1998, S. 28–31ff.). Unter den Bedingungen der Individualisierung wird an jeden/jede die Erwartung herangetragen, sein bzw. ihr Leben zu rechtfertigen. (Auto-)Biographien sind ein Medium, in dem sich diese Erwartung widerspiegelt.

Wir wollen in diesem Seminar verstehen, was Autobiographien sind, was sie uns erschließen und wie wir sie uns erschließen können. Hierfür werden wir neben theologischer Literatur auch Texte aus der Autobiographietheorie lesen. Bei der Lektüre autobiographischer Texte wird uns schließlich beschäftigen, wie Leben gedeutet wird und wie Sinn konstruiert wird. Wie wird Kohärenz geschaffen? Wie wird mit Kontingenzen umgegangen? Welche Rolle spielt Transzendenz? Welche Rolle spielt die Religion?

Proseminar

Homiletisches Proseminar

Dr. Kristin Merle, Manuel Stetter (bei entsprechender Teilnehmerzahl werden zwei Seminargruppen gebildet)

2-st., Mo 14-16 Uhr

Die Predigt ist eine öffentliche religiöse Rede. Als solche steht sie in vielfältigen Bezügen, zu deren Reflexion das Proseminar anleiten möchte. Zu denken wäre etwa an ihren Bezug zu den biblischen Texten, ihre Adressierung der Hörer und Hörerinnen, die Bedeutsamkeit der Person des Predigers und der Predigerin oder ihre sprachliche Gestaltung. Auch die grundsätzlicheren Fragen nach der Aufgabe der Predigt, den Wirkungen, auf die sie zielt, und der Rolle, die sie für Gesellschaft und Kirche aktuell spielt, wollen wir gemeinsam reflektieren. Das Proseminar bietet dabei die Möglichkeit, sowohl Überlegungen der zeitgenössischen Homiletik als auch klassische Konzepte der Predigtlehre (v.a. Luther, Schleiermacher, Barth und Lange) kennenzulernen. Ferner werden wir uns mit methodischen Fragen beschäftigen und überlegen, wie eine Predigt theologischen wie kommunikativen Anforderungen entsprechend gestaltet werden kann. Vorgesehen ist, im Laufe des Semesters auch kleinere Formen der Erprobung zu ermöglichen (Gestaltung von Andachten) und miteinander zu besprechen. Je nach Anzahl der Teilnehmenden werden zwei eigenständige Lerngruppen gebildet.

Übungen

Kirche im ländlichen Raum (mit Vorbereitung auf das Praktikum)

Dr. Kristin Merle

2-st., Do 14-16 Uhr

'Demografischer Wandel', 'Landflucht', 'Aushöhlung des öffentlichen Lebens' sind Schlagworte, mit denen die Entwicklung in ländlichen Räumen gerne beschrieben wird. Ist aber 'das Dorf' nicht auch ein Ort der Geschichte, der Relationen und der Identität? - Die Veranstaltung wird sich mit Bildern und Analysen des ländlichen Raumes beschäftigen und dabei auch auf 'das Andere' ausgreifen: den städtischen Raum und die 'Urbanität' als Bezugspunkt moderner Religiosität. Wir werden uns mit den besonderen Herausforderungen kirchlichlichen Lebens und Arbeitens in ländlichen Räumen beschäftigen, kirchenleitende Konsulationspapiere in den Blick nehmen und der Frage auf der Spur bleiben: Worin bestehen die Chancen ländlicher Räume für die kirchliche i.e. pastorale Arbeit?

Seelsorge und psychische Erkrankungen

Dr. Kristin Merle (zusammen mit Annette Haußmann)

1-st., Blockveranstaltung

Praktische Theologie und Psychologie blicken auf eine spannende und spannungsreiche gemeinsame Geschichte zurück. Die vielfältigen Bezüge zeigen sich in besonderer Weise am Beispiel des Umgangs mit psychischen Erkrankungen. Was ist überhaupt eine psychische Erkrankung? Was kann die Seelsorge von der Psychologie lernen? Wo liegen die spezifischen Ressourcen, aber auch die Grenzen für die seelsorgliche Begleitung psychisch Erkrankter? Die Frage nach den psychischen Erkrankungen wird im Rahmen der Blockveranstaltung vor allem anhand des Themas 'Depression' vertieft werden. Dabei werden wir uns mit Literatur aus Seelsorgelehre und Psychologie beschäftigen, sowie aktuelle Forschungsprojekte und entsprechende Praxisfelder in den Blick nehmen.

Bin ich oder werde ich? Personale Identität zwischen Kontinuität und Wandel

Manuel Stetter (zusammen mit Friedericke Portenhauser, Neues Testament)

2-st., Mo 14-16 Uhr

Die Frage der Identität ist eine Grundfrage menschlichen Lebens. Sie stellt sich uns selbst und sie betrifft die Menschen, auf die wir in unseren späteren Berufsfeldern bezogen sein werden.

Was uns als Personen ausmacht, bewegt sich im Spannungsfeld zwischen gleichbleibenden und sich verändernden Kennzeichen. In klassischen philosophischen und sozialwissenschaftlichen Theorien wurde Identität als Kontinuität gerade im Wandel verstanden. Neuere psychologische und soziologische Ansätze beschreiben personale Identität hingegen als rein prozessuales Geschehen, bei dem nicht das Sich-Selbst-Gleichbleiben, sondern Offenheit und lebenslange Veränderung entscheidend sind. Um uns mit uns selbst und anderen darüber zu verständigen, wer wir sind, ist die Reflexion über das Verhältnis von Kontinuität und Wandel, von statischen und prozesshaften Aspekten unserer Existenz unabdingbar.

Anhand dieses Verhältnisses wollen wir in einem ersten Teil der Übung einen Einblick in klassische und aktuelle philosophische, psychologische und soziologische Identitätsdiskurse gewinnen (v.a. E. Erikson, H. Keupp, J. Straub, Z. Bauman, P. Ricœur). Diese identitätstheoretischen Überlegungen sollen in einem zweiten Schritt ins Gespräch gebracht werden mit einem Entwurf christlicher Identität, wie Paulus ihn in seinen Briefen beschreibt. In einem dritten Schritt wollen wir am Beispiel ausgewählter Kasualien praktisch-theologische Konsequenzen aus den vorangegangenen identitätstheoretischen und exegetischen Erkenntnissen ziehen.

Die Übung ist für alle Studierenden geeignet, die Interesse am Thema und an interdisziplinärer Arbeit, und zwar sowohl am Gespräch zwischen Theologie und Philosophie/Sozialwissenschaften, als auch innerhalb der Theologie am Austausch zwischen neutestamentlicher Exegese und Praktischer Theologie haben.

Oberseminar

Religion und Popularkultur

Kolloquium

Prof. Dr. Birgit Weyel

1-st., 14-tätig, Do 20-22 Uhr

Auch interessierte Studierende sind herzlich willkommen.

In populären Medien ist die Religion auf vielfältige Weise präsent. Wir werden zum einen bestimmte Phänomenbereiche in den Blick nehmen wie Kino, Reality TV, Serien, Popmusik, Werbung, Artefakte (z.B. Engel), Ratgeberliteratur, YouTube-Filme und Internetforen. Zum anderen werden diese Wahrnehmungen durch die Lektüre von Religionstheorien begleitet, die auf massenmedial vermittelte, populäre Formen von Religion zielen.

Körperlichkeit und Medialität religiöser Praxis. Der body-turn in der Praktischen Theologie

Kolloquium (Blocksozietät)

Prof. Dr. Birgit Weyel (zusammen mit Prof. Dr. Ursula Roth)

27.-29. Juni 2014

Anmeldung persönlich oder via Email

Der ‚body-turn‘, der den Diskurs der Kulturwissenschaften in den 1980er und 1990er Jahren erfasste, wurde in der Praktischen Theologie bislang nur zögerlich aufgenommen. Punktuelle Ansätze eines praktisch-theologischen ‚body-turns‘ lassen sich in der Religionspädagogik („Leiblich lernen und lehren“), in der Gottesdiensttheorie (etwa die Auseinandersetzung mit Gebärden im Gottesdienst) oder auch in der Seelsorgetheorie (insbesondere im Kontext der Krankenhausseelsorge) beobachten. Gleichwohl steht die grundsätzliche Klärung darüber, welche Relevanz dem Aspekt der Körperlichkeit im Rahmen der praktisch-theologischen Erforschung religiöser Praxis zukommt, noch aus.

Dieser Themenkomplex steht im Mittelpunkt der praktisch-theologischen Sozietät, die in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Praktische Theologie (Prof. Dr. Ursula Roth) der Universität Frankfurt a.M. stattfinden wird. Ein besonderer Fokus wird dabei auf der Frage liegen, wie sich das Verhältnis von Körperlichkeit und Medialität religiöser Praxis bestimmen ließe.

Neben diesem Themenschwerpunkt zum ‚body-turn‘ in der Praktischen Theologie bietet die Sozietät Gelegenheit, Forschungsarbeiten von Doktorandinnen und Doktoranden vorzustellen und zu diskutieren. Interessierte Studierende sind herzlich willkommen!