Uni-Tübingen

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31.03.2020

Coronavirus beeinträchtigt Konjunktur: Menschen in den USA erwarten tiefe Rezession

Forschungsteam verfolgt in täglicher Umfrage Erwartungen und Befürchtungen von US-Haushalten angesichts der Corona-Krise – Analyse der Folgen für konjunkturelle Entwicklung

Abbildung A: Erwarteter Verlust

Die Corona-Pandemie verunsichert Menschen in den USA zunehmend, viele erwarten eine tiefe Rezension, ähnlich der letzten Finanzkrise. Dies können Wirtschaftswissenschaftler derzeit in Echtzeit beobachten: Seit dem 10. März befragt ein Forschungsteam der Universitäten Tübingen, Brandeis (USA), und Bonn/Köln (Exzellenzcluster Econtribute) täglich online 200 Haushalte in den USA. Die Daten zeigten eine erhöhte Unsicherheit und dass viele Menschen eine Verschlechterung ihrer Zukunftsaussichten wahrnähmen, sagen die Ökonomen. Als Folge für die Konjunktur erwarten die Ökonomen einen deutlichen Rückgang der Ausgaben von Haushalten und Unternehmen. Expansive Geldpolitik sei jetzt dringend geboten.

Professor Gernot Müller vom Lehrstuhl für Geld und Währung aus Tübingen und seine Kollegen messen mit der täglichen Erhebung sowohl die Erwartungen als auch die Unsicherheit über die Entwicklung der derzeitigen Situation. So werden Haushalte befragt, welche Folgen der Corona-Pandemie sie für das Bruttoinlandsprodukt in den USA erwarten, in 12 Monaten und in drei Jahren. Zudem fragen die Wissenschaftler Inflationserwartungen ab und verfolgen, ob die Pandemie das Verhalten beeinflusst, beispielsweise, ob mehr gespart wird. 

Das Ausmaß der ökonomischen Folgen der Pandemie sei noch unsicher, sagt Gernot Müller. Die größten Verwerfungen stünden vermutlich noch bevor, weil Produktion und Lieferketten für längere Zeit gestört seien. „Für den Verlauf der Konjunktur sind gerade ‚die Erwartung‘ und ‚die Unsicherheit‘ über die künftige Entwicklung von größter Bedeutung. Unser Ziel ist es, diese zu messen und ihre Auswirkungen auf die Konjunktur zu quantifizieren.“ 

Die Daten zeigen, dass zu Beginn der Studie, am 10. März, vielen Befragten die Bedeutung der Pandemie nicht klar war ‒ zu diesem Zeitpunkt gab es in den USA erst 1000 bestätigte Infektionen. Dies ist an den folgenden Abbildungen abzulesen, bei denen nach den Kosten der Pandemie gefragt wurde, gemessen in Prozent des US-Bruttoinlandsprodukts.

In der linken Abbildung (A) ging es darum, welche Verluste für das BIP erwartet werden. Die Punkte zeigen die durchschnittliche Antwort je Befragungstag, die Balken repräsentieren die Standardabweichung der Antworten: Am 10. März liegt der erwartete Verlust noch bei Null. Das ändert sich bereits drei Tage später, der erwartete Verlust liegt bei 5,8 Prozent ‒ auf diesem Niveau haben sich die Antworten seither eingependelt. 

   

Kontakt: 
Prof. Dr. Gernot Müller 
Universität Tübingen 
Lehrstuhl für Geld und Währung
gernot.muellerspam prevention@uni-tuebingen.de 

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