Soundtrack einer Nation: K-Pop

 

Abstract

K-Pop hat sich in Südkorea von einem musikalischen Genre zu einer eigenen (Sub-)Kultur entwickelt, die auch im öffentlichen Raum präsent ist. Die Vermarktung dieser Kultur erfolgt dabei auf mehreren Ebenen - insbesondere durch Symbole wie Merchandise sowie durch die Inszenierung der Idols in Markenkooperationen. Dabei wird dieser Teilaspekt koreanischer Kultur nicht nur konsumiert, sondern auch aktiv von Fans mitgestaltet und zugleich wirtschaftlich nutzbar gemacht.

 

K-Pop – Ein Genre mit Einfluss

K-Pop (= koreanischer Pop) bezeichnet ein musikalisches Genre mit eigener (Sub-)Kultur, das sich über Südkoreas Grenzen ausgebreitet und die Position Südkoreas als kulturelle Macht verstärkt hat (Jang & Chang, 2023, S. 11 – 12; Kohout, 2023a, S.2). Die treibende Kraft der Industrie sind die Entertainments, wie z.B. HYBE, die zudem als  Musiklabels tätig sind (Williams Jolin, 2017, S. 7). Für K-Pop charakteristisch sind synchrone Gruppenperformances, hochwertige Musikvideos und popkulturelle Referenzen. Um ein K-Pop-Idol – Künstler innerhalb des K-Pop-Genres – zu werden, nehmen junge Menschen an Auditions teil, um von Entertainments als Trainees aufgenommen und in Bereichen, wie Gesang, Tanz, Sprache und Medienauftritt ausgebildet zu werden (Kohout, 2023b, S.42). Am Ende des Trainee-Lebens entstehen unter dem Einfluss koreanischer Kultur bis zur Perfektion getrimmte Künstler mit überwiegend südkoreanischer Nationalität (Bekaan & Moutchnik, 2023, S. 90). Als Teil der Hallyu-Welle stärkt K-Pop die Wirtschaft und beeinflusst die Vermarktung von Fashion, Beauty und Tourismus (Bekaan & Moutchnik, 2023, S. 104 – 106).

In Südkorea ist K-Pop allgegenwärtig. In Seoul – Sammelpunkt der K-Pop-Industrie –  befinden sich nicht nur die Entertainments, sondern ein Großteil der Vermarktungen der koreanischen Popkultur. Insbesondere in Hongdae und Myeongdong kommt man kaum an K-Pop vorbei. Aber auch touristisch anderweitig attraktive Orte, wie die DMZ oder Gamcheon Cultural Village sind mit der Vermarktung der K-Pop-Industrie verbunden.

 

Idol zum Mitnehmen – K-Pop und die Kommerzialisierung durch Merch(andise)

Ein Großteil der Vermarktung und der Kommerzialisierung von K-Pop erfolgt durch Merchandise (Saeji, 2024, S. 887). Merch-Produkte sind Güter, die (in)offizielle Markenmerkmale eines Künstlers tragen (Cambridge University Press & Assessment, o.D.). K-Pop-Merch wird auf Konzerten, in lokalen und internationalen Shops von Fans gekauft und gesammelt (s.Abb. 1). Merch hat zudem eine symbolische Bedeutung für die Fans und dient für sie als Beweis echter Fan-Zugehörigkeit. Zeitgleich ist Merch eine profitable Einnahmequelle für die Entertainments (Alexandrina et al., 2024, S. 705). Der Merchandise-Markt ist nämlich ein global lukratives Geschäft, von dem jeder profitieren möchte (Cheriyah & Hadi, 2024, S.9). Dabei existieren unterschiedliche Kategorien von Merchandise:

  • Offizieller Merch der Entertainments: eigene Merchandise-Linien z.B. mit repräsentativen Charakteren (z.B. StrayKids – Skzoos), Alben, offizielle PCs, Lightsticks, etc
  • Fangemachter/inoffizieller Merch: Kalender, selbstgemachte PCs, Schlüsselanhänger, Kleidung, Pins, Schirmmützen etc.
  • Kooperations-Merch: Kopfhörer-Cases, Raumdüfte, etc.

K-Pop-Merch beschränkt sich nicht nur auf die klassischen Produkte, wie Alben, welche in den Regalen der Fans ausgestellt werden. Merch-Produkte umfassen eine breite Palette an Artikeln – von PCs und Pins bis hin zu Raumdüften und beschreibt nicht nur die typischen Fanartikel wie Schlüsselanhänger oder Schirmmützen (s. Abb. 2). Insbesondere die Lightsticks sind ein relevantes Symbol der K-Pop-Fans. Lightsticks sind individuell designte Leuchtstäbe, die eine(n) Künstler(gruppe) repräsentieren, als Symbol der Fangemeinde (Fandom) dienen und in Konzerten eine bedeutende Rolle spielen. In einer praktizierenden Form eines Rituals werden diese im Takt der Musik geschwungen und vermitteln ein Einheitsgefühl. Merch dient dabei als eine direkte Einnahmequelle für Entertainments und stärkt die Markenbindung. Zeitgleich wird die Bindung zu den Fans gestärkt und die Sichtbarkeit der Marke gesteigert. Mit Kooperations-Merch hingegen werden neue Zielgruppen erschlossen und die Reichweite der Künstler vergrößert (vgl. Alexandrina et al., 2024, S. 705; Ceriyah & Hadi, 2024, S. 9).

Strategische Allianzen: Kooperationen als Marketinginstrument im K-Pop

Doch die Strategie der Vermarktung über Kooperationen geht weit über die Merch-Kooperation hinaus. Auch Kooperationen mit Marken, in welchen die Idols als Models für diese Marke dienen, sind ein Versuch K-Pop in Korea zu vermarkten. Das Ziel von Kooperationen ist es die Wettbewerbsfähigkeit der Marke zu verbessern und zeitgleich den eigenen Absatzmarkt zu erweitern (Hellenkemper, 2018, S. 205). Ein Beispiel hierfür sind Kooperationen im Bereich der Essensindustrie, wie die Zusammenarbeit von Hoshi von der K-Pop-Gruppe Seventeen und der Marke Kellogg’s (s. Abb. 3). Solche Kooperationen werden dabei meist an bekannte bzw. beliebte Idole vergeben, damit deren größeren Fandoms (=Fangemeinden) die Produkte aus Bewunderung und dem Wunsch zur Nachahmung kaufen. Gleichzeitig sollen Käufer auf die Künstler aufmerksam werden. 

Eine weitere Form der Kooperation ist beispielsweise die Kooperation mit den in Korea beliebten Fotostudios ohne Personal. Dort können Fans Fotos mit ihren Idols in vorgefertigten Posen erstellen. Selbstverständlich erfolgt die Vermarktung durch Kooperationen nicht ausschließlich in diesen Bereichen. Weitere mögliche Bereiche, in denen Idols für eine Marke modeln oder eine Kooperation mit einer Marke eingehen, sind beispielsweise die Bereiche Make-Up oder Kontaktlinsen. 

Solche Versuche der Vermarktung können zu der Testimonialwerbung zählen. Durch die Testimonialwerbung können beide Seiten davon profitieren. Für die Marken tritt das Idol als Markenfürsprecher ein, während das Idol seine Präsenz zeigen und Aufmerksamkeit erlangen kann (Kilian, 2024, S.195).

Fans als kulturelle Akteure: Vom Werbebanner zur Kultstätte

K-Pop-Fans sind jedoch nicht nur Konsumenten. In der Vermarktung und Kommerzialisierung der Branche können sie eine aktive Rolle als Vermarkter einnehmen (Kohout, 2023c, S. 42). Diese Aktionen werden im allgemeinen als „Fanaktionen“ bezeichnet. Die Länge der Fanaktion hängt auch von der Art der Fanaktion ab. Eine Fanaktion von eher kurzfristiger Lebensdauer sind die Geburtstagsgratulationen auf Werbeflächen in der Metro von Seoul. Diese werden um den Geburtstag des Idols herum angemietet, um auf dessen Geburtstag aufmerksam zu machen. Eine dauerhafte Aktion sind beispielsweise die zwei Wandgemälde von BTS im Gamcheon Cultural Village. Das Wandgemälde von Jimin und Jungkook (beide in Busan geboren) wurde von Black N White und der C-Army (Chinesisches Fandom von BTS) gesponsert (s. Abb. 4) und ebenso wie das Wandbild der gesamten Gruppe in Zusammenarbeit mit dem Gamcheon Cultural Village gestaltet. Diese Wandbilder wurden schnell zu Sehenswürdigkeiten  bzw. Kultstätten für ARMYs (Fans von BTS), die ihren Idols nahseinen möchten.

Idols im Stadtbild: Die Allgegenwart des K-Pop

Die Vermarktung und Kommerzialisierung koreanischer Musik kann jedoch auch durch klassische Vermarktung geschehen. Diese Form der Vermarktung kann offensiv sein, wie das Promoten eines neuen Albums durch Poster, Banner, die Ausstrahlung von Musikvideos-Ausschnitten auf Bildschirmen (s. Abb. 6) oder das Zeigen von Musikshow-Auftritten der Idols, z.B. im Bus. Neue Musik wird dabei aktiv und offensiv promotet. Weniger offensiv ist die Vermarktung durch das Präsentieren der Drehorte von Musikvideos. In der DMZ wird beispielsweise auf einer Tafel darauf aufmerksam gemacht, dass einige Orte bereits als Drehorte verwendet wurden (s. Abb. 5). Diese Form der Vermarktung geschieht eher unterschwellig, gibt den Drehorten, wie der DMZ, aber eine zweite Bedeutung durch die Verwendung als Drehort und dabei eine bedeutende Stätte für die Fans – ein Mittel, das auch touristisches und wirtschaftliches Interesse weckt.

Die Vermarktung durch die verschiedenen Formen der Präsenz vereinen jedoch stets die öffentliche Inszenierung von K-Pop. Beispielhaft zu nennen sind die Gangnamdol-Statuen – Teddybärfiguren, die erfolgreiche K-Pop-Gruppen repräsentieren – in Gangnam sowie die BTS-Statue in Myeongdong. In Gangnam befindet sich die Statue für den Erfolgs-Hit „Gangnam Style“ von PSY (s. Abb. 7). Neben dieser Statue kann über die Informationstafel der Erfolgshit laut abgespielt werden. Auch der Besuch eines Cafés oder eines Restaurants von K-Pop-Idolen wird vermarktet. Restaurants/Cafés stellen anschließend Unterschriften von Idols aus – ein wirksames Mittel, um Fans eine Nähe zu ihren Idols zu geben. Ein spezifisches Beispiel der Präsenz von K-Pop im Alltag bietet die Audition Training Academy in der Lotte Mall in Busan. Obwohl dort nicht spezifisch ein Idol oder ein Album promotet wird, zeigt die Einrichtung den wirtschaftlichen und kulturellen Stellenwert von K-Pop.

K-Pop ist somit allgegenwärtig – seine Vermarktung im öffentlichen Raum reicht von offensiver Strategie bis hin zu subtilen Symbolen, die die kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung der K-Pop-Industrie unterstreichen.

Analyse über die Kulturzwiebel: Vermarktung kultureller Tiefe im K-Pop

Versucht man das Phänomen K-Pop über die Theorie der Kulturzwiebel von Hofstede zu betrachten – Einteilung der Kultur in verschiedene Schichten – lassen sich diese innerhalb der K-Pop-Kultur erkennen.

Insbesondere die Ebene der Relikte lässt sich in der Vermarktung von K-Pop beobachten. Relikte wie Photocards, Lightsticks und Poster sind sichtbare Symbole der Vermarktung, da sie Zugehörigkeit und Idolverehrung ausdrücken. Sie sind Symbole, die eine Identifikation mit K-Pop erleichtern und eine wirtschaftliche Verwertung ermöglichen. Relikte repräsentieren somit die Idols und die Werte, für die sie stehen öffentlich sichtbar. Idols agieren dabei als Helden, als Vorbilder für ihre Fans und Repräsentanten der Werte. Die Rituale, die von den Fans praktiziert werden, greifen dabei teilweise auf Relikte zurück. Ein Beispiel für ein praktizierendes Ritual ist die Verwendung von Lightsticks während Auftritten. Durch das Schwingen der Lightsticks im Takt der Musik werden Idols angefeuert, sowie ein Gemeinschaftsgefühl erschaffen. 

Der K-Pop-Kultur liegen Werte zugrunde, die für ein stabiles Fundament sorgen. Idols verkörpern u.a. Eigenschaften des Erfolges, der Disziplin und der Perfektion, für welche sie Fans bewundern. Fans widmen sich dieser Kultur, da sie ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit, der Orientierung und der Identität gibt. Gleichzeitig spiegeln sich zentrale Werte der südkoreanischen Gesellschaft in der Ausbildung der Trainees und damit in den Helden wider. Diese Werte bilden eine symbolische Grundlage für die Relikte und machen diese nicht nur zu materiellen Produkten, sondern auch zu kulturellen Symbolen.

Die Vermarktung und Kommerzialisierung von K-Pop beschränkt sich nicht nur auf die reine Musik, sondern auch auf ein eigenes kulturelles System mit Symbolen, Helden, Ritualen und Werten. K-Pop ist dabei ein kulturelles Gesamtprodukt, welches gezielt genutzt wird, um einen Teil der koreanischen Kultur auf dem heimischen Markt zu positionieren und zugleich wirtschaftlich zu verwerten.

 

Literaturverzeichnis

Alexandrina, E., Ramonita, L., & Anindita, A. (2024). Understanding the motivation of purchase decision making of KPOP Seventeen's merchandise in Weverse Shop. Jurnal Mantik,.8(1),.704–713.

Bekaan, I., & Moutchnik, A. (2023). K-Pop „Made in South Korea“: Der Country-of-Origin-Effekt und das Musikmanagement. In C. Kochhan & A. Moutchnik (Hrsg.), Handlungsraum Media Management (S. 79–114). Springer Gabler.

Cambridge University Press & Assessment. (o. D.). Merchandise. In Cambridge Dictionary. Abgerufen am 10.05.2025, von https://dictionary.cambridge.org/de/worterbuch/englisch/merchandise

Cheriyah, Y., & Hadi, A. (2024). Estimating the price of fanatism: A case of Indonesian K-Pop merchandising market. Malaysian Journal of Business, Economics and Management, 3(1),.9–15.

Hellenkemper, M. (2018). The Perfect Fit: Wie jedes Unternehmen passgenaue und hochwertige Influencer identifiziert. In A. Schach, T. Lommatzsch (Hrsg.), Influencer Relations. Marketing und PR mit digitalen Meinungsführern  (S. 225-236). Springer Gabler.

Jang, W. J., & Chang, M. H. (2023). The effect of Korean Wave (Hallyu) on the music industry. Journal of Industrial Distribution & Business, 14(11), 11–18.

Kilian, K. (2014). Prominente Sportler als Testimonials in der Werbung. In H. Preuß, F. Huber, H. Schunk & T. Könecke (Hrsg.), Marken und Sport. Aktuelle Aspekte der Markenführung im Sport und mit Sport (S. 161–176). Springer Gabler.

Kohout, A. (2023a). East-West-Problem. In A. Kohout (Hrsg.), K-Pop. Lokale Volkskultur, globale Alternativkultur? Essays zur Gegenwartsästhetik (S. 1– 16). J.B. Metzler.

Kohout, A. (2023b). Idol-Pop. In A. Kohout (Hrsg.), K-Pop. Lokale Volkskultur, globale Alternativkultur? Essays zur Gegenwartsästhetik (S. 39–65). J.B. Metzler.

Kohout, A. (2023c). Fan-Praktiken im K-Pop: Neue Kulturvermittler✶innen. In E. Vomberg (Hrsg.), Von der Szene in die Forschung. Fans als Citizen Scientists (S. 33–50). Düsseldorf University Press.

Saeji, C. T. (2024). Making icons: The rise of the K-pop adjacent industries. Inter-Asia Cultural.Studies, 25(6), 874–895.

Williams Jolin, J. (2017). The South Korean music industry. The rise and success of ‘K-Pop’ [Bachelor’s Thesis, Stockholm University – Department of Asian, Middle Eastern and Turkish Studies].