Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft

Tagung "Wozu sammeln?" am 7./8.11.2022 in Stuttgart

Zur Neuverhandlung einer musealen Kernaufgabe

Ort: Landesmuseum Württemberg | Altes Schloss (EG, Reinhold-Würth-Saal) | Schillerplatz. 6 | 70173 Stuttgart

Wozu sammeln? Diese Frage stellen sich Museen heute mehr denn je, weil das Sammeln als museale Kernaufgabe sich gesellschaftlich neu legitimieren und verorten muss. Am deutlichsten ist das gegenwärtig bei den postkolonialen Debatten um Raubkunst und Restitution. Der postkolonialen Kritik gelten Sammlungen vor allem als Problem, weil sich in ihnen koloniale Ausbeutungsverhältnisse, Epistemologien und Weltbilder tradieren können. Diese museumskritische Perspektive grundiert auch die Kontroverse um die ICOM-Museumsdefinition, die 2022 erneut zur Abstimmung steht. Aber auch jenseits dieser öffentlich stark sichtbaren Debatten verändert sich die Haltung vieler Museen und der Kulturpolitik zum Sammeln: Die Museumsetats für Ankäufe und Sammlungsarbeit sinken vielerorts, Stellen für  Kustod*innen oder Sammlungsleiter*innen werden umdefiniert, und das partizipativ ausgerichtete und publikumsorientierte Museum muss seine Sammlungen offener nutzen und breiter zugänglich machen als bislang, was neue technische oder rechtliche Herausforderungen mit sich bringt. Vor dem Hintergrund der Klimakrise wird schließlich ganz grundlegend darüber zu diskutieren sein, wie zukunftsfähig und ökologisch nachhaltig Sammlungs- und Konservierungsarbeit sein muss. Das gilt für auch Archive und andere öffentliche und universitäre Sammlungen.
Die Frage „Wozu sammeln?“ hat aber noch eine zweite Bedeutung: Zu welchen Themen und mit welchen Methoden sammeln Museen heute? Was soll man sammeln, und wie genau geht man vor? Wer so fragt, will wissen, wie sich das Sammeln in die tägliche Museumsarbeit übersetzt, welchen grundlegenden Annahmen und Normen es folgt. Das gilt insbesondere mit Blick auf die aktuellen Debatten zu der Frage, wer wie in das materielle und immaterielle Gedächtnis unserer Gesellschaft eingeschrieben wird. Wie lassen sich vor diesem Hintergrund Sammlungsstrategien definieren, die gesellschaftliche Diversität und Sprechpositionen angemessen abbilden?
Die Tagung im Landesmuseum Württemberg in Stuttgart will diese beiden Dimensionen des Sammelns als gesellschaftlichen Prozess einer Neuverhandlung näher betrachten und ihn mit Expert*innen aus Politik, Medien, Museen und Universitäten diskutieren. Sie findet im Rahmen des von der VolkswagenStiftung geförderten Strategieverbunds KulturWissen vernetzt statt, das u.a. Sammlungen zur Alltagskultur aus Museen, Universitäten und Landesstellen zusammenbringen will und über die Zukunft des Sammelns nachdenkt (https://uni-tuebingen.de/de/201904). Sie wird von den im Verbund assoziierten Museen, Universitäten und volkskundlichen Landesstellen in Kooperation mit der DGEKW-Kommission für Sachkulturforschung und Museum ausgerichtet.

Die Tagungsteilnahme ist kostenfrei, bedarf jedoch der vorherigen Anmeldung (bis spätestens 15. Oktober). Derzeit ist noch nicht absehbar, ob bzw. wie stark die Anzahl der Teilnehmer* innen begrenzt werden muss. Im Zweifelsfall entscheidet der Eingang der Anmeldungen unter wozusammelnspam prevention@alltagskultur.info