Rasante technologische Entwicklungen, etwa bei der künstlichen Intelligenz oder synthetischen Biologie, sind mit hohen Erwartungen verbunden, aber auch mit potenziell schwerwiegenden Folgen für gesellschaftlich und wirtschaftlich relevante Bereiche. Gleichzeitig wird immer deutlicher, dass globale Umweltentwicklungen wie Klimawandel, Verlust der biologischen Vielfalt oder chemische Verschmutzung rasch voranschreiten. Die Spannung zwischen dem positiven Potenzial technologischer Entwicklungen und ihren möglichen negativen Folgen schafft Unsicherheiten und verstärkt gesellschaftliche Kontroversen. Infolgedessen ist das Bedürfnis nach ethischer Orientierung gewachsen. Dies gilt auch für die Frage, wie solche Herausforderungen auf politischer Ebene angegangen und geregelt werden können.
Das Projekt konzentriert sich auf Ethikberatung in öffentlichen Verwaltungen. Es wird als Kooperation zwischen Simon Meisch (Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften, IZEW), Andreas Bachmann (Bundesamt für Umwelt, BAFU, CH) und Ariane Willemsen (Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich, EKAH) durchgeführt. Die beiden Schweizer Partner*innen sind innerhalb ihrer Bundesbehörden für die Ethikberatung zuständig. Im Fokus der Zusammenarbeit stehen die beiden Fragen: Welche Kompetenzen brauchen Menschen, die in öffentlichen Verwaltungen Ethikberatung betreiben? Wie kann die universitäre Ethiklehre solche Kompetenzen fördern? Beispielhaft zu nennen wären u.a. interdisziplinäres Denken, weil unterschiedliche Wissensbestände in ethischen Urteilen relevant sind; kritisches Denken, weil unterschiedliche moralische Aussagen erkannt und eingeordnet werden müssen; systemisches Denken, weil Ethik in öffentlichen Verwaltungen immer auch in einem spezifischen Regelkontext stattfindet.
Das innovative Potenzial des Projekts besteht darin, dass es sich damit einem Berufsfeld widmet, das in der universitären Ethiklehre bisher kaum eine Rolle spielt, für öffentliche Verwaltungen aber eine große Bedeutung besitzt. Zugleich ist davon auszugehen, dass auch die akademische (anwendungsorientierte) Ethik mit ihren zahlreichen inter- und transdisziplinären Bezügen von der Beschäftigung mit den Herausforderungen dieses Berufsfeldes konzeptionell, methodisch und didaktisch profitieren kann. Die zu erwerbenden Kompetenzen sind über das Berufsfeld ›öffentliche Verwaltungen‹ hinaus auch für Menschen relevant, die im Rahmen von zivilgesellschaftlichen Organisationen (NGOs) Politikberatung betreiben. Darüber hinaus verknüpft das Projekt aktuelles Forschungswissen mit der Berufspraxis und bietet somit auch Transferpotential für die Wissenschaftliche Weiterbildung.