Juristische Fakultät

02.08.2022

Ein schöner Abschluss nach all den Strapazen

Examensfeier am 27. Juli im Festsaal der Neuen Aula

Am Mittwochnachmittag der letzten Semesterwoche strömten zahlreiche Absolvent/innen mit ihren Angehörigen in den Festsaal der Neuen Aula, um gemeinsam mit der Professorenschaft die bestandene Erste juristische Prüfung zu feiern.

Dekan Prof. Wolfgang Forster freute sich über ein Stück zurückgewonnener Normalität an der Universität nach zwei Jahren voller pandemiebedingter Einschränkungen. Nicht nur die Übergabe der Zeugnisse könne beinahe wie gewohnt stattfinden, auch Austauschprogramme mit der Chapel Hill Law School und der Universität Tel Aviv seien, unterstützt von der Kossoy-Hall-Stiftung, endlich wieder durchgeführt worden, so Forster. Im Folgenden erinnerte der Dekan an den jüdischen Stifter Edward Kossoy, der sich nach einem von Flucht und Verfolgung gezeichneten Lebensabschnitt als Anwalt in München niederließ, um Wiedergutmachungsverfahren zu führen. Dabei begegnete er Karl Heinrich Hall, einem Absolventen der Universität Tübingen, der im Verfahren die Gegenpartei vertrat. Zwischen den beiden Männern sei eine Freundschaft entstanden, die den Absolvent/innen vor Augen führen könne, zu welchen Leistungen faire Rechtsanwendung fähig sei, schloss Forster.
 

Auch Sintje Leßner, Präsidentin des Landesjustizprüfungsamts Baden-Württemberg, hob hervor, dass diese Examensfeier in Präsenz selbst für sie als „alten Hasen“ etwas Besonderes sei. Mit einem Augenzwinkern ließ sie die Inhalte der Frühjahrskampagne Revue passieren, teilte den Tübingern ihre Durchschnittsergebnisse mit und führte ihnen sowie ihren Begleitungen vor Augen, dass sie Großes geleistet hätten und stolz auf sich sein könnten. Leßner betonte, dass die Coronapandemie den Alltag der letzten zwei Jahre und so auch die Examensvorbereitung maßgeblich geprägt und erschwert habe. Dabei habe das Umfeld der Examenskandidat/innen wichtige mentale Unterstützungsarbeit geleistet, sei es in Form von Ablenkung, aufbauenden Worten oder einem warmen Mittagessen.

Abschließend wünschte die Präsidentin des LJPA allen Anwesenden eine sorgenfreie, ausgelassene Feier. Den Absolvent/innen gab sie mit auf den Weg, sich an den vielen Möglichkeiten zu freuen, die ihnen nun offen stünden und das nächste Kapitel ihrer Erfolgsgeschichte zu schreiben.

In ihrem Festvortrag behandelte Juniorprofessorin Luna Rösinger die Frage, ob man dem Menschen in einem hypothetisch fehlerfreien Rechtssystem die Möglichkeit zugestehen müsse, das Recht zu brechen. Offenbar wurde die Brisanz der Problematik, als Rösinger die Funktionsweise sogenannter „Impossibility Structures“ erläuterte, die bereits physisch einen Rechtsbruch unmöglich machen könnten. Darunter fallen beispielsweise Vorrichtungen in Fahrzeugen, die den Atemalkohol potentieller Fahrer messen und das Auto bei zu hoher Konzentration sperren. Vorstellbar wären auch Barrieren oder Elektroschocks, um das Überqueren der Straße bei Rot zu verhindern.
Für einige Vertreter der rechtswissenschaftlichen Literatur ist es laut Rösinger ein Ausdruck von individueller Freiheit, entgegen den Normen der bestehenden Rechtsordnung zu handeln. Sie selbst widersprach diesem naturalistisch geprägten Ansatz, der Freiheit und Recht als losgelöst voneinander betrachtet. In dem Moment, in dem die Menschen sich selbst eine Rechtsordnung gäben und über deren Inhalt mitbestimmten, verwirkliche sich die Freiheit des Einzelnen im Recht, so Rösinger. Es bedürfe daher keines Rechts, das Recht zu brechen. Das Recht sei gewappnet für die Herausforderungen, die der vermehrte Einsatz künstlicher Intelligenz mit sich bringe.

Nachdem Studierendensprecher Konstantin Hemeling die Prüflinge auf sympathische Weise zu ihrem Erfolg beglückwünscht hatte, durften zunächst die LLM.-Absolventinnen und -Absolventen und anschließend die strahlenden frisch Examinierten unter Applaus ihre Zeugnisse entgegennehmen.

Eine besondere Erwähnung verdiente die Leistung von Cecilia Rademacher, die in Tübingen als Examensbeste abgeschnitten hatte. Prof. Hermann Reichold ehrte sie mit dem Examenspreis der Juristischen Gesellschaft und überreichte der sichtlich begeisterten Absolventin einen symbolischen Scheck als Symbol für diese Auszeichnung.

Musikalisch untermalt wurden die Feierlichkeiten von Niklas Geier, der mit seinem gekonnten, gefühlvollen Violinenspiel einen würdigen Rahmen für die Veranstaltung schuf und viel Beifall erntete.

Im Anschluss nutzten die Examinierten, Angehörige, Freunde sowie Professorinnen und Professoren die Gelegenheit, beim Sektempfang in der Wandelhalle auf ihren Erfolg anzustoßen und sich für ihre Mühen zu belohnen.

Text: Alina Rehmann

Fotos: www.hoffmann-fotografie.com

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