Institute of Sports Science

Die Organisation des Hochleistungssports – ein internationaler Vergleich

Digel, H., Burk, V. & Fahrner, M. (2006). Die Organisation des Hochleistungssports – ein internationaler Vergleich. Schorndorf: Hofmann.

Kurzbeschreibung:

Im vergangenen Jahrhundert hat sich der moderne Sport zu einem der bedeutsamsten Kommunikationsmedien in unserer Welt entwickelt. „Global“ ist dabei jener Begriff, mit dem sich die Reichweite der kulturellen Bedeutung des Hochleistungssports am treffendsten kennzeichnen lässt. Alle Nationen dieser Welt sind über ihre nationalen Olympischen Komitees Mitglied im Internationalen Olympischen Komitee. Die internationalen Fachverbände wie der Leichtathletik oder des Schwimmens weisen heute mehr als 200 nationale Mitgliedsverbände auf, und die Verbreitung der olympischen Sportarten wächst ständig. Volleyball, Basketball, Leichtathletik, Schwimmen und Turnen sind längst Inhalte sämtlicher Lehrpläne der Welt, über die das Fach Leibeserziehung an öffentlichen Schulen beschrieben wird. Der Sport ist somit ohne Zweifel herausragendes Merkmal einer globalisierten Welt.

Doch diese Welt ist nur selten von Gerechtigkeit, Offenheit und Klarheit geprägt. Je globaler sich unsere Welt darstellt, desto gravierender sind auch die Brüche, die in ihr selbst zu erkennen sind: Auf der einen Seite stehen die Mächtigen und die Reichen, auf der anderen Seite die Machtlosen und die Armen. Zwar wird an der Oberfläche von Chancengleichheit geredet, doch darunter dominieren die Konstellationen der Macht. Privilegierte werden begünstigt; der Norden und der Westen dominieren den Süden und den Osten. Dies gilt auch für den Sport und vor allem für die Verhältnisse, wie sie heute im Hochleistungssport anzutreffen sind. Die reichen Nationen sind in der Regel die sportlich erfolgreichen Nationen, und von Chancengleichheit kann heute gerade in der Welt des Hochleistungssports nur im Ausnahmefall die Rede sein. Wie politisch auf eine faire Wirtschaft, auf einen fairen Handel, auf einen Schutz von Arbeitsplätzen und Umwelt zu setzen ist, so muss es auch ein Anliegen aller Verantwortlichen in den Organisationen des Sports sein, sich um faire Strukturen und Verhältnisse zu bemühen, auf deren Grundlage sportliche Wettkämpfe stattfinden.

Setzt man sich dies zum Ziel, so ist allerdings fachliche Kompetenz von Nöten. Diese notwendige Kompetenz beruht dabei nicht zuletzt auf der Verfügbarkeit über relevantes Wissen: Wissen über die aktuellen Strukturen des modernen Hochleistungssports, über die Vielfalt der Organisationen des Sports, wie sie heute in der Welt des Sports existieren, und über eine vielfältige sportliche Praxis, wie sie sich täglich an vielen Orten dieser Welt ereignet. Mit dem Bericht über das Forschungsprojekt „Die Organisation des Hochleistungssports – ein internationaler Vergleich“ soll jenen, die sich um solche Belange bemühen und über ausreichende fachliche Kompetenz verfügen, eine Hilfe bereitgestellt werden. Grundlage ist dabei ein Blick auf den Sport in nationalen Systemen aus ressourcentheoretischer Perspektive, wobei die Ressourcen auf drei verschiedenen Ebenen verortet werden.

In diesem Bericht kommen acht Länder mit ihrem Hochleistungssport zur Darstellung; der Blick wird dabei auf jene Ressourcen gerichtet sein, die in den jeweiligen Nationen zur Entwicklung des Spitzensports bereitgestellt werden. Ausgehend von einer politischen Perspektive, wird dabei zunächst der Einfluss der Gesellschaft und des politischen Systems im weitesten Sinne zu Gunsten der jeweiligen nationalen Sportkultur dargestellt. Darüber hinaus werden in einem zweiten Schritt die wesentlichen Merkmale des jeweiligen Sportsystems selbst nachgezeichnet, wie sie auf der Grundlage von Beobachtungen, schriftlichen Befragungen, mündlichen Interviews und Dokumenten-Analysen erarbeitet werden konnten. In einem dritten Schritt wird schließlich die immer komplexer werdende Vielfalt der Beziehungen dargestellt, durch die sich nationale Hochleistungssport-Systeme in diesen Tagen im Verhältnis zu anderen Gesellschaftsbereichen auszeichnen. Abgeschlossen werden diese Darstellungen durch einen bewertenden Ressourcenvergleich. Zur Interpretation der angetroffenen Ressourcenmuster werden in einem weiteren Schritt ausgewählte Erkenntnisse des so genannten Neo-Institutionalismus eingeführt und auf die angetroffenen Ressourcenmuster bezogen. Die organisationstheoretischen Überlegungen von Mintzberg bilden schließlich den Hintergrund für eine organisatorische Einordnung der angetroffenen Führungs- und Verwaltungsstrukturen in den verschiedenen Sportsystemen. Mit ihrer Hilfe lassen sich auch Entwicklungstendenzen und Transformationsprozesse in den derzeit erfolgreichsten Sportnationen beobachten.