Institute for Eastern European History and Area Studies

Aktuelle Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2023/2024

Vorlesungen & Repetitorien

Geschichte der Ukraine (Prof. Dr. Klaus Gestwa)

Veranstaltungsform: Vorlesung
Dozent*in: Prof. Dr. Klaus Gestwa
Termin: Fr 12-14 Uhr
Beginn: 27.10.2023
Ort: Großer Übungsraum des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde (Raum 28)
Anmeldung: Online-Anmeldung über das alma-Portal
Bemerkungen:  
Inhalt

Die Ukraine ist lange vor allem in Deutschland nur als "Hinterhof" oder "Vorgarten" Russlands gesehen worden. Die Vorlesung thematisiert darum die Entstehund und Entwicklung der Ukraine zu einer europäischen Nation, die sich seit dem 24. Februar 2022 durch Russlands Angriffskrieg mit einem Überlebenskampf konfrontiert sieht.

Die Vorlesung beginnt mit der Geschichte des mittelalterlichen Reichsgebildes der Kyjiver Rus'. Eingehend behandelt wird die Geschichte der ukrainischen Kosaken von 16. bis zum 18. Jahrhundert, die russische Imperialgeschichte des 18. und 19. Jahrhunderts. Die ukrainische Nationalbewegung und Nationalkultur wird genauso thematisiert wie der Aufstieg ukrainischer Städte wie Kyjiv, Odesa und Charkiv zu urbanen Metropolen. Danach geht es um den Ersten Weltkrieg, die Oktoberrevolution und den Russischen Bürgerkrieg, als Versuche ukrainischer Staatsbildung fehlschlugen.

Besonderes Augenmerk findet die Geschichte des Stalinismus, als es 1932/33 zu einer großen Hungersnot (Holodomor), zu ambitionierten Großprojekten sowie zu Terrorwellen und Deportationen kam. Während des Zweiten Weltkriegs entwickelte sich die Ukraine vollauf zu einem "Bloodland" (Timothy Dnyder). In den folgenden Sitzungen werden die spätsowjetische Zeit und die Atomkatastrophe von Tschernobyl (Čornobyl') im April 1986 genauso behandelt wie die Geschichte der Ukraine während und auch nach dem Zerfall des Sowjetimperiums. Abschließend beschäftigt die Vorlesung sich mit dem Euromaidan, der Annexion der Krim und dem russischen Angriffskrieg, bei dem es dem Kreml darum geht, die Ukraine als demokratisches Staatswesen sowie als Nation zu zerstören.

Die Vorlesung bemüht sich auch, die aktuellen politischen Entwicklungen in der Ukraine und Russland zu erörtern, um Geschichte und Gegenwart in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen.

 

Einführende Lektüre

Kappeler, Andreas: Ungleiche Brüder. Russen und Ukrainer vom Mittelalter bis zur Gegenwart. München 2017; Jobst, Kerstin: Geschichte der Ukraine. Stuttgart 2022; Plokhy, Serhii: Das Tor Europas. Die Geschichte der Ukraine. Hamburg 2022.

Das Russländische Imperium im 18. Jahrhundert (Ingrid Schierle)

Veranstaltungsform: Repetitorium
Dozent*in: Ingrid Schierle
Termin: 2st., Mi 16-18 Uhr
Beginn: 18.10.2023
Ort: Großer Übungsraum des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde (Raum 28)
Anmeldung: Online-Anmeldung über das alma-Portal
Bemerkungen: Keine Russischkenntnisse notwendig.
Inhalt

Das Repetitorium gibt anhand ausgewählter Quellentexte und der neusten Forschungsliteratur einen Überblick über zentrale Ereignisse, Strukturen und Entwicklungen in der Geschichte Russlands vom Ende des 17. bis Anfang des 19. Jahrhunderts.

 

Einführende Lektüre

Hildermeier, Manfred: Geschichte Russlands: Vom Mittelalter bis zur Oktoberrevolution, München 2013; Kappeler, Andreas: Russland als Vielvölkerreich. Entstehung, Geschichte, Zerfall, München 2008; Kivelson, Valerie A. / Suny, Ronald G.: Russia's Empires, New York 2017; Vulpius, Ricarda: Die Geburt des Russländischen Imperiums. Herrschaftskonzepte und -praktiken im 18. Jahrhundert. Köln 2020.

 

Hauptseminare

Die drei Jugoslawien: Gesellschaft, Kultur und Politik 1918-2006 (PD Dr. Daniela Simon)

Veranstaltungsform: Hauptseminar
Dozent*in: PD Dr. Daniela Simon
Termin: Mi 10-12 Uhr
Beginn: 18.10.2023
Ort: Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde (IdGL), Seminarraum
Anmeldung: Online-Anmeldung über das alma-Portal
Bemerkungen: Zu erbringende Leistungen umfassen regelmäßige Lektüre, Präsentation, Hausarbeit
Inhalt

Es war dreimal ein Land. In den Jahren 1918, 1943 und 1992 entstanden zunächst das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (Königreich Jugoslawien, bis 1941), doe Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien (bis 1991) und schließlich die Bundesrepublik Jugoslawien (bis 2003). Im Jahr 2006 gingen mit Serbien und Montenegro auch die letzten beiden der insgesamt sechs jugoslawischen Nachfolgestaaten getrennte Wege. Das Hauptseminar geht den unterschiedlichen ideologischen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Hintergründen und Motivationen der dreifachen Entstehung und des Zerfalls Jugoslawiens nach. Politische Strukturen, außenpolitische Zwänge, Kriege und Konflikte werden ebenso thematisiert, wie die Vielfalt der Ethnien, Sprachen, Religionen, kulturellen Identitäten und kulturellen Produktionen. Ziel des Seminars ist es, den Teilnehmenden eine solide Grundlage zu vermitteln, um die historischen und politischen Entwicklungen in Jugoslawien zu analysieren und deren Auswirkungen auf die heutigen Gesellschaften in der Region zu verstehen.

 

Einführende Lektüre

Calic, Marie-Janine: Geschichte Jugoslawiens, 2. Auflage. München 2020; Mišković, Nataša: The Non-Aligned Movement and the Cold War. Delhi, Bandung, Belgade. London 2014; Mojzes, Paul: Balkan genocides. Holocaust and ethnic cleansing in the twentieth century. Lanham/Plymouth 2011; Perica, Vjekoslav: Hundred Years Since Yugoslavia's Birth. Lesson on Nationalism, Balkanization, and Religion in Europe's Periphery. In: Occasional Papers on Religion in Eastern Europe 39 (2019), S. 40-50; Spaskovska, Ljubica: The last Yugoslav generation. The rethinking of youth politics and cultures in late socialism. Manchester 2017; Vučetić, radina: Coca-cola socialism. Americanization of Yugoslav culture in the sixties. Budapest/New York 2017.

Proseminare

Katharina die Große: Frauenherrschaft im 18. Jahrhundert (Ingrid Schierle)

Veranstaltungsform: Proseminar
Dozent*in: Ingrid Schierle
Termin: Mi 10-13 Uhr (inkl. Tutorium
Beginn: 18.10.2023
Ort: Großer Übungsraum des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde (Raum 28)
Anmeldung: Anmeldung über das alma-Portal
Bemerkungen: Keine Kenntnisse osteuropäischer Sprachen notwendig
Leistungsnachweis: Lektüre von ca. 40 Seiten Text pro Sitzung. Aktive Teilnahme an den Diskussionen im Proseminar, Testat, Hausarbeit
Inhalt

Das 18. Jahrhundert war eine Epoche der Frauen auf dem Thron im Russländischen Reich, die 1797 durch die Einführung der männlichen Primogenitur beendet wurde. Im Proseminar diskutieren wir weibliche Herrschaft im Kontext der Geschlechterordnung des 18. Jahrhunderts und analysieren zeitgenössische Urteile über Frauen auf dem Thron. Die Frage nach der Spezifik weiblicher Regierung untersuchen wir am Beispiel der Reformpolitik Katharinas II., einer geborenen Prinzessin von Anhalt- Zerbst. Diese kam nach einem Putsch gegen ihren Ehemann Peter III. auf den Thron und regierte von 1762-1796. Sie wetteiferte mit Friedrich II. und Joseph II. bei der Verfolgung aufgeklärter Reformziele und stand mit berühmten Philosophen wie Voltaire in intensivem Briefwechsel. In ihren Memoiren entwarf sie das Bild einer aufgeklärten Herrscherin auf dem Thron.

Das Proseminar führt in die Methoden und Fragestellungen der Geschichte der Neuzeit ein. Ein Vergleich mit der Regierung Kaiserin Maria Theresia wird die Perspektive auf die Frauenherrschaft in Russland ergänzen. In einem abschließenden Teil soll es um die Darstellung Katharinas II. in der Literatur und im Film gehen, in dem die Kaiserin bereits in den 1920er Jahren zur "Venus im Pelz" wurde. In Bildern der populären Erinnerungskultur dominieren bis heute das Liebesleben Katharinas II. und die Frage nach der Zahl ihrer Favoriten. Weibliche Herrscherpersönlichkeiten gehören zu beliebten Filmheldinnen, die sich offenbar publikumswirksam vermarkten lassen.

 

Einführende Lektüre

Braun, Bettina/ Kusber, Jan/ Matthias Schnettger (Hrsg.): Weibliche Herrschaft im 18. Jahrhundert, Bielefeld 2020; Victoria Ivleva: Catherine II as Female Ruler: The Power of Positive Womanhood, in: Vivliofika: E-Journal of Eighteenth-Century Russian Studies 3 (2015), S. 20-46; Kusber, Jan: Katharina die Große: Legitimation durch Reform und Expansion. Stuttgart 2022; Madariaga, Isabel de: Russia in the age of Catherine the Great. New Haven 1981; Scharf, Claus: Katharina II. Deutschland und die Deutschen Mainz 1996; Scharf, Claus: Katharina II. von Rußland – die Große? Frauengeschichte als Weltgeschichte, in: Donnert, Erich (Hrsg.): Europa in der Frühen Neuzeit. Festschrift für Günter Mühlpfordt, Bd. 3: Aufbruch zur Moderne, Köln, Weimar, Wien 1997, S. 177-197; Scharf, Claus: Katharina II., Russland und Europa: Beiträge zur internationalen Forschung. Mainz 2001.

Übungen

Building Socialism – Czechoslovak Style. The Rise and Fall of Communism in Czechoslovakia (1945-1992) (Dr. Martin Pácha)

Veranstaltungsform: Übung
Dozent*in: Dr. Martin Pácha
Termin: Do 14-16 Uhr
Beginn: 19.10.2023
Ort: Großer Übungsraum des Institus für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde (Raum 28)
Anmeldung: Onlune-Anmeldung über das alma-Portal
Bemerkungen: Die Exkursion nach Prag wird voraussichtlich im Mai 2024 stattfinden
Inhalt

Research into the history of socialism in Central-Eastern Europe has come a long way in the last thirty years. Nevertheless, with the repeated disputes concerning the politics of memory on the one hand and recent nostalgic longing on the other, the need to historicize the socialist and postsocialist periods is farm from over. What changes did socialism introduce to the public? Which strata benefitted and which did not? The objective of this course is to explore how the elements of socialist ideology were implemented into the practice. The Czechoslovak state will be used as an example of a "socialist laboratory." Together we will investigate - based on textual and visual sources - how certain socialist-influenced ideals (of work, nation, gender, freedom, social security) shaped the Czechoslovak citizens during the period from 1945-1992. A deeper insight into the communist past then can help us bridge the gap between the Western and Eastern historical experiences, which is still one of the major cause of political crises in Europe nowadays.

The course will provide a clear overview of the history of socialist and post-socialist Czechoslovakia. Based on the discussion format, we will interpret basic concepts and phenomena that determined the form of communist rule and incorporate them into contemporary historiographical debates. The course does not require any specific prior knowledge of Czechoslovak history. The language of communication in the course will be English. All the primary sources and secondary literature for discussion will be either visual or in English or German.

The course will include a five-day excursion to Prague based on the theme of "Socialist City", which will be co-organized in cooperation with the Institute of Czech History at the Faculty of Arts, Charles University. The excursion will take place on May 2024

 

Einführende Lektüre

Pánek Jaroslav / Tuma Oldřich: A History of the Czech lands. Prague 2016; McDermott, Kevin: Communist Czechoslovakia. Basingstoke 2015; McDermott, Kevin/ Stibbe, Mathew (Hrsg.): Czechoslovakia and Eastern Europe in the Era of Normalisation, 1969-1989. London 2022; Spurný, Matěj: Making the Most of Tomorrow: A Laboratory of Socialist Modernity in Czechoslovakia. Prague 2019; Kolář, Pavel: Der Poststalinismus. Ideologie und Utopie einer Epoche. Köln; Weimar; Wien 2016; Donert, Celia et al. (Hrsg.): Making Sense of Dictatorship. Budapest 2022.

Grundlagentexte der Geschichte Russlands (Ingrid Schierle)

Veranstaltungsform: Übung
Dozent*in: Ingrid Schierle
Termin: Do 16-18 Uhr
Beginn: 19.10.2023
Ort: Großer Übungsraum des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde (Raum 28)
Anmeldung: Online-Anmeldung über das alma-Portal
Bemerkungen: Russischkenntnisse sind notwendig.
Inhalt

Die Übung führt ein in die Lektüre von Quellen zur Geschichte Russlands im 19.-20. Jahrhundert. Auf dem Programm stehen ausgewählte Beispiele verschiedener Textsorten wie kaiserliche Manifeste, Verwaltungsanordnungen, Belletristik, Publizistik, Tagebücher, Briefwechsel, Reiseberichte, Autobiographien und Schulbücher. Ziel ist es, anhand einer kritischen Lektüre der Texte in Grundfragen und Forschungsdiskussionen der Geschichte Russlands und der Sowjetunion einzuführen.

 

Literatur

Die Texte werden ausgegeben.

Historische Migrationsforschung: eine Einführung am Beispiel deutscher Auswanderung nach Russland (Ingrid Schierle)

Veranstaltungsform: Übung
Dozent*in: Ingrid Schierle
Termin: Do 10-12 Uhr
Beginn:

19.10.2023

Ort: Großer Übungsraum des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde (Raum 28)
Anmeldung: Online-Anmeldung über das alma-Portal
Bemerkungen:  
Inhalt

Blanke Not, aber auch religiöse Motive zum Beispiel bei Württemberger Pietisten führten zur Auswanderung großer Bevölkerungsgruppen aus deutschen Territorien in das Russländische Reich. Privilegien wie Steuerfreiheit, Landzuteilung und Befreiung vom Militärdienst lockten die Siedler an. Vor allem an der unteren Wolga und am Schwarzen Meer entstanden Siedlungsgebiete der deutschen Einwanderer. Die offizielle Anwerbungspolitik hatte unter Katharina II. 1763 begonnen und wurde unter Alexander I. Anfang des 19. Jahrhunderts fortgeführt.

Am Beispiel der Geschichte dieser deutschen "Kolonisten" - so der Quellenbegriff in den russischen Verwaltungsakten - bietet die Übung eine Einführung in die Migrationsforschung. Auf der Grundlage ausgewählter Forschungsliteratur werden wir Formen, Motive und Verläufe von Migration sowie das Aufnahmeregime im Zielland diskutieren. Die Übung wird die Wege der Auswanderer und ihr Schicksal im Russländischen Reich verfolgen und dabei die Stimmen der Auswanderer anhand von Selbstzeugnissen zu Wort kommen lassen.

Zum Abschluss werden wir einen zeitlichen Bogen in das 20. Jahrhundert schlagen bis zur Liquidation der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik der Wolgadeutschen und der Deportation der deutschen Minderheit 1941 aus dem europäischen Teil der Sowjetunion.

 

Einführende Lektüre

Beer, Mathias / Dahlmann, Dittmar (Hrsg.): Migration nach Ost- und Südosteuropa vom 18. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Stuttgart 1999; Bade, Klaus J. et al. (Hrsg.): Enzyklopädie Migration in Europa. Vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Paderborn 2007; Fata, Márta: Mobilität und Migration in der Frühen Neuzeit. Göttingen 2020; Lüthi, Barbara: Migration und Migration History, Version: 2.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 06.07.2018 (http://docupedia.de/zg/Luethi_migration_v2_en_2018); Krieger, Viktor: Von der Anwerbung unter Katharina II. bis 1917, Bonn 2017 (Bundeszentrale für politische Bildung, by-nc-nd/3.0); Oltmer, Jochen: Migration. Geschichte und Zukunft der Gegenwart. Bonn 2020; Panagiotidis, Jannis: Postsowjetische Migration in Deutschland. Weinheim; Basel 2021.

Jüdisches Ungarn im 19. und 20. Jahrhundert: Geschichte und Didaktik (mit Exkursion nach Budapest im Januar 2024) (Dr. Alexa von Winning)

Veranstaltungsform: Übung
Dozent*in: Dr. Alexa von Winning
Termin: Di 14-16 Uhr
Beginn: 17.10.2023
Ort: Großer Übungsraum des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde (Raum 28)
Anmeldung: Online-Anmeldung über das alma-Portal
Bemerkungen: Für alle Semester und Studiengänge geöffnet. Die Übung umfasst wöchentliche Sitzungen bis Dezember 2023, eine Kompaktphase am 19.01.2024 und eine einwöchige Exkursion nach Budapest vom 22.-28.01.2024
Leistungsnachweis: Während der Übung: Vorbereitende Lektüre von Quellen und Forschungsliteratur; während der Exkursion: Übernahme eines Kurzreferats
Inhalt

Trotz vielfältiger juristischer, politischer und gesellschaftlicher Ausgrenzungen war das ungarische Königreich über Jahrhunderte ein bedeutendes Zentrum jüdischen Lebens und jüdischer Kultur. In den Gemeinden und Hochschulen (Jeschiwa) fanden lebendige religiöse Debatten statt; und in den großen Städten entwickelte sich eine vielfältige jüdische Vereinslandschaft. Der Holocaust unter deutscher Besatzung setzte diesem Leben ein gewaltsames Ende, von dem sich die jüdische Bevölkerung - auch aufgrund neuer Beschränkungen in den sozialistischen Jahrzehnten - nur langsam erholte. In Budapest zeugen heute eindrucksvolle Bauten ebenso wie archivalische Sammlungen und gesellschaftliche Initiativen von dieser wechselvollen jüdischen Geschichte. Zudem zeugen die verschiedenen Gedenkorte und Museen vor Ort von aktuellen politischen Verhandlungsprozessen über die Gestaltung von Erinnerungskultur, welche wir konstruktiv problematisierend untersuchen möchten.

In der Übung wollen wir uns an dem jüdischen Ungarn historisch, religionspädagogisch und zu Fuß nähern. Die Übung umfasst zunächst reguläre wöchentliche Sitzungen in denen wir uns mit Quellen und Forschungsliteratur die grundlegenden historischen Entwicklungen erarbeiten. Im Rahmen eines Blocktermins am 19.01. werfen wir didaktische Perspektiven auf Lehr-Lern-Möglichkeiten hinsichtlich der Teilhabe an und Gestaltung von Erinnerungskultur und setzen uns mit dem (religions-)pädagogischen Konzept des Erinnerungslernens im christlich-jüdischen Kontext auseinander. Auf der Exkursion im Januar 2024 wollen wir schließlich das architektonische und archivalische jüdische Erbe selbst erkunden, mit jüdischen Vertreter:innen sprechen und ein Gespür für jüdische und ungarische Erinnerungskultur in Ostmitteleuropa erlangen. Die Exkursion wird Ende Januar stattfinden, damit wir den Gedenktag an die Opfer des Holocausts (27.1.) in Budapest verbringen können und so performativ einen Eindruck der Erinnerungskultur und verschiedenen Gedenkformate vor Ort erhalten.

 

Einführende Lektüre

Richers, Julia: Jüdisches Budapest. Kulturelle Topographien einer Stadtgemeinde im 19. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien 2009; Reichmann, Bettina: Bischof Ottokár Prohászka (1858-1927). Krieg, christliche Kultur und Antisemitismus in Ungarn (Veräffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe B, Bd. 127. Paderborn 2015; Kunik, Petra et al. (Hrsg.): Erinnerungskultur und Geschichtsbewusstsein. Frankfurt 2022; Assmann, Aleida: Das neue Unbehagen an der Erinnerungskultur. Eine Intervention. München 2002

GM1: Geschichte der Ukraine im 20. und 21. Jahrhundert (Prof. Dr. Klaus Gestwa)

Veranstaltungsform: Übung
Dozent*in: Prof. Dr. Klaus Gestwa
Termin: Di 10-13 Uhr
Beginn: 23.10.2023
Ort: Großer Übungsraum des Instituts für Osteuropäische geschichte und Landeskunde (Raum 28)
Anmeldung: Online-Anmeldung über das alma-Portal
Bemerkungen: Diese Veranstaltung ist speziell für die Studieneingangsphase konzipiert und sollte daher möglichst im ersten Fachsemester besucht werden. Keine Ukrainischkenntnisse notwendig. Die Übung ist zweistündig konzipiert, die dritte Stunde ist für Einzelbesprechungen von schriftlichen Arbeiten vorgesehen.
Inhalt

Seit der russischen Invasion im Februar 2022 ist die Ukraine mit ihrer Geschichte und Kultur in die öffentliche Aufmerksamkeit gerückt. Auch ihre Behandlung in deutschen Schulbüchern wird überprüft, wo sie oft noch als "kleiner Bruder" Russlands dargestellt wird. Vor diesem Hintergrund wollen wir in der Übung auf die moderne Geschichte der Ukraine blicken. Ziel ist es, ihre gesellschaftlichen Entwicklungen kennenzulernen und ihre Verflechtungen mit den ost- und westeuropäischen Nachbarn im 20. und 21. Jahrhundert nachzuvollziehen. Thematische Schwerpunkte werden die beiden Weltkriege, der Stalinismus mit dem Holodomor, die spätsowjetische Zeit und schließlich die Periode der nationalen Unabhängigkeit seit 1991 sein.

Am Beispiel der ukrainischen Geschichte bietet die Übung eine Einführung in wissenschaftliches Lesen und Schreiben. Wissenschaftliches Argumentieren ist zentraler Bestandteil des Geschichtsstudiums. Auf der Grundlage von Texten, die gemeinsam gelesen und analysiert werden, lernen Sie in dieser Übung grundllegende Argumentationsverfahren. Sie verfassen Essays, für die Sie inhaltliches und methodisches, aber auch sprachliches und stilistisches Feedback erhalten. Der abschließende Essay am Ende der Veranstaltung wird als Modulprüfung in Grundmodul 1 angerechnet.

 

Einführende Lektüre

Kappeler, Andreas: Ungleiche Brüder. Russen und Ukrainer vom Mittelalter bis zur Gegenwart. München 2017; Jobst, Kerstin: Geschichte der Ukraine. Stuttgart 2022; Plokhy, Serhii: Das Tor Europas. Die Geschichte der Ukraine. Hamburg 2022.

Vergangenheitsbewältigung in Osteuropa: Erinnerungskultur vs. Geschichtspolitik (Dr. Oleg Morozov)

Veranstaltungsform: Übung
Dozent*in: Dr. Oleg Morozov
Termin: Mi 14-16 Uhr
Beginn: 18.10.2023
Ort: Großer Übungsraum des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde (Raum 28)
Anmeldung: Online-Anmeldung über das alma-Portal
Bemerkungen: Russischkenntnisse sind nicht erforderlich
Inhalt

Die Länder Osteuropas waren im 20. Jahrhundert mit beispiellosen kollektiven Traumata konfrontiert, die sich tief in das kollektive Gedächtnis eingegraben haben: Welt- und Bürgerkriege, Holocaust, sowjetische Besatzung und Terror, Hungermorde usw. Allein zwischen 1933 und 1945 ermordeten die UdSSR und das sogenannte Dritte Reich in Osteuropa 14 Millionen Menschen und verwandetlten die gesamte Region in "Bloodlands", wie Timothy Snyder sie nennt. Doch die Vergangenheitsbewältigung nach 1991 war von Land zu Land unterschiedlich: In einigen Ländern trug sie zu einem erfolgreichen Übergang von der Autokratie zur Demokratie bei, in anderen zu einer empathischen Erinnerungskultur an die Opfer staatlicher Verbrechen, in wieder anderen wurde die Geschichte zur Waffe, um die Autokratie zu bewahren und die staatlichen Verbrechen dem Vergessen anheim zu stellen.

Im Rahmen dieser Übung werden wir uns mit den Erfahrungen bei der Überwindung der traumatischen Vergangenheit in Polen, den baltischen Staaten, der Ukraine, Ungarn und Russland auseinandersetzen und herauszufdinen versuchen, ob es in diesen Ländern gelungen ist, die Erinnerung an die Gewaltgeschichten zu nutzen, um eine demokratische und inklusive Gesellschaft aufzubauen, die Minderheiten schützt und Menschenrechte achtet. Als Material für unsere Diskussionen dienen persönliche Zeugnisse von Opfern der NS-Besatzung, des Holocaust, des stalinistischen Terrors, des Holodomor und anderer Verbrechen, wissenschaftliche Literatur zur Einnerungsforschung, Spiel- und Dokumentarfilme sowie Internet-Ressourcen. Jede Sitzung ist um einen einzelnen Begriff aus der Erinnerungsforschung strukturiert: "kollektives Gedächtnis", "Erinnerungskultur", "Trauma", "Geschichtspolitik", "Opfer", usw., so dass die Teilnehmer*innen am Ende der Übung nicht nur mit der Vergangenheitsbewältigung in verschiedenen Ländern, sondern auch mit den aktuellen Theorien der Erinnerungsforschung vertraut sind.

 

Einführende Lektüre

Assman, Aleida: Erinnerungsräume: Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses. München 1999, Snyder, Timothy: Bloodlands: Europe between Hitler and Stalin. New York 2010; Dreyer Nicolas: Genocide, Holodomor and Holocaust Discourse as Echo of Historical Injury and as Rhetorical Radicalization in the Russian-Ukrainian Conflict of 2013-18, in: Journal of Genocide Research 20 (2018), S. 545-564; Vanagaite, Ruta/Zuroff, Efraim: Our People: Discovering Lithuania's Hidden Holocaust. London 2020; Epplée, Nikolai: Die unbequeme Vergangenheit: Vom Umgang mit Staatsverbrechen in Russland und anderswo. Berlin 2023.

Oberseminar

Für fortgeschrittene Studierende und Doktoranden (Prof. Dr. Klaus Gestwa) n.V.

Veranstaltungsform: Oberseminar
Dozent*in: Prof. Dr. Klaus Gestwa
Termin: 2st., n.V.
Beginn: n.V.
Ort: Großer Übungsraum des Instituts für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde (Raum 28)
Anmeldung: Online-Anmeldung über das alma-Portal
Bemerkungen: Für fortgeschrittene Studierende, Examenskanidat/innen und Promovierende.

Inhalt

Im Oberseminar stellen Examenskandidat*innen und Promovierende ihre Studien zur Diskussion. Es finden Studientage und Kompaktsitzungen statt, auf denen ausgewählte Fachliteratur und Filme gemeinsam erörtert werden. Des Weiteren gibt es Sitzungen zur Vorbereitung auf die mündlichen Staatsexamensprüfungen und zur Abfassung der wissenschaftlichen Arbeit (Zulassungsarbeit).

Das Programm und die jeweiligen Termine werden zu Beginn des Semesters bekannt gegeben. Studierende können durch regelmäßige Teilnahme, Protokolle und kleinere Essays ECTS-Punkte (1 und 3 ECTS) erwerben.

Kolloquium

Neue Forschungen zur Geschichte Osteuropas (Prof. Dr. Klaus Gestwa)

Veranstaltungsform: Kolloquium
Dozent*in: Prof. Dr. Klaus Gestwa
Termin: Mo 18-20 Uhr
Beginn: 23.10.2023
Ort: Großer Übungsraum des Institus für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde (Raum 28)
Anmeldung: Keine Anmeldung erforderlich. Für alle, die sich für Osteuropäische Geschichte interessieren.
Bemerkungen:

Im Rahmen des Kolloquiums werden interessante neue Studien erörtert und interessante aktuelle Forschungsdiskussionen besprochen.

Studierende können durch regelmäßige Teilnahme, Protokolle und kleinere Essays ECTS-Punkte (1 und 3 ECTS) erwerben.