Institut für die Kulturen des Alten Orients

Die Restaurierungsarbeiten in Emar und Barbalissos


2002 - Die Restaurierung der Befestigung von Barbalissos

Nach dem archäologischen und schriftlichen Material von Emar ging die Geschichte der altorientalischen Stadt im ersten Drittel des 12. Jh. v. Chr. zu Ende. Viele Jahrhunderte vergingen, ehe sich in den Ruinen von Emar - vermutlich in achämenidischer Zeit - wieder Leben regte. Von der damals gegründeten Stadt Bala wie von der späteren hellenistischen und römischen wissen wir nur aus Texten, sieht man von einem korinthischen Kapitell ab, das als Spolie überkommen ist. Dies ändert sich erst in byzantinischer Zeit. Kaiser Justinian II. ließ die Ostgrenze des byzantinischen Reiches durch Festungen sichern und die nun Barbalissos genannte Stadt mit starken Mauern umgeben. Im Westen an der Angriffsseite, wo das Gelände ansteigt, wurden zusätzlich zwei mächtige Ecktürme errichtet, die auch Platz für die Wachmannschaften boten und mit etwa 25 m Höhe einen weiten Blick in die Talaue des Euphrat ermöglichten.

Diese westliche Partie der Stadtmauer ist dank ihrer erhöhten Lage bislang erhalten geblieben. Die immer noch imposanten Ruinen des südwestlichen Eckturms und des sog. Praetoriums im Norden ragen an der Spitze einer Landzunge als weithin sichtbare Landmarke empor.

Südwestturm

In den Winterstürmen holte sich der Stausee jedoch mehr und mehr Land und bedrohte auch dieses Kulturdenkmal akut.

Die prekäre Lage dieses Bauwerks veranlaßte die Kulturhilfe beim Auswärtigen Amt dazu, eine Sicherung der Ruinen zu unterstützen, so daß der Südwestturm noch im Jahr 2000 saniert werden konnte. Dafür mußte zunächst eine Zufahrt gebaut werden, die etwa zur Hälfte als aufgeschütteter Damm dem Südufer folgt. Der Turm selbst erhielt eine neue Fundamentierung aus 90 m3 Beton, die Fassade wurde mit aufgelesenen Originalziegeln verblendet.

Praetorium

Die nächste Sorge galt dem Praetorium, das mit zwei 20 m hohen Mauerstümpfen die Nordwestecke bildet. Auch hier gefährdete ein tiefer Ausbruch der Ecke den Erhalt der Ruine. Im Sommer 2001 wurde der angeböschte Schutt vor der Mauer abgetragen, um das Ausmaß des Schadens besser beurteilen zu können. Dabei konnte festgestellt werden, dass sich die Westmauer mit ihren Schießscharten nahezu vollständig erhalten hatte.

Im Sommer 2002 konnte schließlich ebenfalls mit Mitteln, die das Auswärtige Amt bereitgestellt hatte, das Nordufer aufgeschüttet werden, die gefährdete Ecke des Praetoriums ausgebessert und die Fassade mit nach traditioneller Methode gebrannten Ziegeln verblendet. Gleichzeitig wurde die durch den Unibund der Universität Tübingen finanzierte Bauaufnahme vervollständigt, so daß ein Stück Kulturerbe erhalten blieb und wissenschaftlich dokumentiert ist.


2009 - Die Restaurierung des Ba’altempels

Der Ausgrabungsbefund

Zum besseren Verständnis der Restaurierung soll hier vorangestellt werden, wie der Grundriss des Tempels ursprünglich aussah und wie sein Erhaltungszustand zu Beginn der Arbeit im September 2009 war.

Bereits vor dem Aufstauen des Assad Stausees hatte eine französische Mission die Cella, den eigentlichen heiligen Raum des Tempels, freigelegt. Das syrisch-deutsche Team begann 1998, angeregt durch den Fund eines großen Torlöwen im Hof vor dem Tempel, mit der Ausgrabung der Außenmauern, der Terrasse vor der Cella und dem großzügigen Aufgang zum Tempel. Alle Elemente des Gebäudes waren zwar in ihrer Funktion erkennbar, durch langjährige Raubgrabungen bis 1991 aber nur sehr schlecht erhalten. Der Aufnahmeplan (Abb. 1) zeigt Stein für Stein, was noch gefunden und dokumentiert werden konnte.

Glücklicherweise hatten sich die meisten Eckpunkte des Gebäudes erhalten oder konnten eindeutig rekonstruiert werden, so dass die wichtigsten Daten für die Ergänzung des Grundrisses vorlagen (s. Abb. 3). In der SW-Ecke der Cella war überdies die unterste Lage des Lehmziegelaufbaus noch vorhanden (Abb. 4), die einen eindeutigen Hinweis gab, wie hoch die Steinfundamente der Außenmauern gewesen waren.

Die Situation vor Beginn der Arbeiten

Die bereits durch die Raubgrabungen stark zerstörte Ruine des Ba’altempels hatte in den 10 Jahren seit der Ausgrabung durch die Erosion weiter gelitten. Mehrfach konnten damals dokumentierte Befunde nicht mehr aufgefunden werden. Wie schlecht es um dieses Gebäude stand, zeigen die folgenden Bilder (Abb. 2-4). Einmal mehr wurden wir darin bestärkt, dieses herausragende Gebäude durch eine Teilrestaurierung als Zeugnis der Kultur der Spätbronzezeit in Syrien zu erhalten.

Während die tiefer liegenden Teile des Tempels, der Terrassenunterbau und die Treppe noch eine ausreichende Bausubstanz aufwiesen, war die Nordmauer nach Westen zu und die gesamte Südmauer schlecht, die Westmauer gar nicht erhalten. Nur die NW-Ecke des Tempels (Abb. 3) und die bereits erwähnten Reste der Lehmziegel (Abb. 4) sind positiv zu erwähnen.

Die Restaurierungsarbeiten

Die eigentlichen Arbeiten begannen am 27. September mit 18, später 24 Arbeitern und zwei gelernten Maurern aus den Nachbardörfern Samuma und Hattin. Wenn man bedenkt, dass nur die beiden Maurer mit 3-4 Arbeitern den Wiederaufbau des Tempels ausführten, scheint diese Zahl sehr hoch. Doch die Beschaffung der Steine, die in der weiteren Umgebung zusammengesucht werden mussten, und die Herstellung der etwa 5.000 Lehmziegel forderten einen hohen Aufwand an Zeit und Arbeitskraft. Bereits nach der ersten Woche war auch klar, dass wir nur mit zusätzlicher Nachmittagsarbeit unser Arbeitsziel erreichen konnten. Ab dem 2. Oktober wurde die Arbeitszeit auf 6 bis 13 Uhr und 15 bis 18 Uhr festgelegt.

Alle Steinfundamente wurden aus unbehauenen Steinen errichtet, Konglomeratsteine für die Außenfront, weißer Kalkstein im Mauerkern. Alle Steine wurden von Hand fachgerecht gesetzt und mit Lehmschlag verbunden und entsprechen damit den Originalmauern in Material und Bauweise. Kalk oder gar Zement fanden keine Verwendung.

Der Wiederaufbau begann an der Nordmauer, die noch am besten durch Steine in situ zu verfolgen war. Es folgten die Südwand und die Trennwand zwischen Cella und dem Vorraum zwischen den Anten (Abb. 5) und schließlich die Terrassierungsmauern vor der Eingangsfront des Tempels (Abb. 6).

Gleichzeitig mit der Restaurierung wurde mit der Herstellung der Lehmziegel begonnen, die originalgetreu im Format 37 x 37 cm bzw. 18,5 x 37 cm geformt wurden. Für die vorgesehene Menge von 5000 Lehmziegeln wurden täglich ein Tankwagen Wasser und insgesamt 11 Tonnen Häcksel gebraucht. Die Lehmerde wurde den Halden der früheren Ausgrabungen entnommen. Bald zeigten sich ausgedehnte Felder mit Lehmziegeln, die zum Trocknen an der Sonne ausgelegt (Abb. 8) oder zwei Tage später aufgestellt worden waren.

Am 12. Oktober waren die Steinfundamente des Ba’altempels fertig gestellt, so dass mit dem Lehmziegelaufbau begonnen werden konnte (Abb. 10). Deutlich ist in Abb. 11 der Kontrast zwischen dem Ba’altempel (links) und dem Tempel der Aschtarte (rechts) zu sehen, der noch auf seine Restaurierung wartet.

Das Ergebnis im Herbst 2009

Die Restaurierung dieses bedeutenden Tempels wird in diesem Frühjahr fortgesetzt, denn noch sind einige Details zu ergänzen und zu verbessern, um dem Heiligtum sein wahres Gesicht zurück zu geben.


2010 - Die Restaurierungsarbeiten in Emar

Ein neuer Tempel für Aschtarte

Nach der Restaurierung des Ba'altempels sollte in diesem Frühjahr nun auch der benachbarte Tempel der Aschtarte (ca. 13. Jh. v. Chr.) wieder ein Gesicht bekommen. Er war in Teilen noch schlechter erhalten als der Tempel des Ba'al, da er durch römische Gräber und die Raubgrabungen seit 1976 besonders gelitten hatte. Sowohl die West- als auch die Südwand waren nur noch außerordentlich fragmentarisch vorhanden, die Nordwand fehlte völlig und wurde lediglich aufgrund der offensichtlichen Symmetrie teilweise ergänzt. Auf eine vollständige Rekonstruktion wurde jedoch zunächst verzichtet. Schwierig gestaltete sich ferner die Restaurierung der Treppe und des Raumes zwischen den Anten sowie des Eingangs zur Cella. Der Innenraum wurde nur teilweise und ohne die von Margueron ausgegrabenen Installationen wiederhergestellt.

Stadtmauer der Mittelbronzezeit

Eine Restaurierung der Stadtmauer der Mittelbronzezeit (ca. 2000-1600 v. Chr.) war ursprünglich nicht vorgesehen. Sie erwies sich aber aus statischen Gründen als notwendig, denn der jüngere Tempel der Aschtarte sitzt mit seiner NW-Ecke auf der Stadtmauer auf. Sie wurde deshalb auf einer Länge von ca. 30 m und bis zu einer Höhe von knapp 2 m und einer Breite von 2,60 m in Lehmziegeln errichtet. Das Steinfundament war hier vollkommen erhalten geblieben. Restauriert wurde ferner eine kleine Ausfallpforte und eine später vorgesetzte Bastion oder ein Turm, der abzurutschen drohte.

Ba'altempel

In den letzten beiden Tagen konnte auch die Freitreppe am Ba'altempel (14. – 13. Jh. v. Chr.) restauriert werden, eine Arbeit, die im vergangenen Herbst nicht mehr ausgeführt wurde, da das originale Material, ein fester Sandstein, nicht zur Verfügung stand. Einem der beiden Maurer gelang es nun, eben diesen Sandstein in einem Wadi in der Umgebung zu finden. Hier wie auch an der Treppe des Aschtartetempels konnten die Stufen originalgetreu ersetzt werden.

Mit den Arbeiten dieses Frühjahrs wurde die Restaurierung des Tempelbezirks im Wesentlichen abgeschlossen. Nur kleinere Ergänzungen sind noch auszuführen und 25 m3 Flusskiesel warten noch darauf, die Wege und kleinen Plätze zu bedecken. Doch auch so bilden die beiden Tempel nun ein beeindruckendes Ensemble, ein Beispiel für den syrischen „Antentempel“ der Bronzezeit schlechthin.

Danksagung

Unser Dank gilt der syrischen Antikenverwaltung und dort vor allem unserem Partner, Dr. Youssef Kanjou, und dem Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland, das dieses Projekt erneut finanzierte. Respekt und Dank aber auch den Arbeitern, die die Restaurierung der Tempel mit Fleiß und großer Hingabe zu ihrer Sache gemacht haben.