Steine aus dem Süden. RessourcenKomplexe im Südostiran im Kontext regionaler und interregionaler Netzwerke
Es geht in diesem Teilprojekt um die Frage, welche RessourcenKomplexe sich in einer Landschaft mit größtenteils gleichbleibenden naturräumlichen Bedingungen und mit einem weitestgehend unveränderten natürlichen Ressourcenpotential unter wechselnden äußeren Bedingungen herausbilden konnten und welche Netzwerke aus Menschen, Materialien, Dingen und Kenntnissen zu ihrer Aktivierung erforderlich sind und waren. Als gemeinsame Grundlage für die Untersuchung und Rekonstruktion der jeweils zentralen Ressourcen in der Region zu verschiedenen Perioden wird ein Erklärungsmodell verwendet, welches von einem RessourcenKomplex aus Landwirtschaft, Handwerk und Handel ausgeht, der in spezifisch konstruierte Beziehungsgeflechte eingebunden ist und erst dadurch in Wert gesetzt und nutzbar wird. Die Komponenten dieser Netzwerke bestehen unter anderem aus Produzenten, Händlern, Siedlungen, Boden, technologischem Wissen und Objekten. Solche assemblages oder Ressourcengefüge aus RessourcenKomplexen und Netzwerken agieren im Spannungsfeld von Infrastruktur, Wertesystem, Politik, Religion, etc. als rahmenden Strukturen. Die netzwerkgestützten RessourcenKomplexe in der Region sind einerseits von den natürlichen Gegebenheiten abhängig, andererseits unterliegen sie in jeder Periode spezifischen, kulturell und sozial geprägten Dynamiken. Dies formt auch die jeweiligen regionalen und interregionalen Austauschsysteme.
Nachdem in der ersten Förderphase die archäologischen Basisdaten der bisher nahezu unerforschten Region des südlichen Kerman untersucht worden sind, werden in der zweiten Phase im archäologischen Bereich die Netzwerke der Bronzezeit sowie vergleichend dazu der früheren und späteren historischen Perioden durch weitere Feldarbeiten detaillierter erforscht. Dazu gehört die Untersuchung des Verhältnisses zwischen Rohstoffvorkommen und Siedlungen, der Wege, insbesondere solcher zur Küste des Persischen Golfes, der Gebundenheit der Siedlungen an natürliche Gegebenheiten und des daraus resultierenden ökonomischen Potentials, der Hierarchien von Siedlungen sowie der sozio-ökonomischen Relationen zwischen Teilregionen, wie etwa Gebirgen, Tälern und Ebenen. Zudem soll die Herkunft der Objekte aus Chlorit und Diorit/Gabbro durch naturwissenschaftliche Analysen bestimmt werden, um die antiken Austauschnetzwerke rekonstruieren zu können.
Die Ethnologie wird im Vergleich dazu die heutigen Netzwerke in der Region untersuchen. Dazu gehören vor allem Siedlungen der archäologisch bearbeiteten Teilregionen und andere Standortfaktoren, die kulturspezifische Bedeutung regionaler und interregionaler Austauschbeziehungen, die heutige Nutzbarmachung mineralischer Ressourcen (Chromit und Edelsteine) sowie nicht-materieller Ressourcen, wie z. B. technologisches Wissen, soziales Kapital und die Analyse der (sozialen, ökonomischen und politischen) Verbindungen zwischen naturräumlich unterschiedlichen Teilregionen.