Exzellenzstrategie

Themen der Plattform 4

Neben den Exploration Funds, in denen Themen projektbasiert und von einzelnen Akteuren der Plattform 4 bearbeitet werden, ist es ein Anliegen der Plattform, bestimmte Schwerpunkte übergreifend zu diskutieren und dabei nicht nur Wissenschaftler aller Disziplinen, sondern auch die breite Öffentlichkeit einzubinden.

Themenschwerpunkt »Anwendungsorientierte Forschung«

"Anwendungsorientierte Forschung" und "gesellschaftliche Relevanz" sind zwei wesentliche Begriffe für das Zukunftskonzept der Universität Tübingen. Allerdings gibt es kein standardisierbares Modell für "anwendungsorientierte Forschung", insbesondere mit Blick auf die Geistes- und Sozialwissenschaften, und auch die Bestimmung dessen, was die "gesellschaftliche Relevanz" eines Projekts ausmacht, ist durchaus strittig. Diese Fragen stehen im Kontext einer seit langem bestehenden Debatte, wie sich Wissenschaft zwischen theoretischer Erkenntnis- und praktischer Lösungsorientierung zu positionieren hat. Die im Rahmen des Zukunftskonzeptes initiierte geistes- und sozialwissenschaftliche Plattform 4 sieht es als eine wesentliche Aufgabe, solche Diskussionen aufzugreifen und weiterzuführen.

Am 22. April 2015 hielt der Wissenschaftsforscher Prof. Dr. David Kaldewey (Universität Bonn) einen Vortrag mit dem Titel: „Die doppelte Identität der Wissenschaft. Zur Differenzierung von Autonomie- und Praxisdiskursen“. Der Beitrag beschäftigte sich mit Selbst- und Fremdbeschreibungen der Wissenschaft im Spannungsfeld von Autonomie und Praxisrelevanz. In der Literatur wird klassischerweise unterstellt, wissenschaftliche Selbstbeschreibungen orientierten sich allein an innerwissenschaftlichen Erkenntnisidealen, während Fragen der Nützlichkeit vor allem in den Fremdbeschreibungen, etwa in der Beobachtung der Wissenschaft durch die Politik oder die Ökonomie thematisch würden. David Kaldewey dagegen zeigte am Beispiel vielfältiger historischer Reflexionsdiskurse, dass diese Spannung auch in der Wissenschaft selbst immer schon präsent war. Dieses Phänomen beschrieb David Kaldewey als „doppelte Identität“ der Wissenschaft und analysierte es auf seine forschungspraktischen Konsequenzen hin.

Am 8. Juli 2015 war die Technikhistorikerin Dr. Désirée Schauz (TU München) in Tübingen zu Gast. Ihr Vortrag "Was ist angewandte Forschung? Erkenntnisse aus der Begriffsgeschichte einer wissenschaftspolitischen Vokabel" ging in begriffsgeschichtlicher Perspektive den Ursprüngen, unterschiedlichen Bedeutungen und kommunikativen Funktionen der wissenschaftspolitischen Vokabel „angewandte Forschung“ nach. Seine zentrale Bedeutung für die nationale wie internationale Forschungspolitik erhielt der Begriff in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, und zwar im Sinne einer Zwischenstufe des sogenannten linearen Modells technischer Innovation. Vor dem Hintergrund der wissenschaftspolitischen Schwerpunktverschiebung von Grundlagen- zu angewandter Forschung diskutierte Désirée Schauz, ob es Sinn macht, den Begriff auf die Geistes- und Sozialwissenschaften zu übertragen.

Am 5. Februar 2016 fand ein Workshop statt, der sich unter dem Titel "Relevant und angewandt!? Perspektiven und kritische Anfragen für die Geistes- und Sozialwissenschaften in Zeiten der Exzellenz" intensiv mit dem Thema der Anwendungsorientierung auseinandersetzte und dabei den Fokus auf die Bedeutung und Verwendung dieses Begriffs in den Geistes- und Sozialwissenschaften setzte.

Eröffnet wurde der Workshop mit einem öffentlichen Vortrag des Wissenschaftsphilosophs Prof. Dr. Martin Carrier (Bielefeld), der am Abend des 4. Februar seine Gedanken zu "Forschungsfreiheit und Forschungsbedarf: Wissenschaft zwischen Autonomie und gesellschaftlichen Ansprüchen" darstellte.

Themenschwerpunkt »Gesellschaftliche Relevanz historischer Geisteswissenschaften«

Die Plattform 4 „Bildung – Gesellschaft – Normen – Ethische Reflexion“ soll die Tübinger geistes- und sozialwissenschaftliche Expertise zu einem Kompetenznetzwerk verbinden und ist entsprechend thematisch und institutionell breit angelegt. Die Forschungsaktivitäten orientieren sich dabei an der Leitlinie des Zukunftskonzepts „Research – Relevance – Responsibility“ und der Fokus liegt auf anwendungsorientierte Fragestellungen mit gesellschaftlicher Relevanz. Damit besteht für Geistes- und Kulturwissenschaften mit einem historischen Ansatz („historisch“ verstanden im allgemeinsten Sinne, weder beschränkt auf fernere Vergangenheiten noch überhaupt auf Geschichtswissenschaft) ein gewisses Problem der aktuellen Relevanz bzw. des Anwendungsbezugs.

Es geht hier nicht um die Rechtfertigung oder das Selbstverständnis der Geisteswissenschaften insgesamt, auch nicht um die Rolle von Literatur, Kunst, oder allgemeinem Geschichtsverständnis in unserer Gesellschaft, sondern um eine Teilfrage: In welcher Weise können Ergebnisse historisch ausgerichteter wissenschaftlicher Forschung in den Geisteswissenschaften entweder allein oder in Forschungsverbünden als relevant im Rahmen aktueller gesellschaftlicher Fragestellungen angesehen werden?

Dies ist eine Frage der bzw. für die Plattform 4, aber weit darüber hinaus steht sie latent oder auch ausdrücklich hinter vielen gesellschaftlichen und forschungspolitischen Diskussionen der Gegenwart; nicht zuletzt wird sie auch bei Verbundforschungsanträgen (DFG, BMBF, große Stiftungen) regelmäßig thematisiert. Es handelt sich im Übrigen um Variationen eines bekannten Themas: In der Vormoderne wurde es im Sinne einer historia magistra vitae verstanden, im 19. Jahrhundert sah man im Zuge des Historismus bereits mit der „objektiven“ Erforschung der Vergangenheit die Relevanzfrage erledigt, im 20. Jahrhundert gibt es ganze Bündel von Theorieansätzen, mit denen die Geisteswissenschaften den Positivismus des späten 19. Jahrhunderts zu überwinden suchen. Derzeit entsteht oft eine Konstellation, dass die systematischen Sozialwissenschaften das Theoriegerüst und die Geisteswissenschaften das Anwendungsfeld bereitstellen. Ist hier auch eine andere Hermeneutik denkbar? Es gilt neu zu fragen, wie historisch orientierte geisteswissenschaftliche Forschung im Kontext und im Bewusstsein aktueller Fragestellungen aussehen kann.

Im Dezember 2014 brachte ein erster Workshop die VertreterInnen von im allgemeinstem Sinne historisch (oder partiell historisch) orientierten Projekten zusammen, zum einen aus bestehenden Verbundprojekten, zum anderen aus Exploration Funds Projekten der Universität Tübingen. Ziel des Workshops war es, ausgehend von der o.g. Skizze auszuloten, von welcher Art die Fragen, Probleme, Lösungsansätze in den verschiedenen Projekten sind (oder auch, warum hier gar kein Problem gesehen wird) und in welcher Weise in Plattform 4 gemeinsam am Thema weiter gearbeitet wird.

Themen in Kooperation mit Plattform 3

Wasser

Anfang Dezember 2014 brachte ein Workshop Akteure der Plattformen 3 und 4 zusammen. Das gegenseitige Kennenlernen und die Vorstellung der Ziele und Arbeitsweisen der Arbeitsgruppen erfolgte vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Forschungsarbeiten zum Thema "Wasser".

Nachwachsende Rohstoffe

Am 29. April 2015 veranstaltete die Plattform 3 in Zusammenarbeit mit der Plattform 4 ein öffentliches Symposium zum Thema "Nachwachsende Rohstoffe / Bioökonomie".
Ein begleitendes Seminar im Studium Oecologicum wurde im SoSe 2015 angeboten.

Nachhaltige Entwicklung

Im Wintersemester 2015/2016 organisierte das Kompetenzzentrum für Nachhaltige Entwicklung ein Studium Generale zu dem Thema "Forschung für Nachhaltige Entwicklung – Beiträge der Universität Tübingen". In dieser Reihe stellen auch zahlreiche Akteure der Plattformen 3 und 4 ihre Arbeiten vor.

Programm

Im Oktober 2019 fand ein Vernetzungstag zum Thema "Forschung für Nachhaltige Entwicklung" statt, der von der Plattform 4 gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum für Nachhaltige Entwicklung und in Abstimmung mit der Plattform 3 organisiert wurde.

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