Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 2/2012: Leute

Tübinger Alumnus wird neuer Ehrensenator

Der Naturwissenschaftler leistete einen wichtigen Beitrag zur Antibiotikaforschung

Auf der Morgenstelle im Hörsaalzentrum Naturwissenschaften fühlt sich Professor Dr. Dr. h.c. Rolf G. Werner fast wie zuhause. Immerhin hat er hier vor fast fünfzig Jahren studiert und anschließend promoviert. Seit Anfang der 1990er Jahre lehrt er hier als außerordentlicher Professor im Bereich Biotechnologie. Am 17. April wurde er am Ort seines akademischen Wirkens feierlich in den Kreis der Ehrensenatoren der Universität Tübingen aufgenommen.


In seiner Laudatio betonte Dr. Hans-Jürgen Leuchs, Mitglied des Gesellschafterrates der E. Merck KG, und Weggefährte von Werner, dieser sei „ein äußerst innovativer, aber immer auf angewandte Ziele gerichteter Forscher“. Nicht umsonst habe es ihn nach seiner Promotion 1973 in die Industrie gezogen und dort zur Dr. Karl Thomae GmbH in Biberach, einer hundertprozentigen Tochter der Boehringer Ingelheim Pharma GmbH. Hier konzentrierte er sich auf die anwendungsorientierte Antibiotikaforschung und konnte durch die Entdeckung neuer antibakterieller Wirkstoffe Erfolge erzielen. In den 1980er Jahren, mit Beginn der Gentechnik-Ära, habe Rolf G. Werner sich dafür eingesetzt, „die Akzeptanz der Gentechnologie in Deutschland und insbesondere in Baden-Württemberg zu erreichen“, so Leuchs.


Rektor Engler hatte bereits bei der Begrüßung darauf hingewiesen, dass Professor Werner schon lange ein engagierter Botschafter für die Universität Tübingen sei, und dies bestätigte sich beim Verlesen der Ernennungsurkunde: Werner habe nicht nur „Baden-Württemberg zu einem Musterstandort in der Fermentations-Biotechnologie“ gemacht, hieß es hier, sondern sich auch „mit großem Engagement für die Studierenden an seiner Alma Mater eingesetzt und ihnen mit seinen profunden Kenntnissen erfolgreich biotechnologische Themen nahegebracht.“ Außerdem habe er sich stets nachdrücklich für die Universität und ihr Forschungsprofil engagiert.


„Meine wissenschaftlichen Anstrengungen sollten am Ende einen Nutzen für den Menschen und die Gesellschaft bringen“, erklärte der frisch ernannte Ehrensenator in der Dankesrede seine Beweggründe. „Ich freue mich, dass die Vision (…) in Erfüllung ging.“ Er freue sich sehr über diese höchste Auszeichnung, die die Universität Tübingen zu vergeben habe.


Für den Festvortrag hatte sich Professor Dr. Dr. Urban Wiesing vom Tübinger Institut für Ethik und Geschichte der Medizin mit der Frage „Priorisierungen in der Medizin – ‚menschenverachtend‘ oder geboten?“ auseinandergesetzt. Priorisierung bedeutet in der Medizin, dass bestimmte medizinische Maßnahmen, Therapieverfahren oder Patientengruppen vorrangig behandelt werden. „Priorisierung ist nicht gleichzusetzen mit Rationierung“, betonte Wiesing, also dem Vorenthalten von medizinisch notwendigen Leistungen. Er machte deutlich, dass Priorisierungen zwar in der Öffentlichkeit angeprangert würden, andererseits aber längst Realität seien. „Ich denke an die Verteilung von Transplantaten. Hier schreiben die Verteilungsrichtlinien eindeutige Priorisierungen vor, und sie dienen dem Wohl der Patienten. Nieren werden bevorzugt transplantiert, wenn sie aufgrund der Gewebeverträglichkeit wahrscheinlich eine längere Funktionsdauer im Empfängerorganismus haben. Kinder werden vorrangig mit Transplantaten versorgt, um irreversible Schäden in ihrer Wachstumsphase zu vermeiden.“ Wiesing zeigte auf, dass Priorisierung ein Thema ist, mit dem man angesichts erhöhter Kosten im Gesundheitswesen durch die älter werdende Bevölkerung immer häufiger konfrontiert werden wird.

Die Musiker hatten sich schon für das Schlusslied in Position gebracht, als Ministerpräsident a. D. Professor Lothar Späth zur allgemeinen Überraschung das Wort ergriff: „Forschung und die Innovationskraft sind ein wichtiger Bestandteil des wirtschaftlichen Erfolgs unseres Landes“, sagte er. Er habe sich immer dafür eingesetzt, beides zu fördern und rufe die anwesenden Unternehmer dazu auf, dies in ihren Bereichen ebenfalls zu tun. Späth mahnte allerdings auch an, dass „Innovation nicht mit Billiglöhnen vereinbar ist“. Für diese spontane Rede erhielt er viel Beifall und beim anschließenden Empfang ergaben sich viele interessante Gespräche über die Themen des Abends.

Ehrensenatoren der Universität Tübingen

Krishna-Sara Kneer