Die Täufer
Fremdwahrnehmung und Selbstbilder im 16.–17. Jahrhundert
Tübingen, Theologicum, 01.-03.10.2021
Gefangennahme einer nächtlichen Täuferversammlung nahe Zürich 5.9.1574 aus Wickiana Bd. 12 Zentralbibliothek Zürich Ms. F 23 S.393-394
Rund um das Jahr 2017 rückten in vielfältiger Weise die Reformation des 16. Jahrhunderts und ihre beabsichtigten und unbeabsichtigten Wirkungen in das Blickfeld einer interessierten Öffentlichkeit, der Kirchen und nicht zuletzt auch der Wissenschaft. Die Täuferbewegung jedoch, die in der Reformation ihren Ursprung hat und deren Geschichte bis in die Gegenwart reicht, stand dabei kaum im Fokus – weder in der Öffentlichkeit noch in der Wissenschaft. Die Initiative „Gewagt! 500 Jahre Täuferbewegung 1525–2025“, getragen von Kirchen der täuferischen Tradition und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, möchte demgegenüber die Täufer in Geschichte und Gegenwart aus dem Schatten der großen kirchlichen Konfessionen holen. Der äußere Anlass ist die erste täuferische Glaubenstaufe 1525 in der Schweiz. Als religiös und gesellschaftlich nonkonformistische Minderheit wurden die Täufer zunächst vielfach verfolgt. Sie konnten gleichwohl eigene Netzwerke und kirchliche Strukturen herausbilden und sich im Fortgang der Frühen Neuzeit schließlich mehr und mehr als tolerierte Minderheit etablieren. Insofern lassen sich aus ihrer Geschichte vielfältige Anstöße für das Miteinander in einer pluralen und multireligiösen Gesellschaft sowie für die christliche Ökumene gewinnen.
In diesem Horizont – thematisch und zeitlich gewissermaßen zwischen 1517 / 2017 und 1525 / 2025 – findet am 01.-03. Oktober 2021 unter dem Titel „Die Täufer – Fremdwahrnehmung und Selbstbilder im 16.–17. Jahrhundert“ eine wissenschaftliche Tagung in Tübingen statt, die einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich sein soll. Dem ökumenischen Zugang und der inhaltlichen Ausrichtung auf Fremdwahrnehmung und Selbstbilder entsprechend, wird die Tagung in gemeinsamer Verantwortung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit mennonitischer (PD Dr. Astrid von Schlachta), baptistischer (Prof. Dr. Andrea Strübind) und evangelisch-landeskirchlicher (Dr. Jonathan Reinert) Prägung organisiert.
Das übergeordnete Ziel der Tagung ist es, die verstreute deutschsprachige Täuferforschung zur Frühen Neuzeit zu bündeln und ihr durch die Zuspitzung auf die Perspektive der Selbstbilder und der Fremdwahrnehmung neue Impulse zu verleihen. Dabei steht nicht die Frühzeit in den Regionen der Eidgenossenschaft und Mitteldeutschlands der 1520er Jahre im Fokus, die bereits gut erforscht ist. Vielmehr ist bewusst der Horizont sowohl zeitlich als auch regional weiter gespannt: Die Tagung führt durch die Zeit der Reformation und der Konfessionsbildung bis ans Ende des 17. Jahrhunderts und nimmt die europäische Ausstrahlung der Täuferbewegung und ihrer Netzwerke in den Blick.
Häufig stehen die Perspektive der Innensicht (Selbstbilder) und die Perspektive von außen (Fremdwahrnehmung) einander gegenüber. Der Tagung geht es darum, beide Perspektiven miteinander ins Gespräch zu bringen und aufeinander zu beziehen, ohne sie auf einer höheren Ebene miteinander zu verschmelzen zu suchen oder gegeneinander auszuspielen. Die wechselseitige Bezugnahme auf Selbstbilder und Fremdwahrnehmung stellt den gemeinsamen methodischen Zugriff aller Vorträge dar.
Hinter dem methodisch-reflexiven Zugang zur Geschichte der Täufer durch die differenzierte Perspektivierung steht nicht zuletzt die Situation, dass diese Perspektiven in den entsprechenden kirchlichen Konfessionen bis heute in gewisser Hinsicht mit identitätsbildend wirken. Dieser aktuelle Horizont wird durch eine abendliche Podiumsdiskussion und einen ökumenischen Gottesdienst unter Einbezug der Kirchen aufgenommen, um den institutionellen und lebensweltlichen Kontext des Tagungsinhaltes zu integrieren.
Leitung:
- Dr. Jonathan Reinert
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Spätmittelalter und Reformation der Uni Tübingen; Geschäftsführer des Evangelischen Bundes Württemberg - PD Dr. Astrid von Schlachta
Leiterin der Mennonitischen Forschungsstelle; 1. Vorsitzende des Vereins „500 Jahre Täuferbewegung 2025 e.V.“; 2. Vorsitzende des Vereins für Freikirchenforschung; Privatdozentin an der Uni Regensburg - Prof. Dr. Andrea Strübind
Professorin für Kirchengeschichte und Historische Theologie an der Uni Oldenburg; Vorsitzende der Gesellschaft für Freikirchliche Theologie und Publizistik
Tagungsprogramm:
Tagungsformat:
Die Tagung wird angesichts der allgemeinen Lage als Hybrid-Tagung geplant. Die Beitragenden werden in Präsenz in Tübingen sein, für alle Interessierten wird es zumindest einen digitalen Zugang (Livestream oder Videokonferenz) geben. Ob und wenn ja, wieviele Gäste persönlich in Tübingen anwesend sein können, kann nur kurzfristig aufgrund der dann geltenden Regelungen festgelegt werden.
Anmeldung (formlos) an: jonathan.reinert @uni-tuebingen.de
Bitte geben Sie bei der Anmeldung neben Ihrem Namen auch an, ob Sie in Präsenz anwesend sein wöllten, sofern die Möglichkeit gegeben wäre. In jedem Fall werden Ihnen wenige Tage vor Veranstaltungsbeginn die Online-Zugangsdaten geschickt.
Tagungsort:
Theologicum, Eberhard Karls Universität, Liebermeisterstr. 12, 72076 Tübingen