Aktuelles
18.02.2025
Im Fokus: Was muss der Digitalpakt Schule II leisten?
LEAD-Co-Direktorin Ulrike Cress und LEAD-Vorstandsmitglied Andreas Lachner ziehen aus Perspektive der Bildungsforschung Bilanz: Was hat der Digitalpakt I Schulen gebracht, was sollte nun der Digitalpakt II leisten?
Von Ulrike Cress und Andreas Lachner
Der Digitalpakt Schule geht in eine neue Runde – worauf kommt es jetzt bei der digitalen Transformation von Schule an?
Der Digitalpakt Schule des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) trat 2019 in Kraft, um die technischen Voraussetzungen und die Infrastruktur für eine digitale Transformation an Schulen zu ermöglichen. Die dringende Notwendigkeit dieses Anliegens wurde in der Zeit der Covid-19-Pandemie besonders sichtbar, zu deren Beginn nur ein sehr kleiner Teil der Schulen technisch so ausgestattet war, dass digital gestützter Unterricht auch mit geschlossenen Schulen möglich war.
Es ist selbstevident, dass eine digitale Transformation an Schulen ohne entsprechende Hardware und Infrastruktur sowie (fachspezifische) Bildungstechnologien nicht möglich ist. Da dieser Prozess noch nicht abgeschlossen ist, brauchen wir auch den Digitalpakt II. Aber Hardware allein reicht nicht. Wir brauchen Unterrichtskonzepte und -materialien, die die Potenziale digitaler Tools für das Lernen und Lehren optimal nutzen: Interaktivität, Multimedialität, individualisiertes Feedback und Adaptivität sind lernförderliche Komponenten, die digitale Tools in besonderer Weise umsetzen können. Es kann nicht sein, dass jede Lehrkraft das „digitale Schwungrad“, das den Unterricht zu einem guten und digital erweiterten Unterricht macht, neu erfinden muss. Es braucht Unterrichtssettings aus Tools und Materialien, die bereitstehen und für Lehrkräfte direkt einsetzbar sind.
KI im Unterricht
Das gilt auch für die KI. KI birgt für verschiedene Fächer unterschiedliche Potenziale. Bei der digitalen Transformation der Schule geht es somit nicht nur um die Digitalisierung oder die KI, sondern es geht darum, digitale Tools für ein konkretes Fach, für eine konkrete Altersstufe und für eine geplante Unterrichtsaktivität spezifisch zu nutzen und nutzbar zu machen. Das braucht auch ein vertieftes Verständnis der Lehrkräfte, was digitale Medien leisten können und was nicht. So zeigen Befragungen des Schulbarometers 2024, dass die große Mehrheit der Lehrkräfte (78%) davon überzeugt ist, dass digitale Medien den Unterricht positiv verändern können, aber nur 51% der Lehrkräfte fühlen sich auf einen digital gestützten Unterricht gut vorbereitet.
Wie von verschiedenen Stakeholdern wie der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) – der auch LEAD-Co-Direktorin und Autorin dieses Textes Ulrike Cress angehört – gefordert, ist daher ein Schulterschluss von Wissenschaft und Bildungspraxis zentral, um fachspezifische Unterrichts- und Fortbildungskonzepte auf die Straße zu bringen. Eine Initiative ist etwa der Kompetenzverbund lernen:digital, der explizit den engen Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis für die digitale Transformation von Schule und Lehrkräftebildung fördert und an dem neben LEAD-Vorstandsmitglied Andreas Lachner – und ebenfalls Autor dieses Textes – mehrere LEAD-Wissenschaftler:innen beteiligt sind.
Dringend notwendig ist zudem, eine zentrale Infrastruktur voranzutreiben und entsprechende bildungspolitische Rahmenbedingungen umzusetzen, die es erlauben, dass Lehrkräfte auf Materialien und Tools – datenschutzkonform – zugreifen und sie einsetzen können, und die technischen Voraussetzungen zu schaffen, dass adaptives und individualisiertes Lernen stattfinden kann.
Der Digitalpakt von 2019 war notwendig und wichtig, um die ersten Schritte zur Hardwareausstattung an den Schulen zu leisten. Aber die digitale Transformation der Schulen hat noch viele weitere Schritte zu gehen. Sie ist eine Aufgabe der nächsten zehn Jahre.
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Der Text erschien als Fokustext im Newsletter LEAD.schule.News.
Die Autor:innen
Dieser Text stammt von LEAD-Co-Direktorin Ulrike Cress und LEAD-Vorstandsmitglied Andreas Lachner.
Cress ist Professorin der Universität Tübingen und leitet das Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM) in Tübingen, das medienbasierte Lernumgebungen erforscht und entwickelt. Sie ist Mitglied der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz (KMK) und Mitautorin der entsprechenden Papiere zur Digitalisierung und Nutzung von KI für Bildung. Cress wünscht sich, dass Lehrkräfte Digitalisierung und KI nicht als Ballast, sondern als Erleichterung und Ermöglichung von gutem Unterricht erleben können.
Lachner ist Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Tübingen mit dem Schwerpunkt Lehren und Lernen mit digitalen Medien sowie Co-Direktor des Tübingen Center for Digital Education (TüCeDE). Seine Forschungsaktivitäten umfassen die Förderung (meta-)kognitiver und motivationaler Lernprozesse bei der Nutzung digitaler Medien sowie die Integration digitaler Medien in fachspezifische Unterrichtsszenarien wie beispielsweise im adaptiven Unterricht.