Institut für Kriminologie

Gemeinnützige Arbeit

Zu den vergleichsweise "kleineren" Projekten, an denen neben dem Institutsdirektor im wesentlichen nur ein wissenschaftlicher Mitarbeiter beteiligt ist, zählt das Projekt Gemeinnützige Arbeit in der Strafrechtspflege Baden-Württembergs. Ziel dieser im Auftrag des Justizministeriums von Baden-Württemberg durchgeführten Untersuchung ist ein Gutachten zu Chancen und Grenzen der Einführung von gemeinnütziger Arbeit als selbständiger Sanktion in das Allgemeine Strafrecht. Zentraler Ausgangspunkt ist zunächst eine deskriptive Bestandsaufnahme der schon praktizierten Verhängung von gemeinnütziger Arbeit im Zusammenhang mit der vorläufigen Einstellung des Verfahrens gem. § 153 a StPO durch die Staatsanwaltschaft oder durch Gerichte als Bewährungsauflage gem. § 56 b StGB bzw. als "Freie Arbeit" zum Zwecke der Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen und die dabei gemachten Erfahrungen. Als notwendige Hintergrundinformation dieser Bestandsaufnahme wurden einige Grundstrukturen des Praxishandelns im Bereich der Geld- und Freiheitsstrafen sowie dem der Geldbußen in Form einer staatsanwaltlichen oder gerichtlichen Auflage bei Verfahrenseinstellung oder der Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung auf dem Niveau der Landgerichtsbezirke erarbeitet.

Die Untersuchung stützt sich u.a. auf die Auswertung von Rohdatenbändern zu den Geschäftsstatistiken der Staatsanwaltschaften und Gerichte, zur Strafverfolgungsstatistik, sowie auf Sondererhebungen der Gerichtshelfer (oder der Rechtspfleger) im Zusammenhang mit der Abarbeitungsmöglichkeit uneinbringlich gewordener Geldstrafen. Außerdem wurde eine Vollerhebung der auf amtlichen Zählkarten dokumentierten Anwendungsfälle von gemeinnütziger Arbeit über einen Zeitraum von vier Monaten durchgeführt. Ergänzt wird diese Datenauswertung durch persönliche Rückfragen bei Praktikern, die noch durch eine systematische Befragung in einzelnen Landgerichtsbezirken bzw. Staatsanwaltschaften vervollständigt werden soll.

Neben diesen selbst bearbeiteten empirischen Aspekten werden im Rahmen dieses Projekts auch die Verfassungs-, bzw. Menschenrechtsproblematik einer "Arbeitsstrafe" sowie einige Erfahrungen mit der Gemeinnützigen Arbeit ("community service order") im internationalen Vergleich diskutiert.

Gewissermaßen als Nebenprodukt - und für die kriminologische Forschung gleichwohl von zentraler Bedeutung - lassen die bisherigen Ergebnisse der Datenauswertung erneute Zweifel an der Zuverlässigkeit der Erhebungen zu bestimmten Justizstatistiken aufkommen und Logiken der Datenerzeugung vermuten, die eher von sozialen und organisatorischen Problemen oder der Zählkartengestaltung als von Regeln der bürokratischen Rationalität gesteuert werden.

Zur weiteren Aufklärung dieser Fragen wäre eine Aktenanalyse notwendig, die im Rahmen dieses Projekts allerdings nicht geleistet werden kann.