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22.11.2019

Kompetenzzentrum für Nachhaltige Entwicklung gehört zu 100 vorbildlichen Bildungsinitiativen

Das Bundesforschungsministerium und die Deutsche UNESCO-Kommission zeichnen Initiativen für Bildung für nachhaltige Entwicklung in Deutschland aus

Von links nach rechts: Dr. Catrin Hannken, Leiterin Referat Bildung in Regionen, Bildung für nachhaltige Entwicklung im BMBF, Kerstin Schopp, Mitarbeiterin am Kompetenzzentrum für Nachhaltige Entwicklung, Matthias Bornemann, Mitarbeiter am Kompetenzzentrum für Nachhaltige Entwicklung, Prof. Dr. Thomas Potthast, Leiter des Kompetenzzentrums für Nachhaltige Entwicklung, Minister a.D. Walter Hirche, Internationaler Berater der Nationalen Plattform BNE und Vorsitzender des Fachausschusses Bildung der Deutschen UNESCO-Kommission.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Deutsche UNESCO-Kommission haben am 20. November in Berlin gemeinsam 100 vorbildliche Bildungsinitiativen aus ganz Deutschland ausgezeichnet. 55 Lernorte, 36 Netzwerke und neun Kommunen zeigen beispielhaft, wie Nachhaltigkeit systematisch in der deutschen Bildungslandschaft verankert werden kann. Zu den ausgezeichneten Lernorten gehört auch das Kompetenzzentrum für Nachhaltige Entwicklung der Universität Tübingen, es ist die zweite Auszeichnung für das Kompetenzzentrum nach 2016.

Christian Luft, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, und Prof. Dr. Maria Böhmer, Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission, überreichten die Auszeichnungen im Rahmen des UNESCO-Weltaktionsprogramms Bildung für nachhaltige Entwicklung. Bildungsstaatssekretär Christian Luft: „Die Zukunft können wir nur gestalten, wenn es uns gelingt, alle Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln zu befähigen. Dafür steht Bildung für nachhaltige Entwicklung und deshalb unterstützt das Bundesbildungsministerium das Weltaktionsprogramm der UNESCO. Die heute ausgezeichneten Initiativen zeigen die Vielfalt und den Nutzen von Bildung für nachhaltige Entwicklung für unser Leben. Sie tragen dazu bei, Nachhaltigkeit zum selbstverständlichen Teil des Alltags vieler Menschen zu machen. Sie motivieren, aktivieren und zeigen, wie Bildung für nachhaltige Entwicklung gelingen kann. Ich gratuliere allen Preisträgern zu ihrer Auszeichnung und danke für ihre unermüdliche Arbeit!“

Das Kompetenzzentrum für Nachhaltige Entwicklung

Die Universität Tübingen geht einen großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit. Mit der Gründung des Kompetenzzentrums für Nachhaltige Entwicklung im Jahr 2013 hat sich die Universität als Standort für nachhaltige Entwicklung etabliert und setzt wichtige Impulse für die Förderung von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in der deutschen Hochschullandschaft.

Das Kompetenzzentrum für Nachhaltige Entwicklung der Universität Tübingen verfolgt als gesamtuniversitäres Projekt das Ziel, Nachhaltigkeit systematisch in Forschung, Lehre und Management zu verankern. Zu den erfolgreich umgesetzten Maßnahmen gehören beispielsweise ein Innovationsfonds zur Anschubfinanzierung neuer Projekte, inter- und transdisziplinäre Lehr- und Lernmodule sowie die Zurückdrängung von Einweg-Getränkebechern durch sogenannte „keep-cups“. 2016 wurde das Kompetenzzentrum vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Deutschen UNESCO-Kommission für herausragendes Engagement zur strukturellen Verankerung von BNE in Deutschland ausgezeichnet.

Nachhaltigkeit fest verankern

Die Universität Tübingen bekennt sich in ihrem Leitbild explizit zur Maxime einer nachhaltigen Entwicklung. Für die Umsetzung bedarf es sowohl Gestaltungskompetenzen als auch Transformationswissen, erläutert Prof. Dr. Thomas Potthast, Leiter des Kompetenzzentrums für Nachhaltige Entwicklung. Gemeint sind damit Fertigkeiten und Wissen, welche Rahmenbedingungen wie verändert werden müssen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Nachhaltige Entwicklung und BNE werden in Tübingen im Sinne eines „whole-institution approach“ auf die gesamte Institution bezogen.

Eine systematische Herangehensweise erfordert Bildung für nachhaltige Entwicklung; daher ist BNE ein Kernbestandteil des Kompetenzzentrums. „Wenn die Universität selbst Lernort und zugleich Praxisfeld der Nachhaltigkeit wird, sollten dabei die Akteure in Forschung, Lehre und Betrieb einbezogen sein, um entsprechende Fähigkeiten entwickeln und fördern zu können. Das im Aufbau befindliche Tübinger Kompetenzzentrum sieht sich hier als Schnittstelle und Vernetzungsinstitution“, sagt Thomas Potthast.

Zusammenarbeit interaktiv gestalten

Für den Erfolg spielt insbesondere das Engagement der Studierenden eine große Rolle. Die Hochschule fördert aktiv studentisches Engagement, zum Beispiel durch den erwähnten „Innovationsfonds Nachhaltige Entwicklung“, der ausdrücklich auch studentische Projekte unterstützt. Darüber hinaus waren es ambitionierte Studierende, die Impulse setzten, um das „Studium Oecologicum“, ein umfangreiches BNE-Programm der Universität für Studierende aller Fächer, zu realisieren. „Studierende sind die entscheidenden ‚change agents‘ der Universitäten, die als Pioniere oftmals neue Ideen vorantreiben“, so Potthast. Aus diesem Grund wird ihnen an der Universität Tübingen viel Gestaltungsspielraum und Mitspracherecht gegeben.

Das Gemeinschaftsprojekt BNE hat sich an der Universität Tübingen nicht zuletzt durch den Einsatz verschiedenster ehrenamtlich engagierter Personen bewährt. Dazu zählen Studierende genauso wie Lehrende und Verwaltungsangestellte. Als Grundstein für eine Vernetzung hat sich der 2010 gegründete Beirat für Nachhaltige Entwicklung erwiesen. Er versammelt alle universitären Statusgruppen und berät die Universitätsleitung. Gute Erfahrungen hat die Universität mit Bottom-up-Prozessen gemacht. Die verschiedenen Akteure der Universität können so auf Augenhöhe miteinander interagieren; es bedarf jedoch zugleich der Unterstützung dieser Initiativen von „oben“ durch die Universitätsleitung.

Theorie und Praxis verbinden

Die Universität Tübingen ist eine Volluniversität, sie zeichnet sich durch die große Bandbreite an Studienfächern und die sich daraus ergebenden. Chancen für interdisziplinäre Zusammenarbeit aus. Damit Nachhaltigkeit in all ihren Dimensionen erfasst werden kann, ist es wichtig, BNE als Querschnittsaufgabe zu begreifen. „Disziplinarität, Interdisziplinarität und Transdisziplinarität sind keine separaten Blöcke, sondern bilden ein Kontinuum mit gleitenden Übergängen. Benötigt wird das gesamte Spektrum“, sagt Prof. Potthast. BNE sei für alle wissenschaftlichen Disziplinen relevant. Der seit 2011 regelmäßig vergebene Nachhaltigkeitspreis der Universität für herausragende Abschlussarbeiten berücksichtigt daher Studierende des gesamten Fächerspektrums.

Auch hinsichtlich der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsprinzipien bei der Bewirtschaftung kann die Universität Tübingen als Vorbild dienen. Seit 2011 ist sie EMAS-zertifiziert (Eco-Management and Audit Scheme, EMAS) und hat in diesem Prozess große Fortschritte erzielt. Dies reicht von der konsequenten Umstellung auf Recyclingpapier und Ökostrom bis hin zu komplexen Fragen des nachhaltigen Gebäudemanagements.

Kritisches Denken schulen

Die Auseinandersetzung mit BNE an der Universität profitiert insbesondere auch von der langjährigen Erfahrung im Feld angewandter Ethik des Internationalen Zentrums für Ethik in den Wissenschaften, das an der Universität Tübingen beheimatet ist. Dabei solle BNE keinen moralisch belehrenden Ansatz verfolgen. Den Studierenden werde nicht nur Fachwissen vermittelt, vielmehr würden sie zu kritischem Denken angeregt, so Prof. Potthast. „Gerade Urteilsfähigkeit ist ein zentraler Kompetenzbereich einer umfassenden Gestaltungskompetenz“, welche die Fähigkeit beinhaltet, komplexe Zusammenhänge zu erfassen und kritisch zu bewerten, Probleme zu identifizieren und Lösungen zu erarbeiten.

BNE international vernetzen

Die Universität Tübingen pflegt auf nationaler wie internationaler Ebene enge Partnerschaften. Sie beteiligt sich aktiv im Baden-Württembergischen Hochschulnetzwerk BNE und hat den BMBF-FONA-Prozess „Sustainability in Science (SiSi)“ im Bereich Lehre von Anfang an mitgestaltet. Auch ist die Universität inzwischen gemeinsam mit der Universität Bremen im BMBF-Projekt „Hochschulen für Nachhaltigkeit (HochN)“ für den Bereich Lehre zuständig. „Netzwerkbildung ist forschungspolitisch wichtig und für den Erfahrungsaustausch unerlässlich. 

"Wichtig ist hier auch, dass alle Gruppen der Hochschulen einbezogen werden“, erläutert Prof. Potthast. Das gilt nicht nur auf bundesweiter Ebene, darum initiiert die Universität aktuell über das ASA-Programm von Engagement Global einen Studierendenaustausch zwischen Tübingen und der Universität Addis Abbeba in Äthiopien. Im Mittelpunkt sollen transdisziplinäre Themen stehen, die sich mit nachhaltiger Entwicklung an Universitäten befassen, und die auf Forschung und Lehre bezogen werden sollen. Ziel des interkulturellen Austauschs ist es, das „Voneinander Lernen“ in der BNE voranzutreiben. „Da nachhaltige Entwicklung notwendigerweise auch Transformation auf globaler Ebene erfordert, muss BNE international und global vernetzt sein“, so Potthast.

Aktivitäten evaluieren und weiterdenken

Das Kompetenzzentrum legt besonderen Wert darauf, dass auch die Lehrenden sich regelmäßig weiterbilden können. So wurden im Rahmen des Hochschuldidaktikzentrums Baden-Württemberg spezielle Veranstaltungen angeboten, in denen didaktische Fragen mit Bezug zu Themen nachhaltiger Entwicklung behandelt werden. Auch das Kompetenzzentrum selbst bietet Einführungen zu BNE für Lehrende an. Im Zuge des Umweltprogramms EMAS werden zudem interne Schulungen für Auditoren durchgeführt, die auch BNE-Elemente enthalten. Wichtige Impulse zur Evaluierung liefert der EMAS-Prozess über den internen und externen Audit. Auch wird jeder Kurs des „Studium Oecologicum“ spezifisch evaluiert. Die Rückmeldung der Studierenden hilft, das Lehrangebot stetig zu verbessern.

Darüber hinaus werden derzeit Indikatoren für nachhaltige Entwicklung an der Universität erarbeitet, in denen BNE eine entscheidende Rolle spielen wird. Für die Zukunft plant das Kompetenzzentrum ein „Tübinger Curriculum Nachhaltige Entwicklung“. Das bedeutet, BNE möglichst in allen Studienfächern in der einen oder anderen Weise zu verankern und zugleich fächer- und statusgruppenübergreifend BNE- Angebote für alle Akteure der Universität anbieten zu können. Dies sei „noch ein weiter Weg, der Schritt für Schritt erfolgen muss und auch nur partizipativ mit allen Beteiligten gemeinsam gegangen werden kann und soll“, so Prof. Potthast.

Pressemitteilung der Deutschen UNESCO-Kommission/Alexandra Spaeth

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Kompetenzzentrum für Nachhaltige Entwicklung

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