Institut für Erziehungswissenschaft

Beschreibungen zu den parallelen Foren am 24.11.2017

Forum 1: Kindheit und Schutz

Kinderschutz stellt für Fachkräfte der Kindertagesbetreuung ein relevantes, häufig auch ambivalentes Thema dar. Die Umsetzung des Schutzauftrages gegenüber Kindern und Familien geht oft mit Unsicherheit und Unvorhersehbarkeit von Entwicklungen einher und ist mit großen Herausforderungen für die Zusammenarbeit mit Eltern und Familien verbunden. Dagegen können Rahmenbedingungen mit strukturierten Abläufen, Unterstützungsstrukturen, Netzwerke, Beobachtungsinstrumente etc. Aspekte darstellen, die die Sicherheit im pädagogischen Alltag unterstützen.
Das Forum bietet die Möglichkeit, sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit der Thematik auseinanderzusetzen. In der Diskussion gibt es Raum für eigene Erfahrungen und Erkenntnisse, die wir gemeinsam in Bezug setzen werden zum Spannungsverhältnis von Sicherheit und Unsicherheit in der Umsetzung des Schutzauftrages.

Referentin: Ruth Himmel (Kinder- und Jugendpsychiatrie Ulm)

Moderation: Gabriele Müller und Ramona Thümmler (IfE)

Forum 2: Sozialraum und Prävention

Sich im sozialen Raum sicher zu fühlen, mehr noch: zu wissen, dass es sicherheitsverbürgende Sozialräume gibt, gehört zur zentralen Qualität sozialer Regional- und Quartiersentwicklung. Der Gedanke der Prävention scheint konsequent dem Ansatz einer vorausschauenden Sicherheitsgewährleistung zu entsprechen, zielt er doch auf die zukünftige Vermeidung von Gefährdungsrisiken.
So verstanden sind Sozialraum und Prävention nicht allein Begriffe zur Beschreibung vorgefundener Verhältnisse; vielmehr unterstreicht ihre normative Seite ihre ganze Widersprüchlichkeit, die sich zwischen Kontrolle und Freiraum erstreckt. Noch „normativer“ wird es, wenn Sicherheit als ein sozialer und kultureller Wert aufgefasst wird, der entsprechend sozioökonomischer Unterschiede in einer Gesellschaft ungleich, ja sogar ungerecht verteilt ist.

Diese Auffassung vertritt Dr. Peter Bescherer (Uni Jena). Er wird aus einem Forschungsprojekt berichten, das am Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften der Uni Tübingen durchgeführt wurde und im Auftrag des BMBF „Leitlinien für eine gerechte Verteilung von Sicherheit in der Stadt“ (2017) entwickelte, siehe: www.uni-tuebingen.de/universitaet/aktuelles-und-publikationen/pressemitteilungen/newsfullview-pressemitteilungen/article/veroeffentlichung-leitlinien-fuer-eine-gerechte-verteilung-von-sicherheit-in-der-stadt.html


Für die Soziale Arbeit ist dies ein hoch relevanter Impuls. Über dessen Bedeutung für die Praxis wird im Forum zu sprechen sein. Es betrifft die Gemeinwesenarbeit, die Stadtplanung und die individuelle Unterstützung von Adressat_innen bei der Bewältigung infrastruktureller Unsicherheit.

Referent: Peter Bescherer (Universität Tübingen/Universität Jena)

Moderation: Sandra Landhäußer und Rainer Treptow (IfE)

Forum 3: Flucht und Migration

Sozialarbeit als „Teil der Gewährleistung von Sicherheit“ für Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, für Menschen, die als Schwarz, als PoC oder als weiß gelesen werden.
Soziale Arbeit steht als neutrale Instanz unterstützend anhand bürgerlicher Sicherheitsparadigmen „nicht-bürgerlichen“ Menschen zur Einhaltung ihrer Menschenrechte und ausgewählter bürgerlicher Errungenschaften bei.
Im Workshop mit A.S.Schwarzbach-Apithy werden gemeinsam mögliche Verhältnisse erarbeitet, die ganz bestimmte Menschen in permanenten Unsicherheiten leben lassen.
Anschließend werden grundlegende und verinnerlichte bürgerliche Sicherheitsparadigmen vorgestellt. Welche Zuschreibungen werden in Sicherheits-Diskursen sichtbar und welche Herrschaftsverhältnisse werden unsichtbar gehalten?
Wer wird mit welchen Begründungen immer wieder kontrollierenden Maßnahmen unterworfen und zu wessen Sicherheit? Die Verkettungen bürgerlich-pädagogischer Sicherheitskonzepte, reale Unsicherheiten, Kontrollansprüche Sozialer Arbeit und Selbstpositionierungen pädagogischer Fachkräfte und deren Handlunsgmuster werden im Workshop wort- und bildreich thematisiert.


Referentin:
Aretha Schwarzbach-Apithy (Universität Wuppertal)


Moderation: Johanna Bröse und Safiye Yıldız

Forum 4: Delinquenz und Sicherheit

Das Forum „Delinquenz und Sicherheit“ mit Schwerpunkt „Jugenddelinquenz“ möchte zum einen auf die bemerkenswerte Diskrepanz zwischen Bedrohungsgefühlen und realen Bedrohungen eingehen, indem ein paar Schlaglichter auf aktuelle kriminologische Befunde geworfen werden (Katharina Stelzel).
Zum anderen sollen schwierige Entscheidungssituationen der Praxis beleuchtet werden: Erfahrungsberichte aus der Jugendgerichtshilfe (Kira Wagner) eröffnen Blickwinkel auf Spannungsfelder in der Zusammenarbeit von Sozialer Arbeit und Justiz. Hierbei wird zu diskutieren sein, inwieweit es gelingen kann, über unterschiedliche fachliche Paradigmen hinweg gemeinsame Verständnisse zu entwickeln. Fragen von Sinn und Zweck verschiedener Sanktionsmaßnahmen, Fragen nach gelingenden und scheiternden Bildungsprozessen und nach innovativen Wegen einer generellen Erhöhung gesellschaftlicher Verantwortlichkeit stehen im Zentrum des Forums.

Referentinnen: Kira Wagner (Jugendgerichtshilfe Tübingen), Katharina Stelzel (Universität Tübingen)

Moderation: Barbara Stauber und Anke Zürcher (IfE)

Forum 5: Wie sicher sind unsere Daten? - Sicherheit im Internet

Spätestens mit dem Smartphone hat das Internet, insbesondere Soziale Netzwerke und Messenger-Dienste in vielen Bereichen der Sozialen Arbeit Einzug gehalten. Gerade in der Anfangszeit dieser Entwicklung waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vielfach auf sich allein gestellt und mussten für sich und ihre Adressatinnen und Adressaten Regelungen und Vereinbarungen darüber treffen, ob und wie die neuen Möglichkeiten genutzt werden sollten. Auch wenn viele Einrichtungen sich des Themas angenommen haben und Rahmenbedingungen in ihren Konzeptionen beschreiben, gehört dies noch nicht zum Standard. Zudem sind im konkreten pädagogischen Handeln, aber auch auf der Ebene der rechtlichen Grundlagen und der technischen Strukturen oftmals Bedingungen und Möglichkeiten der „neuen Medien“ nur unvollständig bekannt.
Im Forum möchten wir zunächst mit Ihnen ins Gespräch darüber kommen, wie Sie soziale Medien im beruflichen Kontext wahrnehmen und nutzen , um im Anschluss gemeinsam Handlungsoptionen zu erarbeiten. Zudem möchten wir über den rechtlichen Rahmen und die technischen Abläufe informieren sowie Chancen und Risiken benennen.

Referenten: Hanno Wagner (Chaos Computer Club Stuttgart), Martin Dörr (Referent des Datenschutzbeauftragten des Landes Baden-Württemberg)

Moderation: Christiane Bollig und Torben Fischer-Gese (IfE)

Forum 6: Familie - ein sicherer Ort?!

Folgt man weit verbreiteten Vorstellungen und medial vermittelten Bildern von Familie bildet diese einen Hort der Sicherheit und Geborgenheit schlechthin. Fachkräfte der Sozialen Arbeit, aber auch andere Professionen blicken stattdessen häufig auf die ‚andere Seite‘ des Familienlebens: Gewalt, Misshandlung, sexuelle Übergriffe sind ebenso alltägliche Realität eines Familienlebens in unserer Gesellschaft. Das Forum „Familie – ein sicherer Ort?!“ beschäftigt sich mit den Ambivalenzen des Bildes einer sicheren Familie und fragt danach, was es für Fachkräfte aus unterschiedlichen Professionen bedeutet, in familialen Gewaltverhältnissen ‚Sicherheit‘ (wieder-)herstellen zu müssen. Anhand eines konkreten Falls von ‚häuslicher Gewalt‘ werden wir mit den anwesenden Referent_innen (Andrea Bosch, Frauen helfen Frauen e.V., Stuttgart; Delia Godehardt, Jugendamt Stuttgart, Christian Hagen, Referat Prävention des Polizeipräsidiums Reutlingen) und den anwesenden Forumsteilnehmer_innen diskutieren, wie mit der Ambivalenz von Sicherheit und Unsicherheit in der Arbeit mit Familien praktisch umgegangen werden kann.

Referentinnen: Andrea Bosch (Frauen helfen Frauen e. V. Stuttgart), Delia Godehardt (Jugendamt Stuttgart), Christian Hagen (Polizeipräsidium Reutlingen, Referat Prävention)

Moderation: Petra Bauer, Eva Maria Lohner und Mirjana Zipperle (IfE)