Another Africa? (Post-)Koloniale Afrikaimaginationen in der russischen, polnischen und deutschen Kultur
Akademiekonferenz für junge Wissenschaftler an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
7.-9. März 2012
Konzept
Nicht nur die postkoloniale Literatur hat mit Werken von Chinua Achebe bis Arundhati Roy einen weltweiten Siegeszug angetreten. Auch der postkoloniale Theoriediskurs ist international aus den akademischen Debatten in Kultur-, Literatur- und Sozialwissenschaften nicht mehr wegzudenken und revolutioniert mit seinen Konzepten und Fragestellungen selbst dort die Forschungslandschaft, wo das neue Paradigma etwa mit Verweis auf nationale Sonderrollen während des neuzeitlichen Kolonialismus oder die Nicht-Übertragbarkeit postkolonialer Kategorien auf andere historische Kontexte zunächst auf Ablehnung oder zumindest starke Vorbehalte stieß.
Die interdisziplinäre Tagung thematisiert kulturübergreifend die Ausprägungen des (post)kolonialen Paradigmas im russischen, polnischen und deutschen Kontext. Als vergleichendes Moment dienen dabei die jeweils anzutreffenden Afrikaimaginationen – Alteritätsdiskurse zu einem der wichtigsten (post)kolonialen Bezugsräume.
In Deutschland wurde Afrika als Kolonialraum paradoxerweise erst in den letzten Jahren mit der gleichzeitigen Problematisierung des Postkolonialen ‚wiederentdeckt’, was in der boomenden neuen deutschen Afrikaliteratur und -filmproduktion zu einem Nebeneinander an theoretisch reflektierten, postkolonialistisch argumentierenden und populären, eher dem Kolonialdiskurs verhafteten Werken geführt hat. Auch das zaristische Russland und die Sowjetunion, die vor allem in Sibirien, Zentralasien und dem Kaukasus imperial agierten und deren politisches Interesse an Afrika während des ‚Kalten Krieges’ augenscheinlich wurde, partizipier(t)en trotz des parallelen auf Afrika bezogenen antiimperialistischen ideologischen Impetus vor allem zu Sowjetzeiten an kolonialistisch-hegemonialen Diskursschemata. Zugleich wurde (und wird) Russland sowohl in der Selbst- als auch in der Fremdbeschreibung immer auch als ein Anderes des Okzidents konzeptualisiert und weist somit auch diskursive Identifikationsflächen mit nicht-europäischen Räumen (v.a. Asien, aber auch Afrika) auf. Polen wiederum bewegt sich historisch-kulturell einerseits in einer kulturellen Selbstbeschreibung des ‚kolonialen‘ Dominiertwerdens – v.a. durch Russland, aber auch durch den preußisch-deutschen Kulturraum – bei gleichzeitiger Partizipation an eurozentrischen und kolonialistisch gekennzeichneten Diskursen andererseits.
Grundlegend wird daher angenommen, dass sich die historischen, politischen und kulturellen Verflechtungen Russlands, Polens und Deutschlands, insbesondere auch ihre je unterschiedliche Erfahrung des Sozialismus, in den jeweiligen Afrikadiskursen spezifisch spiegeln. Die verschiedenen Ausgangssituationen der drei im Fokus der Tagung stehenden Kulturräume haben für die Adaption der postkolonialen Diskursparadigmen also entsprechend vom angloamerikanischen Raum divergierende Auswirkungen, die im gemeinsamen Austausch erfasst und deren Besonderheiten diskutiert werden sollen.
In den Blick genommen werden auf der Tagung somit drei kulturelle und akademische Kontexte, die sich dem zunächst anglophon dominierten Diskurs der Postcolonial Studies erst mit einiger Verzögerung zugewandt haben, sich nun aber in einer regen Auseinandersetzung mit dem neuen Forschungsparadigma befinden. Die Tagung dient damit auch einer Blickerweiterung der internationalen Postkolonialismusdebatte, die sich durch die (wissenschafts)historisch bedingte Entwicklung des Feldes komparatistisch überwiegend mit den ehemaligen westlichen Kolonialmächten als unbestrittenem Ausgangspunkt postkolonialer Theoriebildung beschäftigt, den mittel- und osteuropäischen Raum jedoch erst in jüngerer Zeit (intensiver) bearbeitet.
Die Tagung verfolgt folgende Ziele:
- Überprüfung und Vergleich der kulturspezifischen Adaptionen des postkolonialen Paradigmas
- Komparatistischer Vergleich der jeweiligen Afrikaimaginationen unter Einbezug ihrer kulturspezifischen Semantiken und kulturellen Funktionsmuster an konkreten Texten
- Identifizierung von Diversitäten und Gemeinsamkeiten eines europäisch-okzidentalen Diskursraums in Abgrenzung zu seinem/n Anderen im mittel- und osteuropäischen Raum
- Interdisziplinärer Dialog
Eine größere Ansicht des Konferenzplakats erhalten Sie hier
Organisation
Kontakt
Jana Domdey, M.A.
Deutsches Seminar, Eberhard Karls Universität Tübingen
Dr. Gesine Drews-Sylla
Slavisches Seminar, Eberhard Karls Universität Tübingen
Mgr. Justyna Gołąbek
Slavisches Seminar, Eberhard Karls Universität Tübingen
Valentina Goldmann
Studentische Hilfskraft, Slavisches Seminar, Eberhard Karls Universität Tübingen
Mentor
Prof. em. Dr. Volker Sellin, Historisches Seminar, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Programm
Die Namen der Teilnehmer als auch ihre Beitragstitel können auf der linken Spalte unter "Programm" eingesehen werden.
Anreise
Die Heidelberg nächstgelegenen Flughäfen sind Frankfurt am Main und Stuttgart.
Der Bahnfahrplan zur Weiterreise ist unter www.bahn.de einsehbar.
Ein Anfahrtsplan zur Akademie der Wissenschaften in Heidelberg mit Hinweisen zum örtlichen Nahverkehr ist auf einer interaktiven Karte auf den Seiten der Akademie einsehbar.
Unterkunft
Die TagungsteilnehmerInnen sind in den unten aufgeführten Hotels untergebracht. Auf den Internetseiten der Hotels kann die Anfahrt eingesehen werden. Alle Hotels sind nahe des Tagungsortes gelegen.
Hotel Perkeo
Hotel am Schloss
Hotel am Rathaus