Uni-Tübingen

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17.09.2021

Literarische Transfers zwischen Europa und Kolumbien

Universität Tübingen an kolumbianisch-deutscher Forschungskooperation beteiligt

Auszug aus der kolumbianischen Kulturzeitschrift "Revista Moderna" von 1915.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Forschungssprojekt "Digitalisierung und Analyse von kulturellen Transfers in kolumbianischen Literaturzeitschriften (1892–1950)". Die deutsch-kolumbianische Kooperation wird geleitet von Prof. Dr. Ana María Agudelo, Koordinatorin der Forschungsgruppe "Colombia: Tradiciones de la Palabra" an der Universidad de Antioquia (UdeA), und Prof. Dr. Hanno Ehrlicher, Literaturwissenschaftler am Romanischen Seminar der Universität Tübingen. 

Der inhaltliche Fokus des Projekts liegt auf der Untersuchung literarischer Transfers zwischen Europa und Kolumbien sowie weiteren hispanoamerikanischen Ländern. "Dieses Projekt ermöglicht der kolumbianischen Seite, ihr eigenes Kulturerbe zu digitalisieren, wobei eine in Deutschland entwickelte Open-Source-Software verwendet wird. Datenerhebung und Analyse werden dann gemeinsam von beiden Partnern in einer virtuellen Forschungsumgebung im Internet durchgeführt", erläutert Prof. Dr. Hanno Ehrlicher.

Seit 2019 können im Rahmen einer bilateralen Kooperation zwischen der UdeA und der DFG Forschungsprojekte, Mobilität, Seminare und Workshops sowie weitere gemeinsame wissenschaftliche Aktivitäten gefördert werden. Das Projekt mit Beteiligung der Tübinger Romanisten ist eines der ersten, das im Zuge dieser Kooperation eine Bewilligung erhielt: 

Den Forschergruppen in beiden Ländern ist nicht nur gemein, dass sie Methoden der "digital humanities" anwenden, sondern auch das Interesse an digitalisierten Kulturzeitschriften. So hat Prof. Ehrlicher bereits zwischen 2017 und 2020 ein DFG-finanziertes Forschungsprojekt mit dem Titel "Literarische Modernisierungsprozesse und transnationale Netzwerkbildung im Medium der Kulturzeitschrift: vom 'Modernismo' zur Avantgarde" geleitet. In diesem Projekt wurde aus netzwerkanalytischer Perspektive der transatlantische Austausch im Zeitraum zwischen 1890 und 1935 untersucht. In dem nunmehr bewilligten Projekt stehen auch deswegen Kulturzeitschriften im Mittelpunkt, weil diese im Kolumbien des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert die zentralen Knotenpunkte der Literatur darstellten, war doch das zeitgenössische System der Buchproduktion prekär. Zeitschriften bildeten wiederum den Ort, an dem kulturelle Importe stattfanden, sei es durch Übersetzungen, Adaptationen bestimmter Genres oder durch die Rezeption.

Auf Tübinger Seite wird das Team aus Prof. Dr. Ehrlicher, Projektkoordinator Dr. Jörg Lehmann sowie der Kolumbianerin Nancy Vargas Castro bestehen. Sie promoviert im Rahmen des Projekts. Auf kolumbianischer Seite wird neben Prof. Dr. Agudelo auch Danilo Penagos Jaramillo arbeiten, der aktuell einen Masterstudiengang "digital humanities" abschließt und innerhalb der Projektlaufzeit mehrere Monate in Tübingen anwesend sein wird. Während die kolumbianischen Partner tiefe Kenntnisse des eigenen Kulturerbes und der Literaturgeschichte in das Projekt einbringen, steuert das deutsche Team seine Erfahrungen im Hinblick auf die technologischen und methodischen Komponenten bei. "Die enge Verschränkung der beiden Teams in Kolumbien und Deutschland bildet eine gute Ausgangsposition für die Entfaltung jener internationalen und interdisziplinären Synergien, die wir uns von der Kooperation versprechen", so Ehrlicher.

Das Forschungsprojekt beginnt am 01.01.2022 und läuft drei Jahre. In diesem Zeitraum sollen über 20 kolumbianische Literaturzeitschriften mit der Software-Suite Kitodo digitalisiert und mit Methoden der sozialen Netzwerkanalyse ausgewertet werden.

Weitere Informationen zum Projekt: 

Prof. Dr. Hanno Ehrlicher (hanno.ehrlicherspam prevention@uni-tuebingen.de)
Dr. Jörg Lehmann (joerg.lehmannspam prevention@romanistik.uni-tuebingen.de)

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