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15.03.2016

Ommo Grupe Lectures 2016: „Research – Responsibility – Relevance in der Sportwissenschaft”

Foto: Universität Tübingen

Am 26. Februar 2016 fanden am Institut für Sportwissenschaft der Eberhard Karls Universität Tübingen die ersten Ommo Grupe Lectures statt. Das Tübinger Sportinstitut nahm den ersten Todestag von Professor Dr. Dr. h.c. Ommo Grupe zum Anlass, um in seinem Gedenken die gesellschaftliche Relevanz und Verantwortung der Sportwissenschaft zu diskutieren. Um das weit über die Universität Tübingen hinausreichende Wirken von Professor Grupe angemessen zu würdigen, wurden die ersten Ommo Grupe Lectures in Partnerschaft mit dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft, dem Deutschen Olympischen Sportbund, der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft, der Deutschen Olympischen Akademie sowie lokalen Förderern (Förderkreis des Instituts für Sportwissenschaft, Universitätsbund Tübingen) veranstaltet.

Die Organisatoren um Prof. Dr. Gorden Sudeck und Prof. Dr. Ansgar Thiel hatten für die Veranstaltungsinhalte das Motto des Zukunftskonzepts „Research – Relevance – Responsibility“ der Eberhard Karls Universität Tübingen aufgegriffen. Das im Rahmen der Exzellenzinitiative geförderte Zukunftskonzept zielt auf die Ergänzung der Grundlagenforschung durch anwendungsorientierte Fragestellungen, um den Innovationsbedürfnissen der Gesellschaft nachhaltig Rechnung zu tragen. Die Veranstaltung verdeutlichte, dass Ommo Grupes kritische Reflexionen über die gesellschaftliche Relevanz des Sports und die Verantwortung der Sportwissenschaft sowie einer wissenschaftlich fundierten Begleitung der Entwicklungen des Sports weiterhin hochaktuell sind.

Die DOSB-Vizepräsidentin und Vorsitzende der Deutschen Olympischen Akademie, Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper, hob in ihrer Begrüßung den wissenschaftlichen Weltkongress in Verbindung mit den Olympischen Spielen 1972 in München hervor, den sie bis heute als einzigartig und für die Zukunft unbedingt erstrebenswert bezeichnete. Als Hauptverantwortlicher stellte Ommo Grupe seinerzeit klar, dass die Sportwissenschaft keineswegs als ein unkritischer Sympathisant des Spitzensports und der olympischen Bewegung fungieren solle. Im ersten Hauptreferat der Veranstaltung setzte sich der Präsident der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs), Prof. Dr. Kuno Hottenrott, mit der Relevanz sportwissenschaftlicher Forschung auseinander, die er im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlicher, praktischer Bedeutung, wissenschaftlichen Ansprüchen und den Erfordernissen nach Kreativität und Originalität in der anwendungsorientierten Sportwissenschaft verortete.

Prof. Dr. Oliver Höner vom Tübinger Institut für Sportwissenschaft machte die Herausforderungen einer anwendungsorientierten Sportwissenschaft zum Thema und diskutierte, wie die Belange des Sports und der Wissenschaft miteinander verknüpft werden könnten. Mit Bezug auf unterschiedliche wissenschaftstheoretische Positionen stellte er die Frage, ob der Nützlichkeitszwang tatsächlich der methodischen Qualität schade oder ob die Resultate angewandter Forschung auf einer besonderen methodischen Qualität gründen müssen. Dr. Andrea Horn (Bundesinstitut für Sportwissenschaft) reflektierte im dritten Hauptreferat die Förderfaktoren und Barrieren für einen erfolgreichen Wissenstransfer am Beispiel des Spitzensports. Frau Dr. Horn betonte, dass die Anforderungen an eine praxisnahe, anwendungsorientierte Sportwissenschaft sehr hoch sind, nicht zuletzt aufgrund unterschiedlicher Erwartungen, professioneller Standards und Handlungslogiken der beteiligten Akteure. Um gelingende Beziehungen zwischen Wissenschaft und Praxis zu realisieren, werde insbesondere auch ein effektives Wissensmanagement benötigt.

Einen Blick ‚von außen‘ warf Prof. Dr. Thomas Potthast, Sprecher des Internationalen Zentrums für Ethik in den Wissenschaften sowie Sprecher der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Plattform 4 des Zukunftskonzepts der Universität Tübingen, auf die Sportwissenschaft. Er widmete sich der Verantwortung von Sport und Sportwissenschaft in der Gesellschaft und verdeutlichte, dass die Sportwissenschaft in dieser Hinsicht im Vergleich zu anderen Wissenschaftsdisziplinen viel weniger speziell sei, als sie zunächst in der Außenwahrnehmung erscheine. Der genauere Blick zeige aber verstärkte Relevanz- und Nützlichkeitsforderungen (z.B. Gesundheitsförderung) auf der einen und Verantwortungsdiskussionen (z. B. Dopingbekämpfung) auf der anderen Seite, die zu einem erhöhten ethischen Reflexions- und Positionierungsbedarf führen.

Die Hauptvorträge der ersten Ommo Grupe Lectures wurden rege diskutiert. Die Lectures wurden durch eine Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper (Freie Universität Berlin), Prof. Achim Conzelmann (Universität Bern) und Prof. Dr. Michael Krüger (Universität Münster) unter Moderation von Prof. Dr. Ansgar Thiel abgerundet. „Für einen besseren Sport“ war ihr Titel, der in direkter Anlehnung an das Symposium anlässlich des 60. Geburtstags von Professor Grupe gewählt war – ein Motto, das angesichts aktueller Entwicklungen in verschiedenen sportwissenschaftlichen Anwendungsfeldern weiterhin hochaktuell ist. Die Diskussion stellte das Bindeglied zwischen den Positionen Ommo Grupes und den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen einer anwendungsorientierten Sportwissenschaft dar.

Zum Abschluss wurde in Gedenken an den Institutsgründer der Hörsaal im zentralen Gebäude des Instituts für Sportwissenschaft in Ommo-Grupe-Hörsaal umbenannt.

In der Rückschau kann die Veranstaltung mit ihren anregenden Vorträgen und vielen Diskussionsbeiträgen der Teilnehmenden als rundum gelungen bezeichnet werden.

Gorden Sudeck und Ansgar Thiel, Institut für Sportwissenschaft

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