Institut für Klassische Archäologie

Antike des Monats Dezember: Der Ganswürger

Die Gruppe zeigt einen etwa dreijährigen Knaben und eine Gans in einer Art Ringkampf mit-einander verbunden. Dynamisch stemmen sich vier Gliedmaßen in den Boden, und während das Kind den Hals des Tieres und einen Flügel umklammert hält, protestiert dieses lauthals gegen die rüde Behandlung.

Die Gruppe, die in zwölf Marmorkopien römischer Zeit überliefert ist, geht auf ein Original zurück, das dem Künstler Boethos zugeschrieben wird. Von ihm berichten antike Quellen, er habe aus Bronze ein Kind geschaffen, das eine Gans durch seine Umarmung erwürgt (infans amplexando anserem strangulat). Dass hinter den überlieferten Marmorgruppen ursprünglich ein Bildwerk aus Bronze stand, ergibt sich deutlich aus dem Aufbau: Die Dynamik, die sich aus den breit gesetzten Füßen und dem freien Raum unter dem Schwerpunkt der Gruppe ergibt, wird durch die massive Stütze konterkariert. Da die Plastik in dieser Form in Marmor offensichtlich nicht ohne Stütze existieren kann, muss das Urbild hohl und aus Bronze gefertigt gewesen sein.

Das Bronzeoriginal wurde 2008 in Zusammenarbeit des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Eichstätt und des Gießerei-Instituts der RWTH Aachen modern rekonstruiert. Dabei wurde mit dem Mischungsverhältnis der Legierung experimentiert: Durch eine größe-re Menge Zinn wurde dem Gefieder der Gans ein Silberton gegeben, durch mehr Kupfer er-hielt der Knabe sein rosiges Äußeres. Für Schnabel und Füße der Gans wurde reines Kupfer verwendet.