Uni-Tübingen

Sven Michael Gröger

Dipl.-Theol.

Akademischer Werdegang

Seit 04/2017
Doktorand am Institut für Spätmittelalter und Reformation, Evangelisch-theologische Fakultät

an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen

02/2017
I. Evangelisch-theologische Dienstprüfung der Evangelischen Landeskirche

in Württemberg (zugleich Diplom)

10/2009-02/2017
Studium der Evangelischen Theologie

an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und der Universität Leipzig

04/2011-02/2017
Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung
09/2011-06/2012
Ökumenisches Studienjahr

am Melanchthon-Zentrum Rom

10/2009-03/2015
Stipendiat des Evangelischen Stifts Tübingen

Berufliche Stationen

Seit 04/2017
Kollegiat im DFG-Graduiertenkolleg 1662 "Religiöses Wissen im vormodernen Europa (800-1800)"
WS 2014/15
Leitung der Lehrveranstaltung "Geschichte des Papsttums"

am Evangelischen Stift mit anschließender Exkursion nach Rom

02/2013-03/2013
Kirchliches Praktikum in der Evangelischen Kirchengemeinde Leonberg-Ramtel
WS 2010/11
Leitung der Lehrveranstaltung "Hebräisch-Lektüre zum 1. & 2. Samuelbuch"

am Evangelischen Stift

08/2008-08/2009
Kirchliches Vorpraktikum am Evangelischen Kindergarten Weinstadt-Strümpfelbach

Anselm als Heiliger – Zur Bedeutung hagiographischer und theologischer Interpretamente für die Darstellung Anselms von Canterbury in Eadmers Historia Novorum in Anglia und Vita Anselmi

Betreuer: Prof. Dr. Volker Leppin (Tübingen), Prof. Dr. Steffen Patzold (Tübingen), Prof. Dr. Volker Henning Drecoll (Tübingen)

Die Historia Novorum in Anglia und die Vita Anselmi sind (neben Anselms Briefen) die beiden Hauptquellen über das Leben und Wirken Anselms von Canterbury (1033-1109). Was wir über diesen bedeutenden Gelehrten und Kirchenmann wissen und welches Bild wir von ihm haben, ist wesentlich durch diese beiden Darstellungen seines Schülers, Sekretärs und Biographen Eadmer (ca. 1060- nach 1128) geprägt. Der Angelsachse Eadmer war Mönch des benediktinischen Kathedralklosters von Christ Church Canterbury. Neben den Anselmbiographien verfasste er mehrere hagiographische Schriften über für Canterbury bedeutsame Heilige sowie theologische, insbesondere mariologische Werke.

In der bisherigen Forschung wurde vorrangig die Historia unter historiographischer Perspektive betrachtet. Eadmer ist dabei als Historiker beschrieben worden, dessen Vorzüge einerseits darin liegen, dass er aus eigener Erfahrung heraus schrieb, der andererseits aber innerhalb dieses Erfahrungshorizontes verharrte und kein darüber hinausgehendes allgemeines historisches Interesse zeigte. Eadmers hagiographische Schriften wurden sodann als das Feld ausgemacht, auf dem er seine Fähigkeiten als Autor erlangte, die er für sein Projekt nationaler Geschichtsschreibung einsetzen konnte. In neueren Ansätzen wurde dem gegenüber vorgeschlagen, die Historia stärker von Eadmers hagiographischem Hintergrund her zu verstehen.

Das Dissertationsprojekt geht von der These aus, dass sowohl die Historia als auch die Vita mit dem Ziel verfasst wurden, Anselm als Heiligen darzustellen und ggf. eine Kanonisation zu unterstützen. Es soll dann der Frage nachgegangen werden, wie Eadmer dieses Darstellungsziel verfolgt, d.h. in welcher Weise und mit welchen Methoden er das Wissen, das er aus der Erfahrung des Zusammenlebens und -arbeitens mit Anselm angesammelt hat, zur Darstellung bringt, dabei zur christlichen (Heiligen-)Tradition in Beziehung setzt und so als religiöses Wissen ausdeutet. Zu diesem Zweck soll die in Canterbury zu Eadmers Zeit in Schrifttum und Gebräuchen vorhandene Heiligentradition umrissen werden, da der Erweis der Heiligmäßigkeit von Eigenschaften und Taten einer Person und damit ihres Status als eines/r Heiligen i.d.R. durch die Entsprechung mit den Eigenschaften und Taten von Personen erbracht wurde, die bereits zuvor als Heilige anerkannt wurden. Folglich sollen sowohl hagiographische als auch liturgische Quellen, die in Canterbury zu Eadmers Zeit vorlagen, auf mögliche Vorbilder für die Ausdeutung und deren heiligmäßige Eigenschaften und Taten hin untersucht werden.

Des Weiteren sind besondere Akzentuierungen durch die Beschäftigung mit Eadmers anderen hagiographischen und theologischen Schriften zu erheben. Dabei soll berücksichtigt werden, welche theologischen Topoi und Argumentationen dabei eine Rolle spielen und insbesondere ob und ggf. wo und in welcher Weise sich Spuren Anselm’schen Denkens finden.

Das Hauptaugenmerk des Dissertationsprojektes wird schließlich darauf liegen, die gewonnenen Erkenntnisse mit den beiden Anselmbiographien in Verbindung zu bringen. Dabei gilt es zunächst zu untersuchen, welche Gründe und Folgen für die Darstellung sich für den ungewöhnlichen Umstand finden lassen, dass Eadmer zwei Anselmbiographien geschrieben hat, deren Inhalte sich bewusst unterscheiden und nach bestimmten Kriterien aufgeteilt wurden, wie Eadmer selbst insbesondere in der Vorrede der Vita ausführt. Des Weiteren soll anhand vergleichender Betrachtungen verschiedener Topoi herausgearbeitet werden, wo Eadmer in seiner Darstellung Anselms an Traditionen anknüpft und an welche, wo es Besonderheiten gibt, in welcher Weise diese auf den historischen Kontext und die zeitgenössische Theologie zurückgeführt werden können, und welche Konsequenzen all dies für die historische Annäherung an Anselm von Canterbury aus heutiger Sicht sowie das Verhältnis von Hagiographie und Historiographie hat.