Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 4/2014: Leute

Neu berufen: Professor Dr. Frank Saliger

Professur für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Rechtsphilosophie (Juristische Fakultät)

Professor Dr. Frank Saliger hat seit vergangenem April den Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Tübingen inne. Der Jurist war zuvor Professor an der Bucerius Law School in Hamburg und hatte außer von der Universität Tübingen Rufe auch von den Universitäten Hannover und Mannheim erhalten. Dass er sich für Tübingen entschieden hat, lag vor allem an den guten Forschungsbedingungen. „Die Bucerius Law School ist wirtschaftsrechtlich geprägt“, berichtet Frank Saliger. „An Tübingen hat mich auch gereizt, dass ich mich wieder stärker mit Rechtsphilosophie beschäftigen kann.“ Auf diesem Gebiet arbeitet er an einem Buch zur praktischen Argumentationslehre, das Leitregeln für die Bildung zulässiger juristischer Argumente geben soll. Weitere Schwerpunkte seiner Forschung sind Untreuestrafrecht, Umwelt- und Medizinstrafrecht sowie Korruption.

In einem seiner aktuellen Forschungsprojekte arbeitet Saliger daran, ein Handbuch zum Medizinstrafrecht um wirtschaftsstrafrechtliche Aspekte zu erweitern. Neben klassischen medizinischen Rechtsfragen wie ärztliche Kunstfehler, Schönheitsoperationen oder Schwangerschaftsabbrüche soll es in dem Werk auch um vorsätzliche Falschabrechnungen bei Medizinern und Korruptionsdelikte gehen. Solche Delikte würden seit etwa 20 Jahren stärker wirtschaftsstrafrechtlich verfolgt, auch weil einige Praktiken wie von der Pharmaindustrie bezahlte Reisen für Ärzte oder Provisionszahlungen der Medikamentenhersteller in die Kritik geraten sind, so Frank Saliger. Er sieht jedoch auch die Gefahr einer Überregulation: „Der Schutz des freien Wettbewerbs bietet mittelbar zwar auch den Patienten Schutz“, sagt er. Insgesamt lasse sich jedoch beobachten, dass das Strafrecht immer stärker in Bereiche hinein komme, in denen – wie teilweise im Medizinsystem – interne Regelungsmechanismen versagt haben.

Weiterer Bereich seiner Forschungen ist die Modernisierung des Strafprozessrechts, das im klassischen Kern noch aus dem 19. Jahrhundert stamme, erklärt Saliger, die Hauptverhandlung stehe im Mittelpunkt. Das wird derzeit überdacht, da dies bei der heutigen Zahl der Verfahren und begrenzten Ressourcen nicht mehr zu bewältigen sei, so der 50-jährige Jurist. So habe der Gesetzgeber inzwischen zahlreiche Möglichkeiten einer verständigungsorientierten Erledigung von Strafverfahren ohne Hauptverhandlung geschaffen wie die Einstellung des Strafverfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage.

Beinahe hätte sich Frank Saliger, der in Frankfurt am Main Rechtswissenschaften studiert hat, statt für Jura für ein Musikstudium entschieden. Damals hatte er bereits eine Karriere auch als Solist bei den Limburger Domsingknaben bewältigt. „Ich wollte aber etwas Kreatives machen“, lautet seine überraschende Begründung für die Entscheidung zum Jurastudium. Professor zu werden war hingegen nicht sein damaliges Berufsziel. „Dafür fehlten mir in der Kindheit die Vorbilder, darunter konnte ich mir nichts vorstellen“, sagt er. Seine Entscheidung hat er nicht bereut, ist jedoch nebenher auch in der Anwaltsberatung und als Verfahrensbeobachter in der Praxis tätig.

Janna Eberhardt