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10.01.2023

Ebola - die tödlichste Pandemie? SFB eröffnet Ausstellung "Threat!Box" in Dresden

Die Threat!Box in der Empfangshalle des Dresdener Hygiene-Museums

Die internationale Ausstellung „Threat!Box – An Exhibition on Threat“ des Sonderforschungsbereichs 923 „Bedrohte Ordnungen“ der Universität Tübingen macht ab Januar 2023 Station im Deutschen Hygiene-Museum. In mehreren Modulen beschäftigt sich das Projekt damit, wie historische und aktuelle Gesellschaften auf unterschiedliche Bedrohungen Gegenwart reagiert haben und mit ihnen umgehen. Die einzelnen Module werden weltweit an acht Standorten gezeigt, unter anderem in Washington, D.C. (USA), Johannesburg (Südafrika), Canberra (Australien), Barcelona (Spanien) und Istanbul (Türkei). Die Themenpalette reicht dabei von bedrohlichen Pestausbrüchen im Reiche Justinians, den giftigen Hinterlassenschaften des Goldabbaus in Johannesburg bis hin zu den literarischen Verarbeitungen rassistischer Gewalt in den USA. 

In der Empfangshalle des Hygiene-Museum ist vom 10. Januar bis zum 19. März 2023 das Modul Ebola – die tödlichste Pandemie? zu sehen, das sich mit der Ebola-Pandemie und den Schwierigkeiten bei der Organisation internationaler Hilfe beschäftigt. Die Tübinger Medizinhistoriker Dr. Daniel Becker und Dr. Henning Tümmers untersuchen darin den Ausbruch der Krankheit in Teilen Westafrikas im Sommer 2014. In den Medien grassierte damals schnell die Angst vor einer globalen Ausbreitung der oft tödlich verlaufenden Infektion. Doch auch Mediziner*innen selbst begannen, die „Handlungsfähigkeit der etablierten Gesundheitssysteme infrage zu stellen“, berichtet Daniel Becker. Das Beispiel Ebola zeige deutlich, wie langsam und ineffizient die Antwort internationaler Organisationen und Hilfesysteme auf die akute Notfallsituation ausgefallen ist. Als die Weltgesundheitsorganisation die Epidemie zwei Jahre später für beendet erklärte, waren circa 28.000 Menschen infiziert worden und mehr als 11.000 Tote zu beklagen. In der Folge sei es zu intensiven Diskussionen über eine Reform des globalen Seuchenschutzes gekommen. Dahinter stünde häufig die Vision eines sich gegenseitig unterstützenden Versorgungssystems aller Staaten. Ob diese Vision ihren Weg in die Realität gefunden habe, könne in Anbetracht der Entwicklungen rund um die Corona-Pandemie seit 2020 jedoch bezweifelt werden, so die Einschätzung der beiden Tübinger Wissenschaftler.

Die Ausstellung Threat!Box – An Exhibition on Threat basiert auf einer virtuellen Ausstellung des SFB 923 (www.bedrohte-ordnungen.de). Die Ausstellung umfasst 24 Module, die die verschiedensten „Bedrohten Ordnungen“ vorstellen. Umwälzungen der karolingischen Welt, Revolutionen im Manila des 17. Jahrhunderts oder Freiheitskämpfe ukrainischer Kosaken gegen Peter den Großen zeigen, dass selbst lang vergangen Geglaubtes bis heute Auswirkungen auf Gesellschaften hat. Gleichzeitig zeigen Module über den Umgang mit dem 11. September 2001 in den USA, Globalisierungsdynamiken in der Corona-Pandemie oder der beispiellosen Mobilisierung von Hilfe im Zuge der Geflüchtetenkrise um das Jahr 2015, dass Bedrohte Ordnungen auch in der Gegenwart immer wieder zu finden sind.

Die einzelnen Ausstellungsboxen stellen Bedrohungsszenarien vor, die eine inhaltlichen Verbindung zum jeweiligen Ausstellungsort haben. Sie dienen als exemplarische Startpunkte, von denen aus mehr über Geschichte und Gegenwart von „Bedrohten Ordnungen“ erfahren werden kann. Im Hygiene-Museums können die Besucher*innen im Inneren der Ausstellungsbox das lokale Beispiel „Ebola“ mit anderen Bedrohten Ordnungen vergleichen, die in der virtuellen Ausstellung behandelt werden. So erfahren die Besucher*innen mehr darüber, wie Menschen mit Bedrohungen und Krisen umgegangen sind und wie damit eine Welt im Wandel vorangetrieben wird.

Sonderforschungsbereich 923 „Bedrohte Ordnungen“

Das Projekt startete 2011 an der Universität Tübingen und läuft noch bis zum Sommer 2023. Unter „Bedrohten Ordnungen“ werden historische oder aktuelle Situationen verstanden, in denen Menschen das Vertrauen in gewohnte Abläufe, das Handeln ihrer Mitmenschen oder den Glauben an die Zukunft verlieren. Sie reagieren darauf emotional und fühlen sich unter Druck gesetzt, über die Bedrohung zu sprechen und nach Lösungen zu suchen. Zu allen Zeiten und in unterschiedlichen Gesellschaften kommt es im Angesicht solcher Bedrohungen zu vergleichbaren Handlungsmustern, die der Sonderforschungsbereich seit 2011 in mehr als 110 Fallstudien untersucht.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert den SFB mit circa 2 Millionen Euro pro Jahr. Knapp 60 Wissenschaftler*innen forschen aktuell in 19 Teilprojekten, die interdisziplinär, historisch oder gegenwartsnah sowie raumübergreifend angelegt sind. Beteiligt sind die Fächer Geschichtswissenschaften, Soziologie, Empirische Kulturwissenschaft, Politikwissenschaften, Theologie, Philologie, Rechtswissenschaften und Medizin.

Kontakt

Thorsten Zachary
Universität Tübingen
SFB 923 „Bedrohte Ordnungen“
Wissenschaftskommunikation
Telefon +49 7071 29-75095
thorsten.zacharyspam prevention@uni-tuebingen.de

Prof. Dr. Reinhard Johler
Universität Tübingen
Institut für Empirische Kulturwissenschaft / SFB 923 "Bedrohte Ordnungen"
Telefon +49 7071 29-75448
reinhard.johlerspam prevention@uni-tuebingen.de

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