Institut für Klassische Archäologie

Fürstengräber

Fürstengräber Etruriens, der Magna Graecia und des West-Hallstattraums der ersten Hälfte des 1. Jtsds. v. Chr.

Teilprojekt des DFG-Schwerpunktprogramms 1171:
"Frühe Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozesse - Zur Genese und Entwicklung ›frühkeltischer Fürstensitze‹ und ihres territorialen Umlandes"

fürstengräber

Als charakteristischer Befund der Archäologie der westlichen Hallstattkultur gilt ein enger Bezug zwischen Fürstensitzen, also den mit Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozessen verbundenen Siedlungen, und Fürstengräbern, den mit exzeptionell reichen sowie importierten Beigaben ausgestatteten, monumentalen Hügelgräbern. Dabei sind die Prunk- oder Fürstengräber nach wie vor zentrales Quellenmaterial für sozialarchäologische Problemstellungen, für Fragen der Sozio-, Ethno- und Poleogenese und damit auch der Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozesse. Auf diesen Zusammenhang zwischen Grabkultur und Urbanisierung, auf Bezüge zwischen Grabluxus, politischer Organisationsform und Siedlungsform zielt das Teilprojekt »Fürstengräber«, und zwar in der vergleichenden Perspektive auf drei unterschiedliche kulturelle Räume der ersten Hälfte des ersten Jahrtausends v. Chr. Im Fokus stehen neben der westlichen Hallstattkultur Etrurien und die etruskisch beeinflussten Landschaften Mittelitaliens sowie das griechisch geprägte Süditalien (Magna Graecia) mit seinen lokalen Kulturgruppen.
Das Projekt bezieht sich damit auf die im Antrag des Schwerpunktprogramms eingeforderten vergleichenden Forschungen, einerseits zur Zentralisierung und Urbanisierung der Kulturen des Mittelmeerraums, andererseits zu den Prunkgräbern. Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass die Prunk- oder Fürstengräber dieser Kulturräume trotz der strukturell ähnlichen Befunde sozialgeschichtlich sehr unterschiedlich interpretiert werden, und damit zwangsläufig auch die mit diesen Gräbern verbundenen Siedlungen. Der Vergleich kann so dazu dienen, theoretische und methodische Ansätze der unabhängig voneinander arbeitenden Forschungsfelder gegeneinander zu stellen, in Hinblick auf die im SPP im Mittelpunkt stehende Hallstatt- und Frühlatènekultur aber auch die sozialarchäologische Diskussion bereichern. In Analogie zu den Verhältnissen des Etrurien der orientalisierenden Zeit sei die These formuliert, dass die eisenzeitlichen Fürstengräber nördlich der Alpen nicht auf eine einzelne Person an der Spitze der Gesellschaftspyramide weisen, sondern eine breiter verteilte Macht belegen. Fürstengräber sind damit zwar Anzeichen für Zentralisierungsprozesse, entsprechende Gräber werden aber nicht mehr angelegt, sobald es tatsächlich zur Ausbildung städtischer Strukturen kommt.
Ein konkreter Zugriff auf Quellenmaterial soll vorrangig über zwei Aspekte erfolgen, die es erlauben, Fürstengräber als Quellen der Siedlungsforschung bzw. in Bezug auf Haus- und Siedlungsstrukturen zu untersuchen. Von besonderem Interesse ist im Rahmen des SPP der topographische Bezug der monumentalen Gräber zu den Siedlungen oder Territorien. Fürstengräber sind als Medium ritueller Kommunikation und territorialer Ansprüche, als monumentale, von der Umgegend abgehobene Orte zentrale Gliederungselemente eines spezifischen Siedlungsgefüges oder Territoriums und damit konstitutive Elemente einer Besiedlungsgeschichte. Zu analysieren ist also die Lage der Fürstengräber: in der Hauptnekropole, in einer kleineren Gräbergruppe, abseits anderer Gräber, nahe der Siedlung / Stadt, im Territorium der Siedlung / Stadt, an Straßen oder auf markanten Geländepunkten.
Zum anderen gelten Fürstensitze als Wohnsitz oder Residenz der in den Fürstengräbern bestatteten Personen. Ein sowohl in irgendeiner Weise architektonisch herausgehobener als auch durch Fundgut deutlich abgesetzter Wohnplatz eines »Hallstatt-Fürsten« ist aber bisher nicht nachgewiesen worden. Die Untersuchung dreier unterschiedlicher kultureller Räume verspricht Ergebnisse darüber, ob Häuser der durch den Bestattungsbrauch herausgehobenen Elite in ähnlichem Maß herausdifferenziert waren wie die Fürstengräber.

Kontakt:
Dr. Beat Schweizer

Links:
http://www.fuerstensitze.de/
http://www.fuerstensitze.de/1916_Fuerstengraeber.htm