Institut für Astronomie & Astrophysik

Ausgewählte wissenschaftliche Ergebnisse der ersten ORFEUS Mission

Während der ersten ORFEUS-SPAS-Mission konnten wir von mehr als 50 Himmelsobjekten (hauptsächlich Sternen) verwertbare Spektren gewinnen. ORFEUS arbeitet in dem bis dahin sehr wenig beobachteten Fern- und Extrem-Ultraviolett-Spektralbereich (FUV, EUV), der aufgrund der vollständigen Absorption in der Erdatmosphäre nur vom Weltraum aus zugänglich ist. ORFEUS übertraf alle wichtigen früheren Missionen in diesem Wellenlängenbereich. Der in den frühen 70er-Jahren geflogene COPERNICUS-Satellit war auf helle Objekte von mindestens 5. Magnitude beschränkt, während ORFEUS bei etwas geringerer spektraler Auflösung etwa 100-fach schwächere Objekte beobachten konnte. Das Hopkins Ultraviolet Telescope HUT, das 1990 mit dem Space Shuttle flog, war zwar etwas empfindlicher, aber seine spektrale Auflösung war etwa um das 10-fache niedriger als die von ORFEUS.

Spektrale Auflösung ist von entscheidender Bedeutung, weil hunderte von Resonanz-Absorptionslinien von molekularem Wasserstoff und von den häufigsten Atomsorten wie Wasserstoff, Helium, Sauerstoff, Stickstoff, Phophor usw. nur im FUV- und EUV-Bereich zu finden sind. Diese Linien liegen so dicht gedrängt in diesem Bereich, dass nur eine starke Aufweitung der Spektralfarben ("Farben" im übertragenen Sinn) helfen kann, den Absorptionseinfluss der verschiedenen Atomsorten zu unterscheiden.

Fast alle Spektren, die wir mit ORFEUS erhielten, waren die bis dahin einzigen Beobachtungen dieser Objekte in diesem Wellenlängenbereich.

Interstellare Materie

In Richtung des BL Lac Objects PKS 2155-304, eines aktiven galaktischen Kerns in 2 Milliarden Lichtjahren Entfernung, konnte zum ersten Mal die Existenz einer intergalaktische Wasserstoffwolke definitiv bestätigt werden: Zusätzlich zu den erwarteten interstellaren Absorptionslinien entdeckten wir auch die von höheren Quantenzahlen stammenden Gegenstücke zur intergalaktischen Lyman-Alpha-Linie, welche bereits früher mit IUE und HST entdeckt worden waren. Aus den Lyman-Diskontinuitäten berechnet sich für drei der rotverschobenen Wolken eine gemeinsame Säulendichte von 2-5x1016 cm-2, während die Säulendichte einer weiteren Wolke anscheinend deutlich unter 5x1015 cm-2 liegt. Ein weiters wichtiges Ergebnis dieser Messung ist, dass wir keine signifikante Absorption von 5-fach ionisiertem Sauerstoff, O VI, entdecken konnten. Die resultiernde obere Grenze für die Säulendichte dieser heißen Gaskomponente liegt damit deutlich unter dem von dem Galaktischen Fontänen-Modell vorhergesagten Wert für das heiße Halo-Gas.

Zum ersten Mal konnten wir interstellaren molekularen Wasserstoff quer durch unsere Galaxie, im Halo der Galaxie und in der Großen und der Kleinen Magellanschen Wolke nachweisen. Das Wissen über molekularen Wasserstoff ist von besonderer Bedeutung für die Bestimmung der Gesamtmasse unseres Milchstraßensystems, weil dieser - neben atomarem Wasserstoff - die bei weitem häufigste Art im interstellaren Gas ist. Häufigkeits- und Geschwindigkeits-Analysen der Lyman- und Werner-Banden von H2 geben uns zusätzliche Einsicht in Struktur, Dichte, Temperatur, Entwicklung und Zusammensetzung des interstellaren Gases.

Kataklysmische Variable

Es konnten zwei FUV-Spektren des Kataklysmischen Variablen VW Hyi gewonnen werden - während und kurz nach einem Ausbruch. Ein IUE-Spektrum wurde gleichzeitig mit der zweiten ORFEUS-Messung aufgenommen. Dies gibt uns neue Einsichten in den Mechanismus, der zu dieser plötzlichen Verstärkung der Strahlung führt, weil wir das Phänomen im Licht von vielen neu beobachteten diagnostischen Absorptionslinien wie C II und III, N III, O VI, S IV und VI, P V und anderen messen können. Die Spektren ermöglichen es zum ersten Mal, die Absorptionslinien-Komponenten von der Akkretionsscheibe und dem Wind des Systems zu trennen. Eines der bemerkenswerten Resultate war, dass der Kontinuumsfluss im Wellenlängenbereich unterhalb von Lyman-Beta während der zweiten Messung - nach dem Maximum der Lichtkurve im sichtbaren Licht - deutlich erhöht war. Es wird ein Modell erstellt, welches das System genauer beschreiben soll, als es zuvor möglich war.

Planetarische Nebel

Spektren von mehreren verschiedenen Planetarischen Nebeln wurden gemessen. Die Spektren von den Zentralsternen von NGC 6826 und NGC 6543 zeigen ausgeprägte Windprofile von hoch ionisierten Atomen wie P V, S VI und O VI. Aus diesen Profilen wurde ein Windmodell abgeleitet, das deutlich verbesserte Werte für Massenverlustraten und Temperaturstruktur des Windes bis hinaus ins interstellare Medium liefert.

Wir waren sehr überrascht, in der Sichtlinie zu NGC 6826 eine große Menge an sehr starken Absorptionslinien von molekularem Wasserstoff zu finden. Das erscheint auf den ersten Blick sehr eigenartig, weil man bei der sehr geringen interstellaren Extinktion von with EB-V = 0.03 in Richtung zu NGC 6826 nicht erwartet, dort interstellares H2 zu finden. Zusammen mit einer Suche nach der räumlichen Verteilung dieser Emission im IRAS Infrarot-Band können wir schließen, dass diese molekulare Wasserstoffkomponente aus der Umgebung des PN stammt. Das bedeutet, dass es innerhalb des ionisierten Halos von NGC 6826 neutrale Klumpen gibt, innerhalb derer Staub und Moleküle in den Zeitskalen der Entwicklung eines Planetarischen Nebels überleben können.

Weiße Zwerge

Der O-Stern-Unterzwerg BD +28 4211 wurde mit Hilfe der ORFEUS FUV-Spektren zum ersten Mal besonders detailliert untersucht. Dieser Stern ist ein wichtiger Standard-Stern für einen weiten Spektralbereich vom Infraroten bis zum Ultravioletten. Er wurde regelmäßig für Flusskalibrationen von IUE, HST und vielen optischen Beobachtungen verwendet. Es wurde eine Modellatmosphäre berechnet, welche zusammen mit einer verbesserten Entfernungsbestimmung ein sehr präzises Flussprofil im FUV-Bereich zwischen 912 und 1150 Angstrom liefert. Zum ersten Mal wurden alle Elemente von Wasserstoff bis zur Ordnungszahl 28 (Nickel) in allen relevanten Ionisationsstufen berücksichtigt. Wir finden einige unserer Ergebnisse in guter Übereinstimmung mit unserem bisherigen Wissen, andere aber weichen signifikant ab und werden weiter verbesserte Modelle erforderlich machen. Die Ergebnisse werden auch mithelfen, Modellrechnungen zur Sternentwicklung zu verbessern, die noch längst nicht perfekt sind für diese Klasse von Objekten. Zum ersten Mal konnten wir die Säulendichte von interstellarem atomarem Wasserstoff präzise messen, was auch einen zuverlässigen Wert für die sehr geringe mittlere Dichte des intersellaren Mediums liefert. Wir konnten keine signifikante Absorption von molekularem Wasserstoff in Richtung zu diesem Objekt finden.

Frühtyp-Sterne

Spektren von mehreren Frühtyp-Sternen mit vielen Absorptionslinien geben uns eine tiefere Einsicht in die Mechanismen ihrer Sternwinde (Geschwindigkeit, Temperatur und Massenverlust). Diese Daten sind sehr wichtig für das Verständnis der Enwticklung dieser äußerst leuchtkräftigen und massereichen Sterne.