In einer Bioökonomie soll der Gebrauch fossiler Rohstoffe durch Biomasse ersetzt werden. Diese im globalen Norden politisch forcierte Vision scheint auf den ersten Blick das Streben nach einer Stärkung der Landwirtschaft in einem Land in Subsahara-Afrika wie Tansania gut zu ergänzen. Die in Tansania verfügbaren landwirtschaftlich nutzbaren Flächen könnten für eine nachhaltige Biomasseproduktion genutzt werden, um den zusätzlichen globalen Bedarf an Biomasse zu decken, welcher aus der Transformation zur Bioökonomie resultiert. Länder, die reich an Biomasse sind, könnten diese Ressource nutzen, um ihren Agrarsektor zu stärken und ihre Wirtschaft zu diversifizieren, indem sie Biomasse zu höherwertigeren Produkten verarbeiten.
Ein solches „Win-Win-Narrativ“ ist sowohl in Diskursen des Globalen Nordens als auch in denen Subsahara-Afrikas verbreitet. In BATATA gehen wir der Frage nach, ob dieses Narrativ eine ethisch rechtfertigbare Strategie für eine sozio-ökologische Transformation für ein an Biomasse reiches Land wie Tansania beinhaltet. Hierzu untersuchen wir mit den Methoden einer gekoppelten ethisch-empirischen Analyse folgende Fragen:
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Wer genau unterstützt in Tansania das „Win-Win-Narrativ“?
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Gibt es weitere Visionen der Bioökonomie, d. h. wünschenswerte Konzepte einer Wirtschaftsweise, in der Biomasse die wesentliche Ressource darstellt, welche von tansanischen Stakeholdern vertreten werden?
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Wenn es lokale Visionen der Bioökonomie gibt, wer unterstützt diese und inwieweit gelingt es, diese Ideen in öffentliche Diskurse einzubringen?
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Wenn es mehrere lokale Visionen der Bioökonomie gibt, enthalten sie einander widersprechende ethische Annahmen?
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Wenn diese Visionen einander in ihren ethischen Hintergrundvorstellungen widersprechen, wie können diese ethischen Vorstellungen jeweils begründet werden?
Ziel des Projektes BATATA ist es, tansanische Visionen einer nachhaltigen Bioökonomie zu identifizieren, die weder im globalen noch im emergierenden nationalen Diskurs über sozial-ökologische Transformationen politische Wirksamkeit erlangen, obwohl sie auf der Basis von weithin anerkannten ethischen Grundannahmen begründbar sind.
Methoden
„Bioökonomie“ ist bislang kein fest verankertes Konzept in der tansanischen Politik. Allerdings haben sich die Auswirkungen des globalen Diskurses zu Bioökonomie bereits vor Ort manifestiert. Deshalb wird im Rahmen von BATATA eine Diskursanalyse in Verbindung mit einer philosophischen Argumentationsanalyse durchgeführt, die sich auf folgende beiden Aspekte in tansanischen Diskursen konzentriert:
- Einsatz von genetisch modifiziertem Saatgut und
- Vorstellungen von Landnutzung
Mittels der Diskursanalyse werden Visionen der unterschiedlichen Stakeholder identifiziert und politische Prozesse untersucht, in denen diese Visionen politische Wirksamkeit entfalten. Durch die Argumentationsanalysen werden ethische Begründungen für die Erwünschtheit der einzelnen Visionen rekonstruiert und mögliche Konflikte zwischen diesen im Hinblick auf die vorausgesetzten ethischen Annahmen analysiert. Darüber hinaus wird BATATA auf Grundlage von Theorien der politischen Philosophie diskutieren, in welchem Verhältnis Visionen einer nachhaltigen Bioökonomie mit den Idealen globaler Gerechtigkeit stehen.
Angestrebte Ergebnisse
BATATA soll zum einen das bestehende Wissen darüber, wie eine nachhaltige Bioökonomie aussehen könnte, erweitern. Zum anderen soll es zu einem systematischen Überblick über mögliche Meinungsverschiedenheiten darüber, wie eine nachhaltige Bioökonomie aussehen sollte, beitragen.
Indem das Vorhaben politisch subdominante Auffassungen von wünschenswerten Zielen der sozial-ökologischen Transformationsprozesse eruiert und ihre ethischen Begründungen explizit macht, soll es die Befürworter*innen dieser Auffassungen dabei befähigen, in nationale und globale Diskurse über die Richtung sozial-ökologischer Transformationen eingebunden zu werden.