Orte
Bukchon Hanok Village
Das Bukchon Hanok Village ist ein traditionelles koreanisches Wohnviertel im Herzen von Seoul, eingebettet zwischen den historischen Palästen Gyeongbokgung im Westen und Changdeokgung im Osten. Der Name „Bukchon“ bedeutet wörtlich „nördliches Dorf“ und verweist gemeinsam mit dem Begriff „Hanok“ – traditionelle koreanische Häuser – auf die ursprüngliche Nutzung des Gebiets. Das Viertel war über Jahrhunderte hinweg das Wohngebiet der aristokratischen Oberschicht in Hanyang, dem alten Namen für Seoul (Wu et al., 2017, S.482).
Heute gilt das Bukchon Hanok Village mit über 900 erhaltenen Hanoks als ein besonders gutes Beispiel für traditionelle koreanische Bauweise. Gleichzeitig hat sich das Viertel zu einem beliebten Ausflugsziel entwickelt, das Tradition und Moderne auf gelungene Weise verbindet. Die Hanok-Häuser werden dabei auf vielfältige Weise genutzt: Neben ihrer Funktion als Wohnhäuser dienen viele inzwischen als Hotels, Cafés, Galerien, Souvenirshops oder Kulturzentren. Heute zählt es zu den beliebten Touristenzielen. Für die erfolgreichen Maßnahmen zur Erhaltung des Viertels wurde Bukchon 2009 mit dem UNESCO Asia Pacific Heritage Award ausgezeichnet (Mat Radzuan, Inho, & Ahmad, 2015, S.179).
Gamcheon Culture Village
Das Gamcheon Culture Village befindet sich im Südwesten von Busan, an den steilen Hängen des Cheonma-San-Bergs. Was heute als „Koreas Santorini“ oder auch als das „Machu Picchu von Korea“ gefeiert wird (siehe Abbildung), war einst ein Armenviertel, das durch den Koreakrieg entstand. Wie Kang et al. (2017, S. 73) beschreiben, suchten in den 1950er Jahren tausende Kriegsflüchtlinge in diesem abgelegenen Gebiet Zuflucht. Gamcheon wurde damals zu einer provisorischen Zuflucht für besonders einkommensschwache Bevölkerungsgruppen, die auf den steilen Hängen notdürftige Unterkünfte aus Schrott, Holz und Steinen errichteten (Choi & McNeely, 2018, S.87).
Einen entscheidenden Wendepunkt erlebte Gamcheon im Jahr 2009: Im Rahmen des Projekts „Stadtentwicklung durch Kunst“ wurde das Viertel in ein groß angelegtes, gemeinschaftsbasiertes Revitalisierungsprogramm eingebunden. Wie Choi & McNeely (2018, S. 88–90) betonen, setzte man dabei nicht auf Abriss und Neubau, sondern auf kreative Umnutzung des Bestehenden. Künstlerinnen und Künstler arbeiteten eng mit den Bewohnerinnen und Bewohnern zusammen, um leerstehende Häuser in Galerien zu verwandeln, Fassaden zu bemalen und Kunst im öffentlichen Raum zu schaffen. Projekte wie das „Town Art Project“ (2009), „Miro Miro“ (2010) oder „Double Happiness“ (2012) prägten das neue Erscheinungsbild des Viertels.
Heute ist Gamcheon ein Paradebeispiel für gelungene kulturelle Stadtentwicklung. Laut Kang et al. (2017, S. 75) entwickelte sich das einst vernachlässigte Viertel zu einer der meistbesuchten Touristenattraktionen Busans. Die farbenfrohen Gassen, Fotospots und Cafés ziehen jährlich über eine Million Besucherinnen und Besucher an – ein bemerkenswerter Aufstieg, der zeigt, wie Kunst, Kreativität und bürgerschaftliches Engagement einen Ort nachhaltig verändern können.
Religiöse Orte
Religiöse Orte sind in ganz Südkorea verteilt. Vor allem buddhistische Tempel beziehungsweise Tempelanlagen sind überall zu finden, teilweise bewohnt von Mönchen oder nur Schreine für Gebete. Besucht wurden ein größerer Tempel in Seoul, eine bewohnte Tempelanlage im Seoraksan National Park, einen kleinen Tempel samt Schrein für den Naturgeist des Wassers an der Küste sowie etwas weiter innerhalb eine größere bewohnte Tempelanlage von Gangwon nahe Sokcho, eine Tempelanlage beim Gyeongju National Park, sowie den großen Bulguksa Tempel und abschließend die schönste Tempelanlage bei Busan, den Haedong Yonggung Tempel.
Hongdae
Hongdae befindet sich im Verwaltungsbezirk Mapo-gu in Seoul, im Stadtteil Seogyo-dong, der eine Fläche von 1,65 km² umfasst und rund 29.491 Einwohner beherbergt. Der Name „Hongdae“ leitet sich von „Hongik Daehakkyo“ (Hongik-Universität) und dem koreanischen Wort „ap“ (vor) ab und beschreibt das Gebiet vor dem Haupteingang der renommierten Kunsthochschule (Kim, 2019, S.202). Seit der Gründung der Fakultät im Jahr 1961 bis zu der Eröffnung der ersten Live-Clubs in den 1990er Jahren war Hongdae vor allem als Künstlerstraße bekannt. Mit dem Anschluss an das U-Bahnnetz im Jahr 1984 verlagerte sich jedoch der Schwerpunkt des Viertels zunehmend zur Musik (ebd., S.202-203).
2002 entstand eine 500 m lange Fußgängerzone (걷고싶은거리- „Geotgosipeungeorie“), welche sich rasch zu einem pulsierenden kommerziellen Zentrum entwickelte. Dort und in den angrenzenden Nebenstraßen tummeln sich MusikerInnen und KünstlerInnen sowie zahlreiche Restaurants, Kneipen, Live-Clubs, Cafés und Geschäfte – das Herzstück von Hongdae (ebd., S.203-204). Ab den 2000er-Jahren erlebte Hongdae zudem einen starken Boom, da die zunehmenden Ströme an Musikfans steigende Mieten und eine Umnutzung von Wohnraum zur Folge hatte (ebd., S.215-216). 2015 erließ das Mapo-gu-Office ein Verbot nächtlicher Straßenaufführungen mit Geldstraden ab einem Geräuschpegel über 60 Dezibel zwischen 22 Uhr und 5 Uhr. 2016 wurden zeitgleich mit der Erweiterung der Fußgängerzone auf 930 m mehrere Busking-Zonen mit online reservierbaren Zeitfenstern für KünstlerInnen eingerichtet, darunter eine zentrale Common Stage (ebd., S.219-220).
Gangnam
Der Begriff Gangnam („südlich des Flusses“) bezeichnet heute mehr als die geografische Lage südlich des Han-Flusses in Seoul – er symbolisiert Wohlstand, Macht und ist Zentrum der ökonomischen und gesellschaftlichen Elite Südkoreas (Oh 2018, S. 136). Hier konzentrieren sich einige der teursten Immobilien, der besten Schulen und die luxuriösten Konsumangebote des Landes. Zudem befinden sich in Gangnam u.a große K-Pop-Entertainments und einige der größten Firmen Südkoreas, wie Samsung (ebd., S. 137).
Bis in die 1960er wurde Gangnam landwirtschaftlich genutzt (ebd., S.137). Erst durch die Regierung unter Park Chung Hee begann mit Infrastrukturprojekten wie die Hannam-Brücke der urbane Aufstieg. Obwohl diese Maßnahmen ursprünglich militärischen und wirtschaftlichen Zwecken dienten, bildeten sie den Grundstein für Gangnams Aufstieg. Ein zentrales Instrument war das Yeongdong-Landumlegungsprojekt. Durch dieses Projekt konnte der Staat günstig Land für Infrastrukturprojekte sichern und zugleich den Wert des verbleibenden Landes steigern (ebd., S. 138).
Staatlich gelenkte Urbanisierung und die gezielte Lenkung der Oberschicht nach Gangnam sorgte für eine Ansiedlung von Eliteschulen und Behörden. So entstand eine exklusive, bildungsorientierte Oberschicht (ebd., S. 140-141). Durch besondere Regulairen entwickelte sich Gangnam zum Zentrum der Unterhaltungs-, Bar- und Hotelindustrie. Folglich siedelten sich auch K-Pop-Entertainment und Schönheitskliniken dort an. Die K-Star Road symbolisiert diesen Wandel (ebd., S. 143).
Gangnam ist somit kein Produkt natürlicher urbaner Entwicklung, sondern Ergebnis eines politisch gelenkten Zusammenspiels aus diktatorischer Modernisierung und spekulativem Kapiatlismus. Sein Erscheinungsbild steht sinnbildlich für die soziale Spaltung und den Erfolg eines konsumorientierten, spekulativen Stadtmodells (ebd., S. 144).
Busan + Busan Lotte Mall
Busan ist die zweitgrößte Stadt Südkoreas mit rund 3,6 Millionen Einwohnern und liegt im südöstlichen Teil der koreanischen Halbinsel. Die Stadt gilt als größte Hafenstadt des Landes und beherbergt den weltweit fünftgrößten Containerhafen, über den rund 75% des Gesamtcontainerverkehr im Transitverkehr auf nationaler Ebene (Seo et al., 2015, S.26). Neben der wirtschaftlichen Bedeutung rückt Busan auch durch ein innovatives Stadtentwicklungsprojekt in den Fokus. Das Busan Eco Delta City (EDC) ist ein Stadtentwicklungsprojekt im Stadtbezirk Gangseo-gu, Busan. Es ist Teil eines nationalen Pilotprogrammes zur Entwicklung einer Smart City und wird maßgeblich von der BMCC, Busan Metropolitan Corporation (BMC) und der Korea Water Resources Corporation (K-Water) vorangetrieben (Han & Kim, 2022, S. 8).
Zudem befindet sich in Busan die Lotte Mall im Stadtteil Dongbusan. Dieses großflächige Einkaufs- und Freizeitzentrum vereint Einzelhandel, Gastronomie, verschiedene Freizeit- und Kulturangebote, sowie ein Kino und eine Aussichtsplattform. Zudem befindet sich in der Lotte Mall auch eine K-Pop-Audition Trainings Academy (Lotte Shopping, o. D.). Zusammenfassend steht Busan für eine moderne Großstadt, die den wirtschaftlichen Sektor, Projekte für nachhaltige und innovative Stadtentwicklung, sowie den internationalen Raum miteinander verbindet.
DMZ
Die Demilitarisierte Zone (DMZ) befindet sich entlang des 38. Breitengrads auf der koreanischen Halbinsel und bildet die Grenze zwischen Südkorea und Nordkorea. Zwei Länder, welche sich aktuell noch formal im Krieg miteinander befinden (Hunter, 2013, S. 151). In ihrer Mitte verläuft die sogenannte Militärische Demarkationslinie (MDL), die die tatsächliche militärische Trennungslinie bildet. Die DMZ besitzt dabei sowohl eine symbolische wie auch strategische Bedeutung (Kim & Barber, 2022, S. 2751).
Nach dem Ende des Koreakrieges im Jahr 1953 wurde die DMZ im Rahmen des Waffenstillstandsabkommens zwischen den Streitkräften der Vereinten Nationen – die Südkorea unterstützten – und Nordkorea eingerichtet. Ziel war es, eine direkte militärische Konfrontation zu verhindern. Die Zone ist vier Kilometer breit und zieht sich über eine Länge von 248 Kilometern quer durch die koreanische Halbinsel (Hunter, 2013, S.151).
Heute gilt die DMZ als ein Relikt des Kalten Krieges und zugleich als Denkmal an die Teilung Koreas. Neben der sicherheitspolitischen Rolle hat sie auch eine kulturelle und touristische Funktion übernommen (Hunter, 2013, S.151). Tourismusattraktionen wie der Imjingak-Park ermöglichen es dieser touristischen Funktion nachzugehen (Kim & Barber, 2022, S. 2752).
Myeong-dong
Myeong-dong, eines der bekanntesten Einkaufsviertel Seouls, blickt auf eine lange Geschichte zurück. Während der Chosun-Dynastie (1392–1910) als „Myeongryebang“ gegründet, war es ein Wohngebiet für Beamte und Händler. Ende des 19. Jahrhunderts, siedelten sich hier chinesische und japanische Händler sowie diplomatische Vertretungen an, wodurch Myeong-dong ein frühes politisches und kulturelles Zentrum wurde (ebd., S.163). Es liegt zentral in Seoul und grenzt direkt nördlich an den Namsan Park an. Während der japanischen Kolonialzeit (1910–1945) wurde Myeong-dong ein politisches Zentrum der Kolonialregierung und somit durch den japanischen Einfluss geprägt (ebd., S.164).
Nach den Zerstörungen des Koreakrieges (1950–1953) erlebte Myeong-dong in den 1950/60er Jahren einen kulturellen Aufschwung. Das Viertel wurde zum Treffpunkt für Künstler, Musiker und Intellektuelle, die sich in Dabang Teehäusern versammelten (Oh, 2018, S. 164). In den 1970er Jahren entwickelte sich Myeong-dong zum Symbol jugendlicher Popkultur und in den 1980er-Jahren zum Zentrum der Demokratiebewegung. Die Myeong-dong-Kathedrale diente als Schutzraum für Regimekritiker und ist ein Symbol der politische Bedeutung des Viertels (ebd., S.165).
Seit den 2000er Jahren prägt der Tourismus Myeong-dong. Die Dominanz der Schönheits- und Kosmetikbranche führte zur Transformation von einer Modehochburg hin zur „Beauty-Shopping“-Destination (ebd., S.166). Vor allem japanische und chinesische Touristen bestimmen heute das Straßenbild entlang der sogenannten Cosme-Road (Cosmetics Road) mit Kosmetikläden und Essensständen (ebd., S.168). Heutzutage ist Myeong-dong ein durch Leuchtreklamen und Lautsprecher vor den Geschäften auffallender Stadtteil. Aber auch politisch symbolisch aufgeladene Orte wie die Kathedrale und das Rathaus liegen in Myeong-dong. Es ist diese Vielschichtigkeit, die den Ort so Interessant für Touristen macht.
Literatur
Choi, Y. J., & McNeely, C. L. (2018). A reinvented community: The case of Gamcheon culture village. Sociological Spectrum, 38(2), 86–102.
Han, D., & Kim, J. H. (2022). Multiple smart cities: The case of the Eco Delta City in South Korea. Sustainability, 14(10), 6243. https://doi.org/10.3390/su14106243
Hunter, W. C. (2013). The visual representation of border tourism: Demilitarized Zone (DMZ) and Dokdo in South Korea. International Journal of Tourism Research, 17(2), 151–160. https://doi.org/10.1002/jtr.1973
Kang, I. H., Kim, S. H., & Choei, N. Y. (2017, September). A comparative study on the making of tourist attraction foothill villages: The cases of Gamcheon culture village in Busan, Korea vs. Kitano Ijinkan in Kobe, Japan. In Proceedings of the 2017 International Conference of Asian-Pacific Planning Societies.
Kim, J. (2019). Hongdae, die Musikstraße der koreanischen Indie-Bands und ihre Bedeutung für die koreanische Indie-Musikszene. In M. Ahlers, M. Lücke & M. Rauch (Hrsg.), Musik und Straße. Jahrbuch für Musikwirtschafts- und Musikkulturforschung (S. 173–189). Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26101-6_9
Kim, Y. H., & Barber, N. A. (2021). Tourist’s destination image, place dimensions, and engagement: The Korean Demilitarized Zone (DMZ) and dark tourism. Current Issues in Tourism, 25(17), 2751–2769. https://doi.org/10.1080/13683500.2021.1991896
Lee, D. (2024). Analysis of the potential value of cultural ecosystem services: A case study of Busan City, Republic of Korea. Ecosystem Services, 65, 101596. https://doi.org/10.1016/j.ecoser.2024.101596
Lotte Shopping Co. (o. D.). Departement Store Main Busan. https://global.lotteshopping.com/eng/store/floor?cstrCd=0005
Mat Radzuan, I. S., Inho, S., & Ahmad, Y. (2015). A rethink of the incentives programme in the conservation of South Korea’s historic villages. Journal of Cultural Heritage Management and Sustainable Development, 5(2), 176–201.
Oh, Y. (2021). 5. Cosme Road: K-Beauty and the globalization of Myeong-dong. In Cornell University Press eBooks (S. 162–186). https://doi.org/10.1515/9781501730733-009
Oh, Y. (2021b). K-Star Road. In Cornell University Press eBooks (S. 136–161). https://doi.org/10.7591/cornell/9781501755538.003.0005
Seo, J. K., Cho, M., & Skelton, T. (2015). “Dynamic Busan”: Envisioning a global hub city in Korea. Cities, 46, 26–34. https://doi.org/10.1016/j.cities.2015.03.012
Wu, J., Lee, S. Y., Lee, J. Y., & Lee, E. Y. (2017). An exploration of tourist’s subjectivity toward destination image using Q method: Focused on Samcheongdong-gil Road and Bukchon Hanok Village in Seoul. In Proceedings of WCBM 2017, 468.