Institute of Classical Archaeology

Forschungskolloquium WS 2012/13

24.10.2012 - Dr. Oliver Hülden (München/Tübingen)

"Und sie verlegten die Stadt an einen anderen Ort" - Alt-Kibyra und die lydische Herrschaft über die Kabalis.

Die bei Herodot erstmalig erwähnte Kabalis ist eine Region in Kleinasien, die das Grenzgebiet Lykiens, Pisidiens, Phrygiens, Lydiens und Kariens markiert. In hellenistischer Zeit entstand auf ihrem Boden eine Tetrapolis unter Führung der Stadt Kibyra, weshalb das Gebiet fortan den Namen Kibyratis trug. Während es sich bei Kibyra um eine pisidische Gründung des ausgehenden 3. Jhs. v. Chr. handelt, überliefert Strabon, es habe bereits eine Vorgängersiedlung gegeben, die von Lydern bewohnt worden sei. Dieses 'Alt-Kibyra' konnte im Verlauf von Feldforschungen identifiziert werden, die seit 2008 in der Kabalis/Kibyratis stattfinden. Die komplexe Befund- und Fundsituation des auf einer Halbinsel gelegenen Ortes soll im Rahmen des Vortrags vorgestellt werden. Darüber hinaus soll eine historische Einordnung von 'Alt-Kibyra' sowie der Kabalis insgesamt vor dem Hintergrund der lydischen Herrschaft über weite Teile Kleinasiens vorgenommen werden.

14.11.2012 - Dr. Jörn Lang (Leipzig)

"Mit Wissen geschmückt?" Zur bildlichen Rezeption griechischer Dichter und
Denker in der römischen Lebenswelt.

Ein Aspekt des kontinuierliches Austauschverhältnisses zwischen griechischer und römischer Kultur ab dem 2. Jh. v. Chr. ist die Rezeption griechischer Bildung und ihre Präsenz in der römischen Lebenswelt. Im Vortrag wird die Thematik am Beispiel von Darstellungen en miniature aufgegriffen, unter denen v.a. die geschnittene Steine eine herausragende Rolle spielen. Im Zentrum stehen v. a. Fragen nach den Aussagemöglichkeiten solcher Zeugnisse als kultureller Ausdrucksform von Vorstellungen griechischer Bildung in einer bildlichen Transformation.

28.11.2012 - Dr. Ulf Weber (Bonn)

Von Pergamon nach Athen - Technologietransfer oder Billigimport? Versatzmarken auf Bauten dieser Poleis.

In Im 2. Jh. v. Chr. ließen die pergamenischen Könige viele qualitätvolle Bauten aus Marmor errichten. Dieser Bauboom blieb aber nicht auf Pergamon beschränkt, sondern auch andere Poleis profitierten davon, wie z. B. Athen mit der Eumenes-Stoa. Ein Vorläufer dieser prächtigen Gebäude war der Metertempel auf der Mamurt Kale bei Pergamon aus der 1. Hälfte des 3. Jhs. v. Chr. Sowohl auf ihm als auch auf den späteren pergamenischen Bauten konnten Nummern (griechische Buchstaben) zur Festlegung der Lage der Bauteile festgestellt werden. Diese Versatzmarken sind bisher kaum untersucht und können neue Erkenntnisse zur Baugeschichte und Bauorganisation liefern.

Winckelmann-Vortrag

12.12.2012 - Prof. Dr. Adolf H. Borbein (Berlin)

Die klassische Kunst der Antike.

19.12.2012 - Prof. Dr. Vinzenz Brinkmann (Frankfurt)

Neue Forschungen zur Farbigkeit der antiken Marmorskulptur.

Mit Unterstützung des Leibnizpreises Oliver Primavesi 2007 wurden in den letzten Jahren vier antike Skulpturen erneut archäologisch und naturwissenschaftlich untersucht und anhand einer elektronisch erstellten Kopie rekonstruiert. Es handelt sich um Werke, deren Farbigkeit sich besonders gut erhalten hat. Neben der berühmten archaischen Grabfigur der Phrasikleia ist der spätarchaisch-frühklassische, sogenannte Perserreiter von der Athener Akropolis bearbeitet worden. Als letztes Projekt wurde die Farbrekonstruktion der Chioskore, die ebenso von der Athener Akropolis stammt, verwirklicht. Hierbei lieferten auch die Farbaquarelle Emile Gilliéron père, die sich heute im Frankfurter Liebieghaus befinden, wichtige Informationen. Eine hellenistisch-römische Wiederholung spätarchaischer Formgebung stellt die sogenannte Winckelmann-Artemis dar, die 1760 in Pompeji entdeckt wurde und Johann Joachim Winckelmann letztendlich als Nachweis der antiken griechischen Marmorpolychromie diente.

09.01.2013 - Dr. Kathrin Zimmer (Tübingen)

Aphrodite von Knidos und Pantoffelgruppe von Delos. Rezeption und Stellenwert einer klassischen Skulptur im Hellenismus.

Die antiken Schriftquellen liefern zahlreiche Details für die Aphrodite von Knidos. Sie schreiben die Marmorstatue dem Bildhauer Praxiteles zu und beschreiben ihren Aufstellungsort im Heiligtum von Knidos. Sehr viel weniger wissen wir dagegen über den Entstehungskontext der sogenannten Pantoffelgruppe, bestehend aus Aphrodite, Pan und Eros. Und doch verbindet klassische Skulptur und hellenistische Gruppe mehr als nur die hochgewachsene Gestalt der Göttin.

16.01.2013 - Prof. Dr. Christoph Reusser (Zürich)

Die neuen Ausgrabungen im etruskischen Handelszentrum Spina.

Die etruskische Stadt Spina, am südlichen Rand des modernen Po-Deltas gelegen, ist uns aus antiken Texten und von archäologischen Untersuchungen in den reichen Gräberfeldern gut bekannt. Weniger bekannt, wenn auch in ihrer genauen Lage gesichert, ist die antike Wohnstadt, die sich etwa 11 km von der heutigen Küstenlinie entfernt, befindet.

Seit 2008 beschäftigt sich eine Forschungsprojekt der Universität Zürich mit der antiken Stadt. Ziele des Projekts sind eine Erforschung der Stadtanlage, die Ausgrabung eines (oder mehrerer) etruskischer Wohnhäuser, die Untersuchung der Ausstattung eines Wohnhauses, insbesondere im Hinblick auf die attische Keramik, und eine Klärung chronologischer Fragen.

Im Vortrag sollen die Ergebnisse der bisher fünf Grabungskampagnen und der naturwissenschaftlichen Untersuchungen vorgestellt werden.

23.01.2013 - Dr. Alexander Heinemann (Freiburg)

Muster im Scherbenhaufen. Zur Rekonstruktion flavischer Statuengalerien.

Die Neugestaltung weiter Teile der römischen Stadtlandschaft unter den Kaisern der flavischen Dynastie geht einher mit veränderten Anforderungen an die Bestückung des öffentlichen Raumes mit Bildern. Dies gilt insbesondere für die Verwendung von Idealplastik in Originalen und Kopien nach griechischen Vorbildern. Alte und neue Funde und Zusammenhänge erlauben die teilweise Rekonstruktion einiger flavischer Ausstattungsensembles und damit Rückschlüsse auf Gestaltungsprinzipien und Gestaltungsmöglichkeiten des Kaisers beim Einsatz des Mediums 'Idealplastik'.

06.02.2013 - Prof. Dr. Martin Bentz

Griechische Handwerkerviertel und Töpferwerkstätten. Neue Forschungen in Selinunt.

Keramik ist die umfangreichste Fundgattung, die wir aus der Antike besitzen. Unsere Kenntnisse zur Struktur von Töpferwerkstätten und Werkstattvierteln sind jedoch sehr lückenhaft. Die Ausgrabungen im neuentdeckten kerameikos von Selinunt, dem bislang größten bekannten seiner Art, ergeben neue Aspekte zur Rekonstruktion dieses wichtigen Bereichs des produktiven Sektors der griechischen Wirtschaft.