Institut für Sportwissenschaft

Neue Erkenntnisse zur Bedeutung von Spannung für Fans

10.04.17 – Allgemein wird angenommen, dass Sportwettbewerbe kurzfristig (hinsichtlich eines einzelnen Spiels), mittelfristig (hinsichtlich bedeutender Teilwettbewerbe wie Meisterschaftsrennen oder Abstiegskampf) und langfristig (hinsichtlich der Leistung einzelner Teams über mehrere Spielzeiten hinweg) ausgeglichen sein müssen, um das größtmögliche Interesse bei den Zuschauern zu generieren. Ein Zusammenhang, der in der sportökonomischen Literatur als Uncertainty-of-Outcome Hypothesis (UOH) bekannt ist (Rottenberg, 1954; Neale, 1964). Trotz ihrer Bedeutung und Relevanz für den Spitzensport im Allgemeinen und das Management von Sportligen im Speziellen, konnten Forschungsarbeiten der vergangenen Jahrzehnte bisher keine eindeutigen empirischen Beweise für die Gültigkeit der UOH im Spitzensport finden.

In einer neuen Studie versuchen Tim Pawlowski, Georgios Nalbantis (beide Universität Tübingen) und Dennis Coates (University of Maryland Baltimore County) erstmals, die bisher existierenden, teils sehr unterschiedlichen verhaltensökonomischen Erklärungsansätze für den fehlenden empirischen Support der UOH zusammenzubringen und empirisch zu testen. Dafür entwickelten die Wissenschaftler ein subjektives Maß für Ergebnisoffenheit, welches mit den häufig verwendeten objektiven Maßen, die auf Wettquoten basieren, vergleichbar ist und testeten dies mit Befragungsdaten von Fußballfans in Deutschland. Die Ergebnisse ihrer ökonometrischen Nachfragemodelle deuten darauf hin, dass zwischen beiden Maßen kaum Unterschiede bestehen. Allerdings ist für Fans ein ergebnisoffenes Spiel – mit ausgeglichenen Siegwahrscheinlichkeiten vor Anpfiff – nicht gleichbedeutend mit einem spannenden Spiel. Zudem kann erstmals auch für ein Stated-Preference-Setting nachgewiesen werden, dass die Vorliebe der Fans für ergebnisoffene Spiele von anderen Präferenzen wie Verlustaversion dominiert wird.

Das Papier wurde nun zur Publikation in Economic Inquiry angenommen.

Generell hat die Anzahl an Forschungsarbeiten, die sich mit verhaltensökonomischen Konzepten zur Erklärung scheinbar widersprüchlicher Phänomene im Sport – wie der UOH, competitive balance und den tatsächlichen Konsumentscheidungen – befassen, in den letzten Jahren stetig zugenommen. Dabei ermöglichen die empirischen Studien teils faszinierende Einblicke und neue Erkenntnisse zum Sportkonsum, die den Managern von Sportligen die Optimierung bestehender Regulierungs- und Umverteilungsmechanismen ermöglichen. So stützen jüngste verhaltensökonomische Erkenntnisse zur Bedeutung von Ausgeglichenheit und Spannung im Sport für die Fans beispielsweise den neuen Aspekt des Verteilungsmodells der Bundesliga, wonach der Wettbewerb in den unterschiedlichen Tabellenregionen gefördert werden soll. Solche und andere Erkenntnisse in diesem Bereich werden von Oliver Budzinski (TU Ilmenau) und Tim Pawlowski (Universität Tübingen) in einem Review-Papier, das nun zur Publikation im International Journal of Sport Finance angenommen wurde, zusammengefasst und diskutiert.

Pawlowski, T., Nalbantis, G. & Coates. Perceived game uncertainty, suspense and the demand for sport, Economic Inquiry, doi 10.1111/ecin.12462

Budzinski, O. & Pawlowski, T. The behavioural economics of competitive balance: theories, findings and implications, International Journal of Sport Finance, forthcoming.