Institut für Klassische Archäologie

Antike des Monats November: Kelchkrater aus Tarent

Das rotfigurige Wandfragment stammt von einem großen Kelchkrater, einem Gefäß, in dem Wein mit Wasser gemischt wurde. Gezeigt ist Dionysos, der Gott des Weines, wie er die gerade aus dem Schlaf erwachende Ariadne betrachtet. An dem Efeukranz im Haar und dem Thyrsosstab in seiner linken Hand ist er klar zu erkennen. Der Stab, der allen Anhängern des Dionysos als bezeichnendes Attribut zusteht, besteht aus dem Stamm des Riesenfenchels, der mit Efeu- und Weinlaub oder von einem Pinienzapfen bekrönt ist. Alle drei dargestellten Figuren sind zudem durch Namensbeischriften klar zu identifizieren.

Ariadne, Königstochter von Kreta, hatte Theseus aus Liebe geholfen, den Minotauros zu töten. Sie gibt ihm ein Garnknäuel, den sog. Ariadnefaden. Mit seiner Hilfe findet Theseus den Rückweg aus dem Labyrinth, das der Minotauros – ein Wesen halb Mensch halb Stier – bewohnt. Doch anstatt sie wie versprochen als seine Ehefrau mit nach Athen zu nehmen, lässt er sie bei einer Rast auf der Insel Naxos schlafend und vollkommen allein zurück. Dionysos findet die Schlafende, verliebt sich in ihr Antlitz und nimmt sie als seine Frau mit auf den Olymp. Im Bild verweist der kleine geflügelte Knabe hinter Ariadne auf die sich anbahnende Liebesbeziehung: Himeros, eigentlich der Gott des Schlafes, handelt hier offensichtlich als Bote der Liebesgöttin und träufelt Ariadne aus einer Schale Liebreiz über das Haar, um Dionysos‘ Verlangen zu schüren.

Aus Tarent, um 440–430 v. Chr., 1928 erworben, Inv. 5439