Lehre

Sommersemester 2022

Hauptseminar

Rassismus in Kinder- und Jugendliteratur

Dienstag, 14-16

Es verändert sich was in der Kinder- und Jugendliteratur. Klassiker werden kritisch auf kulturelle oder rassistische Erzählmuster hinterfragt, Feuilletons diskutieren über den „Südseekönig“, diskriminierende Sprache wird ersetzt und diversitätsbewusste Bücher werden immer beliebter. Diesen jüngeren Entwicklungen wollen wir rassismuskritisch aus einer narratologischen, intermedialen und kulturwissenschaftlichen Perspektive nachgehen: Wie werden rassistische Stereotypen und koloniale Machtverhältnisse in kanonischer Kinder- und Jugendliteratur vermittelt? Mit welchen Argumenten wird dafür/dagegen plädiert, diskriminierende Sprache und Klischees aus Kinderbuchklassikern zu streichen? Und mit welchen Darstellungsstrategien können Kinder in vorurteilsbewussten Kinderbüchern empowert bzw. für Diskriminierung sensibilisiert werden?

Im Hauptseminar werden wir rassistische Sprache und koloniale Bildwelten in kanonischer Kinder- und Jugendliteratur (Astrid Lindgren, Michael Ende, Ottfried Preußler, Jean de Brunhoff) analysieren sowie Beispiele aktueller diversitätsbewusster Kinderliteratur diskutieren.

 

Wintersemester 2021/22

Hauptseminar

Poetik des Wunderbaren. Phantastische Welten in aufgeklärten Zeiten

In der aufgeklärten Welt des 18. Jahrhunderts entstehen literarische Texte, die Gegenwelten entwerfen: Texte, in denen die Vorstellung einer vollständig durchschaubaren, empirisch erfassbaren und rational erklärbaren Welt unterlaufen wird. Hatte der Aufklärer Gottsched noch das „Wahrscheinliche“ zum Gegenstand der Literatur erklärt, legitimieren seine schweizerischen Gegner Bodmer und Breitinger das „Wunderbare“, Außergewöhnliche, durch die Kraft der Phantasie geschaffene Neue in der Kunst. Neben phantastischen Figuren wie Hexen, Geister, Teufel sind instabile, unschlüssige Strukturen der Zeit und des Raums für die Darstellung des Wunderbaren von besonderer Relevanz.

Im Seminar erkunden wir diese Poetik des Wunderbaren in Klassikern verschiedener Gattungen. Auf der Grundlage der Theoriegeschichte des Wunderbaren (Bodmer, Breitinger) lesen wir Goethes Ballade „Der Erlkönig“ (1782), Schillers Romanfragment „Der Geisterseher“ (1787-89), Tiecks Aufsatz „Über Shakespeares Behandlung des Wunderbaren“ und seine Übersetzung von Shakespeares „Der Sturm“ (1796), Schillers romantische Tragödie „Die Jungfrau von Orléans“ (1801) und Goethes „Faust. Der Tragödie erster Teil“ (1789-1808).

 

Wintersemester 2019/20

Hauptseminar

Intermedialität

Mit dem Begriff der Intermedialität werden Transgressionen zwischen konventionell als distinkt angesehenen Medien bezeichnet. Anders gesagt: Wer sich für Intermedialität interessiert, geht davon aus, dass Medien unterscheidbar sind, sich aber auf faszinierende Weise aufeinander beziehen können. Wenn beispielsweise der Bass in Rainald Goetz‘ Buch Rave wummert: „eins eins eins – und eins und eins und – eins eins eins – und – geil geil geil geil geil …“ dann nähert sich der literarische Text mit sprachlichen Mitteln dem auditiven Erlebnis elektronischer Musik an.

In diesem Seminar wollen wir uns Theorien der Intermedialität von einem literaturwissenschaftlichen Standpunkt aus erarbeiten. Was ist überhaupt ein Medium? Wie unterscheidet sich Literatur von anderen Medien? Und wie kann sich Literatur auf andere Medien und Künste beziehen? Nach einem Blick in die Geschichte der Intermedialität (Lessings Laokoon) werden wir der Systematik von Irina O. Rajewsky folgen und Medienkombinationen (z.B. in der Oper oder Graphic Novel), Medienwechsel (z.B. Literaturverfilmungen) sowie intermediale Bezüge (z.B. von der Literatur auf die bildende Kunst, Musik, Fernsehen oder Theater) vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart untersuchen.

 

Sommersemester 2019

Hauptseminar

Shakespeare in Deutschland

In einer Rede zu Ehren des englischen Dichters beschreibt der junge Goethe 1771 seine Shakespeare-Lektüre als literarisches Erweckungserlebnis: „Die erste Seite, die ich in ihm las, machte mich auf zeitlebens ihm eigen, und wie ich mit dem ersten Stücke fertig war, stund ich wie ein Blindgeborner, dem eine Wunderhand das Gesicht in einem Augenblicke schenkt. Ich erkannte, ich fühlte aufs lebhafteste meine Existenz um eine Unendlichkeit erweitert, alles war mir neu, unbekannt, und das ungewohnte Licht machte mir Augenschmerzen. Nach und nach lernt ich sehen, und, dank sei meinem erkenntlichen Genius, ich fühle noch immer lebhaft, was ich gewonnen habe.“ Wohl kein anderer Dichter hat in der deutschen Literaturgeschichte eine solche ekstatische Idolisierung erfahren – und zugleich zur Selbstdarstellung (des eigenen „erkenntlichen Genius“) angeregt. Shakespeares Name wird zur Parole in der Genieästhetik des Sturm und Drang, Schlegels Übersetzung seiner Werke lässt ihn zum „dritten deutschen Klassiker“ (neben Goethe und Schiller) aufsteigen und Shakespeares Stoffe und Figuren dienen deutschsprachigen Autoren bis in die Gegenwart zur Anregung, Aneignung und Abgrenzung. Insbesondere Hamlet wird zur deutschen Identifikationsfigur: Das seit der Hamburger Premiere 1776 andauernde Hamlet-Fieber führt Freiligrath 1886 zum polemischen Urteil: „Deutschland ist Hamlet“. 

Im Seminar folgen wir dieser einzigartigen Rezeptionsgeschichte vom 18. bis ins 20. Jahrhundert durch die Lektüre poetologischer und literarischer Texte von Shakespeare, Herder, Lenz, Goethe, Schlegel, Tieck, Grabbe, Freiligrath, Hauptmann, Brecht, Heiner Müller und Elfriede Jelinek. Dabei setzen wir einen besonderen Schwerpunkt auf Hamlet-Adaptionen.

 

Wintersemester 2018/2019

Hauptseminar

Sturm und Drang

In der kurzen Zeitspanne von 1765 bis 1780 entwickelt sich eine literarische Bewegung, die Goethe in seinen späteren Lebenserinnerungen als „deutsche literarische Revolution“ bezeichnet und die das Genie, die Freiheit und die großen Emotionen zu ihren Maximen erhebt. Revolutionär ist der „Sturm und Drang“ – benannt nach einem Drama von Friedrich Maximilian Klinger – zum einen im Hinblick auf seine formalen Experimente. Das Drama befreit sich von den „lästigen Fesseln“ (Goethe) der aristotelischen Regeln: der Einheit der Zeit, des Orts und der Handlung. Zum anderen legt er familiäre und gesellschaftliche Machtstrukturen bloß und übt Kritik an sozialen Verhältnissen. Im Seminar werden einige zentrale Texte dieser Jahre mit besonderem Fokus auf Geniekult, Affektausdruck und Sexualität gelesen. Auf der Lektüreliste stehen theoretische, dramatische, epische und lyrische Texte, u.a. H.W. von Gerstenbergs Ugolino, Herders Shakespear, Goethes Götz von Berlichingen und Die Leiden des jungen Werther, Lenz’ Die Soldaten, H.L. Wagners Die Kindermörderin und Schillers Die Räuber.

 

Sommersemester 2018

Hauptseminar

Postdramatisches Theater

Was ist postdramatisches Theater? Ein Theater, das Widerstand gegen die große Tradition des dramatischen Theaters zwischen Renaissance und Gegenwart leistet. Ein Theater, das keine mimetische Handlung, keine psychologischen Figuren, keinen interpersonalen Dialog mehr vorführen will. Ein Theater, das mit Text, Stimme, Körper, Medien, Raum und Zeit spielt. Ein Theater, das den Primat des literarischen Textes in Frage stellt. Kurz: Postdramatisches Theater ist ein Theater nach dem Drama.

Paradoxerweise vermag jedoch just die Analyse dieser Anti-Dramen die Eigenheiten des Dramas aufzudecken. In diesem Seminar werden Sie also nicht nur postdramatische Schreib- und Inszenierungspraxen seit den 1960er Jahren kennen lernen, sondern auch die dramatische Tradition, gegen die sich die postdramatischen Texte wenden. Dazu werden wir uns zunächst intensiv die Grundlagen der traditionellen Dramenanalyse anhand von Lessings „Emilia Galotti“ erarbeiten. Anschließend werden wir unsere Kenntnis der elementaren Bausteine Handlung, Figur, Dialog, Raum, Zeit durch die dramaturgische Analyse postdramatischer Stücke sukzessive erweitern und hinterfragen. Gelesen werden Texte von Peter Handke, Heiner Müller, Elfriede Jelinek, Dea Loher, Rainald Goetz, Kathrin Röggla und René Pollesch.

 

Wintersemester 2017/2018

Hauptseminar

Schwarz und Weiß. Imaginationen von ‚Rasse‘ in Dramen des 17. – 21. Jahrhunderts

Das Hauptseminar zielt darauf ab, Imaginationen Schwarzer und Weißer Hautfarbe im deutschsprachigen Drama und Theater in ihrem historischen Wandel zu reflektieren. Mit der Erkenntnis, dass ‚Rasse‘ kein biologisch begründbares Konzept darstellt, wird ‚Hautfarbe‘ zu einer Frage der Wahrnehmung. Schwarze und Weiße Hautfarbe können als Ergebnis eines kulturhistorischen Farbgebungsprozesses verstanden werden, den die Differenzierung zwischen Eigenem und Fremdem antreibt. Seit der Aufklärung sind die europäischen Rassendiskurse eng mit der abendländischen Schwarz-Weiß-Symbolik (gut/böse, Licht/Finsterniß, Reinheit/Unreinheit, Geist/Materie) verknüpft (Jana Husmann). Diese Allianz kultureller Semantik und rassentheoretischer Modelle begründet und stabilisiert die Selbstkonstitution des aufgeklärten, europäischen Subjekts. Heute verweist die Großschreibung des Adjektivs Schwarz auf die Konstruktion dieser Kategorie.

Im Seminar werden wir zunächst theoretische und historische (Kant, Hegel) Grundlagentexte zu ‚Rasse‘ und ‚Hautfarbe‘ lesen und anschließend analysieren, wie Schwarz und Weiß in folgenden Dramen dargestellt werden: Shakespeare: Othello, der Mohr von Venedig, 1603/04 (dt.: Christoph Martin Wieland); Schiller: Die Verschwörung des Fiesko zu Genua. Ein republikanisches Trauerspiel, 1783; Mozart (Libretto: Schikaneder/Vulpius): Die Zauberflöte, 1791; Grillparzer: Der Traum ein Leben, 1834; Heiner Müller: Der Auftrag. Erinnerung an eine Revolution, 1979; Dea Loher: Unschuld, 2003.

Ergänzt wird das Seminar durch Aufführungsanalysen von ausgewählten Inszenierungen. Dabei stellt das Theater als ‚Raum der Möglichkeiten‘ ein einzigartiges Medium dar, weil es (anders als der Film) nicht an die mimetische Darstellung von Hautfarbe gebunden ist, sondern mit der Zeichenhaftigkeit von Blackness und Whiteness spielen kann: Hautfarbe und Herkunft der Schauspieler/innen bzw. Figuren können, müssen aber nicht thematisiert werden. Sie können dazu genutzt werden, über Rassismen in der Gesellschaft zu reflektieren, oder auch dazu, eine post-rassistische Gesellschaft zu entwerfen.

 

Sommersemester 2017

Hauptseminar

Schillers Dramen

Das Hauptseminar will ausgewählte Dramen Schillers vom Sturm und Drang bis zur Weimarer Klassik analysieren und unter Einbeziehung aktueller Forschungsaspekte (u.a. Machtdiskurse, Geschlechterdiskurse, Rassendiskurse, Raumtheorie, Mediologie) diskutieren. Gelesen werden „Die Räuber“, „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“, „Wallenstein“, „Die Jungfrau von Orleans“, „Die Braut von Messina“.

 

Wintersemester 2016/2017

Hauptseminar

Das Weimarer Hoftheater unter Goethes Leitung

Weimar wird um 1800 zu einem „Bethlehem“ der deutschen Kultur: auf engstem Raum kommt es zu einem kommunikativen und kulturellen Großereignis, nicht zuletzt aufgrund des gemeinsamen Wirkens von Schiller und Goethe. Das Weimarer Hoftheater entwickelt sich dabei unter Goethes Leitung von 1791 bis 1817 zu einem Experimentierfeld, in dem ästhetische Theoriebildung, dramatisches Schaffen, theatrale Praxis und institutionelle Entwicklung eng verzahnt sind. Goethes „entschiedene Lust, das Theater kräftig zu beleben“, lässt keinen Bereich unberührt: Er verfasst, übersetzt und inszeniert neue Stücke, reformiert die Ausbildung der Schauspieler/innen, besorgt die architektonische Erweiterung und dekorative Ausgestaltung der Bühne, reflektiert und adressiert die Erwartungen der Zuschauer. Schauspieler, Raum und Publikum sollen die zentralen Analysekategorien dieses Seminars sein, das Dramentexte im Kontext der zeitgenössischen Theaterpraxis analysieren möchte. Im Seminar werden wir daher zum einen eine Auswahl aus dem gewaltigen Repertoire des Hoftheaters lesen: ‚Klassiker‘ des Sprechtheaters von Goethe und Schiller, populäre Unterhaltungsstücke von Iffland und Kotzebue sowie Singspiele und Opern wie Mozarts Zauberflöte. Zum anderen werden wir uns dramen- und schauspieltheoretische Schriften, Aufführungszeugnisse sowie Rezeptionszeugnisse der Zeit erarbeiten. Auf diese Weise wollen wir das Spannungsfeld von Spielplangestaltung, dramatischem Schaffen, Inszenierung, Aufführung, theoretischer Reflexion und Publikumsreaktion am Hoftheater ausloten.

Eine Leseliste finden Sie hier.

 

Sommersemester 2016

Proseminar 1 / GLW 1

Einführung in die Neuere deutsche Literaturwissenschaft (Drama)

Das Seminar führt in die Analyse und Interpretation von Dramen ein. Dazu werden Fachbegriffe der Dramenanalyse sowie verschiedene literaturwissenschaftliche Theorien erarbeitet und insbesondere anhand von Lessings "Emilia Galotti" erprobt.

 

Wintersemester 2015/2016

Proseminar 1 / GLW 1

Einführung in die Neuere deutsche Literaturwissenschaft (Drama)

Das Seminar führt in die Analyse und Interpretation von Dramen ein. Dazu werden Fachbegriffe der Dramenanalyse sowie verschiedene literaturwissenschaftliche Theorien erarbeitet und insbesondere anhand von Lessings "Emilia Galotti" erprobt.

Hauptseminar

Goethes Faust I: Forschung, Didaktik, Vermittlung

zusammen mit Dr. Thomas Boyken

Goethes Faust I erscheint ebenso allgegenwärtig wie allzeit aktuell: Als Lesestoff, in der Schule, im Theater, im Museum... Immer wieder lesen wir den ersten Teil der Tragödie neu, wird er uns anders präsentiert, vermitteln wir ihn gar selbst. Im Seminar werden wir uns Faust I daher aus drei Perspektiven annähern. Zum ersten richten wir einen genuin literaturwissenschaftlichen Blick auf den Text und erschließen ihn uns über eine intensive Auseinandersetzung mit der aktuellen Forschung. Zum zweiten interessieren wir uns für die schuldidaktischen Potenziale des Dramas: Wie kann die literaturwissenschaftliche Forschung für die Schule fruchtbar gemacht werden? Wie könnte eine Unterrichtseinheit zum Faust aussehen? Zum dritten möchten wir die Vermittlung von „Faust“ außerhalb des Lehrbetriebs in den Blick nehmen: Wie funktioniert beispielsweise eine museale, digitale, dramaturgische oder theatrale Präsentation des Faust?

Das dreistündige Seminar kann als Hauptseminar im Bereich der Neueren deutschen Literaturwissenschaft oder als fachdidaktische Übung angerechnet werden.

Bitte beachten Sie, dass das Seminar bis einschließlich Dezember dienstags von 12 bis 16 Uhr stattfinden wird. Im Januar und Februar folgen zwei Blockveranstaltungen, die als Workshop mit externen Fachleuten konzipiert sind. Die Termine der Sitzungen im Januar und Februar werden rechtzeitig zu Beginn der Vorlesungszeit bekannt gegeben.

 

Sommersemester 2015

Proseminar 1 / GLW 1

Einführung in die Neuere deutsche Literaturwissenschaft (Drama)

Das Seminar führt in die Analyse und Interpretation von Dramen ein. Dazu werden Fachbegriffe der Dramenanalyse sowie verschiedene literaturwissenschaftliche Theorien erarbeitet und insbesondere anhand von Lessings "Emilia Galotti" erprobt.

 

Wintersemester 2013/2014

Proseminar 2 / GLW 2

Bretter, die die Welt bedeuten. Drama und Raum

Die Theaterbühne ist ein Ort, an dem imaginäre Räume erschaffen werden. Privatgemächer, Lustschlösser, Verliese, Schlachtfelder, ja Himmel und Hölle sind mehr als Schauplätze des dramatischen Geschehens: Die Bühne bietet einen Schau-Raum für die Ordnung der Welt. Weltbild, Theaterraum, Bühnenbild und dramatischer Raum stehen in einem komplexen Verhältnis, das es in diesem Seminar zu untersuchen gilt. Dabei wird der Mediendifferenz von Aufführung und Text eine besondere Bedeutung beigemessen und die Intermedialität berücksichtigt, die in der Referenz des dramatischen Textes auf den theatralen Raum entsteht. Nach einer Einführung in ausgewählte raumtheoretische Positionen werden Dramen von Gryphius, Lessing, Schiller, Ibsen und Handke gelesen.

 

Sommersemester 2013

Proseminar 2 / GLW 2

Politisches Theater im 20. Jahrhundert

Das Seminar wird zunächst diskutieren, was politisches Theater eigentlich ausmacht: Politische Themen auf der Bühne oder eine bestimmte Ästhetik? Handelt es sich um ein Theater, das eine konkrete Veränderung politischer Verhältnisse bewirken oder um eines, das allgemein zum politischen Denken erziehen will? Ist Theater nicht per se politisch und was ist das Politische überhaupt? Und nicht zuletzt: Wie wird das Politische ästhetisch erzeugt und in Szene gesetzt?

Anhand ausgewählter theoretischer Texte von Erwin Piscator, Bertolt Brecht, Hans-Thies Lehmann und Jacques Rancière werden wir uns verschiedenen Begriffen des Politischen und des politischen Theaters nähern. Folgt man Piscator, der in den 1920-er Jahren den Begriff des politischen Theaters entwickelt, muss „die Kunst Mittel im Klassenkampf sein“, ja wird konkret zur Wahlkampfhilfe für die KPD. Diese Vorstellung des Politischen wäre Brecht zu eng: Ihm geht es nicht um konkrete Verhaltensanleitungen in bestimmten historischen Situationen, sondern darum, das Publikum zu einem „eingreifenden Denken“ anzuregen. Entscheidend sind die ästhetischen Mittel, deren sich Brecht bedient: Die historische Situation soll als veränderlich wahrgenommen werden, indem das Vertraute unterbrochen wird. Weniger der Inhalt, vielmehr die Form zeigt sich als maßgeblich für die Definition des politischen Theaters. Die Figur der Unterbrechung, des Bruchs, des Risses als Kennzeichen des Politischen findet sich auch bei Lehmann und Ranciére wieder. Im Mittelpunkt der Seminardiskussion werden eben jene ästhetischen Mittel stehen, die im Text wie auf der Bühne verbindliche Darstellungs- und Wahrnehmungsmuster irritieren, Widersprüche produzieren und das Publikum aktivieren. Gelesen werden Dramen und Theatertexte von Bertolt Brecht, Rolf Hochhuth, Peter Handke, Heiner Müller, Elfriede Jelinek, Urs Widmer und René Pollesch.

 

Wintersemester 2011/2012

Proseminar 1 / GLW 1

Einführung in die Neuere deutsche Literaturwissenschaft (Prosa)

Anhand ausgewählter Prosatexte wird in Grundbegriffe und Methoden des literaturwissenschaftlichen Arbeitens eingeführt. Ein weiterer Schwerpunkt des Seminars liegt auf der Erarbeitung und Erprobung zentraler literaturtheoretischer Positionen.

Proseminar 2/GLW 2

Autorschaft. Theorien und literarische Inszenierungen

Ein Autor ist der geistige Urheber von Texten. Über die Frage, ob und wie die Kategorie „Autor“ darüber hinaus in die Interpretation literarischer Texte einbezogen werden sollte, debattiert die Literaturwissenschaft seit den 1960er Jahren kontrovers: Ist der Autor tot oder lange schon zurückgekehrt? Soll er lediglich als literaturhistorische Ordnungsfunktion dienen oder ist er eine unverzichtbare Kategorie hermeneutischen Textverstehens? Wie verweisen Texte überhaupt auf ihren Autor? Im Seminar werden zunächst verschiedene zentrale Positionen zur Autorschaft erarbeitet und kritisch hinterfragt, die vom „Tod des Autors“ (Roland Barthes, Michel Foucault) über seine „implizite“ Rettung (Wayne C. Booth) bis hin zu seiner „Rückkehr“ (Fotis Jannidis) reichen. Vor diesem Hintergrund sollen anschließend solche Texte der Gegenwartsliteratur diskutiert werden, die Autorschaft in besonderer Weise inszenieren und reflektieren. Gefragt wird zum einen nach den literarischen Strategien, die zur narrativen Erzeugung, Autorisation und Authentifizierung eines Autorbildes beitragen, und zum anderen nach den Rückschlüssen auf zeitgenössische poetologische Konzeptionen von Autorschaft. Nicht zuletzt wird der Zusammenhang von Geschlecht und Autorschaft zu beleuchten sein. Gelesen werden dramatische und narrative Texte u.a. von Elfriede Jelinek, Juli Zeh, Günter Grass, Christian Kracht, Thomas Glavinic und Wolf Haas.

Literatur zur Einführung: Texte zur Theorie der Autorschaft, hg. u. komm. von Fotis Jannidis u.a., Stuttgart 2000.

 

Sommersemester 2011

Proseminar I/GLW1

Einführung in die Neuere deutsche Literaturwissenschaft (Drama)

Das Seminar führt in die Analyse und Interpretation von Dramen ein. Dazu werden verschiedene literaturwissenschaftliche Methoden und Theorien erarbeitet und erprobt. Gelesen werden Dramen u.a. von Lessing, Goethe, Schiller, Büchner und Brecht.

Hauptseminar

Intertextualität. Theorien und Textanalysen

Intertextualität ist der Oberbegriff für verschiedene Bezugs-Modelle zwischen einem Text und anderen Texten. Ist ein Text ohne Bezug auf die Gesamtheit der anderen Texte einer Kultur überhaupt denkbar? Wie kann man sich solche Text-Text-Bezüge konkret vorstellen? Und wer stellt diese Bezüge überhaupt her – der Text, der Autor oder der Leser?

Julia Kristeva, die 1967 den Begriff der Intertextualität entwickelt, versteht jeden Text als ein „Mosaik von Zitaten“. Mit einem solchen Konzept entgrenzter, universaler Intertextualität geht eine radikale Abkehr von der Intention des Autors einher: Nicht der Autor beherrscht als Instanz der Bedeutungsgebung den Text, sondern der Text produziert Bedeutung in einer dynamischen Interaktion mit anderen Texten. Andere Intertextualitätsmodelle werten den Autor wiederum auf, indem sie Texte als Austragungsort ödipaler Konflikte eines Autors mit seinen literarischen Vorgängern verstehen (Harold Bloom). Damit wird die subjektlose Beziehung zwischen Texten repersonalisiert und der entgrenzte Textbegriff auf die Relation eines Textes zu spezifischen Prätexten begrenzt. Einer solchen Konzeption, die Intertextualität als linearen und nicht zuletzt machtbesetzten Einfluss denkt – von weißen, männlichen, heteronormativen Autoren auf die Literatur von Minderheiten und Autorinnen –, widersprechen wiederum postkolonialistische, gender- und queertheoretisch orientierte Ansätze, die Intertextualität gerade als machtkritische, dynamische Interaktion entwerfen.

Das Seminar nimmt zum Einen die Theoriegeschichte der Intertextualität in den Blick (u.a. Michail Bachtin, Julia Kristeva, Roland Barthes, Harold Bloom, Gerard Genette) und fragt zum Anderen nach der literaturwissenschaftlichen Produktivität solcher Theorien. Anhand von literarischen Texten (u.a. von Bertolt Brecht, Günter Grass, Elfriede Jelinek) werden wir konkrete intertextuelle Bezüge analysieren und diskutieren.

 

Wintersemester 2010/2011

Proseminar I
Einführung in die Neuere deutsche Literaturwissenschaft (Drama)
Das Seminar führt in die Analyse und Interpretation von Dramen ein. Dazu werden verschiedene literaturwissenschaftliche Methoden und Theorien erarbeitet und erprobt. Gelesen werden Dramen u.a. von G. E. Lessing, F. Schiller, G. Hauptmann, B. Brecht und E. Jelinek.

Proseminar II
Gotthold Ephraim Lessing
„Der Stufen sind viel, die eine werdende Bühne bis zum Gipfel der Vollkommenheit zu durchsteigen hat; aber eine verderbte Bühne ist von dieser Höhe, natürlicherweise, noch weiter entfernt: und ich fürchte sehr, daß die deutsche mehr dieses als jenes ist.“ Solche Befürchtungen hegt Lessing kurz vor der Eröffnung des Deutschen Nationaltheaters in Hamburg am 22. April 1767: Noch mangelt es an guten Stücken, fehlt eine geregelte Schauspielkunst und besteht ein fragwürdiger Publikumsgeschmack. Die Schaubühne wird zu einem Experimentierfeld für ‚neue’ Theaterformen (etwa das ‚Bürgerliche Trauerspiel’) und schauspielerische Darstellungsweisen. Lessing treibt diesen Entwicklungsprozess der deutschen Schaubühne voran – nicht nur als Autor dramatischer Texte, sondern auch als Schauspieltheoretiker, Dramaturg und Theaterkritiker. Das Seminar wird nach eben dieser Verbindung von literarischen Texten und Theaterpraxis fragen. Im Mittelpunkt werden die bekanntesten Dramen Lessings – Miß Sara Sampson, Emilia Galotti, Minna von Barnhelm und Nathan der Weise – stehen, die vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Dramentheorie und Theorien zur Schauspielpraxis gelesen werden.

Literatur zur Einführung
Monika Fick: Lessing Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. 2. Aufl. Stuttgart, Weimar 2004. Wolfgang F. Bender (Hg.): Schauspielkunst im 18. Jahrhundert. Grundlagen, Praxis, Autoren. Stuttgart 1992.

 

Sommersemester 2010

Proseminar I

Einführung in die neuere deutsche Literaturwissenschaft (Prosa)

Anhand ausgewählter Prosatexte (u.a. von H. Kleist, J. P. Hebel, E.T.A. Hoffmann, G. Büchner, G. Heym und F. Kafka) wird in Grundbegriffe und Methoden des literaturwissenschaftlichen Arbeitens eingeführt.

Proseminar II
Rhetorik und Geschlechterdifferenz im 18. Jahrhundert
Das Seminar wird das Verhältnis von Rhetorik und Geschlechterdifferenz in ausgewählten Reden, Dramen und Erzählungen des 18. Jahrhunderts thematisieren. Die Gender Studies begreifen ‚Geschlecht’ nicht als biologisch gegeben, sondern als Effekt kultureller Bedeutungszuschreibungen. Die literaturwissenschaftlichen Gender Studies untersuchen die Art und Weise, in der solche Zuschreibungen, Wahrnehmungsmuster und Bilder in literarischen Texten sprachlich vermittelt werden. Gerade das 18. Jahrhundert bietet sich als Untersuchungszeitraum an: Mit der Neukonzeption der Geschlechterordnung und der Ausdifferenzierung antagonistisch gedachter Geschlechtscharaktere im 18. Jahrhundert geht die Vorstellung verschiedener ‚natürlicher’ Redeweisen des Mannes und der Frau einher. Das Seminar fragt sowohl nach der literarischen Repräsentation weiblicher und männlicher Rede, als auch nach der rhetorischen Verfasstheit traditioneller Geschlechterbilder. Ausgehend von einführenden Texten in die Gender Studies und die gender-orientierte Rhetorikforschung werden wir unsere Fragestellung erarbeiten. Im Mittelpunkt stehen Texte von J. W. Blaufus, G. E. Lessing, J. E. Schlegel, S. La Roche und J. W. Goethe.

 

Wintersemester 2006/07 (WWU Münster)

Proseminar I
Einführung in die Analyse und Interpretation literarischer Texte:
E. T. A. Hoffmanns Nachtstücke

Die 1817 im Band Nachtstücke veröffentlichten Erzählungen von E. T. A. Hoffmann beleuchten das Dunkle, Unheimliche und Dämonische der menschlichen Existenz. Wer jedoch von „Verhexungen, Zauberbildern, Spiegeln und andern unsinnigen abergläubischen Fantastereien längst verjährter alberner Zeit“ nichts wissen will, dem kann entgegnet werden: „[K]eine Zeit kann verjähren und noch viel weniger hat es jemals eine alberne Zeit gegeben, wenn wir nicht etwa jede Zeit, in der Menschen zu denken sich unterfangen mögen, mithin auch die unsrige, für albern erkennen wollen“ (Das öde Haus). Werfen wir also einen Blick auf jene „Fantastereien“ der Romantik! Ziel des Seminars ist es, am Beispiel ausgewählter Erzählungen von E. T. A. Hoffmann verschiedene grundlegende Analyse- und Interpretationsmethoden der Literaturwissenschaft (Hermeneutik, Strukturalismus, Diskursanalyse, Psychoanalyse, Gender Studies) zu erarbeiten, zu erproben und zu diskutieren.

 

Sommersemester 2005 (WWU Münster)

Proseminar II
Groteske Postmoderne
Groteske Mischwesen mit überdimensionierten Körperteilen, seltsamen Verzerrungen oder zerstückelten Körpern treiben in der Literatur ihr Unwesen. Unbehagen zwischen Lachen und Grauen stellt sich ein. Das Groteske ist gestaltete Ungestalt, es setzt binäre Oppositionen außer Kraft. Laut Michail Bachtin hat das Groteske gesellschaftskritisches Potential, da es Hierarchien verkehrt, Grenzübertretungen inszeniert und so die Normen der herrschenden Ordnung in Frage stellt. Damit hat Bachtin bereits in den 1930er Jahren zentrale Denkfiguren der Postmoderne vorweggenommen. Das Seminar erarbeitet zunächst theoretische Konzeptionen des Grotesken (M. Bachtin, W. Kayser, P. Fuß) und nimmt das Groteske schließlich als Medium des kulturellen Wandels in postmoderner Literatur in den Blick. Hier werden groteske Figuren nicht nur Krisen markieren, sondern auch Utopien aufzeigen. Gelesen werden Romane von K. Schmidt, E. Jelinek, K. Duve und U. Widmer.