Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften

Claudia Lemmes (Universität Tübingen)

Forschungsbereich Geschichtswissenschaft

Am Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften im Fachbereich Geschichtswissenschaft an der Universität Tübingen wird die schriftliche Überlieferung, beispielsweise Urkunden, Akten, Urbare (Besitzverzeichnisse) und Rechnungen, im Rahmen einer Promotion von Claudia Lemmes aufgearbeitet. Die Konjunkturen von Gewerbe und Handel, insbesondere mit Getreide, sowie die Produktion von Leinwand und Barchent, einem Mischgewebe aus Baumwolle und Leinen, stehen im Zentrum der Untersuchungen

Der ganze Raum Oberschwaben und so auch die Landstadt Waldsee (bzw. Territorialstadt: Stadt wird von einem Territorialherrn beherrscht) exportierten im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit Getreide. Getreidepreistabellen oder Berichte zu Mengenangaben des ausgeführten Korns ermöglichen Rückschlüsse auf ertragreiche Erntejahre und wirtschaftliche Konjunkturphasen. Quellen, die im Kontext des Kornhandels entstanden sind, sollen Einblicke in das mittelalterliche bis frühneuzeitliche Marktgeschehen einer landsässigen Stadt (Land- bzw. Territorialstadt) und die Identifizierung von wichtigen Akteuren und Akteursnetzwerken ermöglichen.

Neben dem Getreidehandel bildete die Leinwand- und Barchentproduktion bereits ab dem 14. Jahrhundert eine Gewerbelandschaft in Oberschwaben, in die auch Waldsee eingebunden war. Das Textilgewerbe erfuhr mit dem Import von Baumwolle und der Produktion von Barchent einen enormen Wirtschaftsaufschwung.

Darüber hinaus werden die Landnutzung und Landschaftsentwicklung rund um Waldsee im Rahmen der Arbeit thematisiert. So sollen die Landnutzungssysteme, die Fruchtfolge, der Anbau von Sonderkulturen sowie die Ausdehnung von Waldbeständen, Wüstungserscheinungen und Phasen von Nutzflächenausbau nachgezeichnet werden.

Zudem ist die Ereignisgeschichte Gegenstand der Untersuchungen, da die Herrschaftsverhältnisse und die Auswirkungen von kriegerischen Auseinandersetzungen die Stadtentwicklung besonders beeinflussten. Ein Beispiel sind die Folgen des Einfalls Schwedischer Truppen in Waldsee während des Dreißigjährigen Krieges. Brände im Zuge von Plünderungen können potenziell in Schrift- und Umweltarchiven nachgewiesen werden. Ebenfalls sollen die Konsequenzen des Dreißigjährigen Krieges für die Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung im Rahmen der Arbeit erforscht werden.

Schließlich ist das historische Klima mit seinen Auswirkungen auf die Agrarwirtschaft, aber auch auf die Resilienz (Widerstandsfähigkeit) der Bevölkerung in Waldsee Teil der Untersuchungen.