Uni-Tübingen

Bewahren und Vernichten von Ressourcen

Dieses Querschnittsthema spricht zentrale Herausforderungen und existenzielle Bedrohungen menschlicher Gemeinschaften an. Kann der Umgang mit Ressourcen verantwortlich gemacht werden für das Fortbestehen oder den Untergang von Gesellschaften? Die Bewahrung von Ressourcen geschieht in erster Linie durch Sicherungsmaßnahmen als auch durch nachhaltigen Umgang (Diamond 2005). Ersteres umfasst defensive Maßnahmen, um beispielsweise materielle Dinge, Lebewesen, geistiges und religiöses Potential aktiv zu schützen, während letzteres Strategien bezeichnet, die eine konservierende Nutzung zum Ziel haben, z. B. im Sinne einer Einschränkung der Nutzung zur Verlängerung der Verfügbarkeit und/oder eine Technologieentwicklung zur Effizienzsteigerung.

Noch stärker zu differenzieren ist der Aspekt der Vernichtung von Ressourcen. Er umfasst im Wesentlichen drei Hauptkategorien: die bewusste Austilgung, die Erschöpfung und die Zerstörung/Unerreichbarkeit als Folge natürlicher Prozesse. Bewusste Akte der Vernichtung können sowohl strategische Hintergründe politischer/militärischer als auch religiöser/sozialer/ideologischer Art haben, die beide der Sicherung des eigenen Vorteils dienen (Nebelsick 2016). Im Gegensatz zur bewussten Vernichtung steht die Erschöpfung von Ressourcen. Als Ursachen sind natürliche Faktoren, wie die Begrenztheit der Vorkommen, aber auch anthropogene Gründe, wie Übernutzung von Lebensräumen oder die Überjagung bestimmter vom Menschen genutzter Tierarten anzuführen (Drucker et al. 2014). Im Hinblick auf das Ressourcenkonzept des SFB stehen hier vor allem die sozialen und kulturellen Reaktionen der betroffenen Gesellschaften im Blickfeld. Die Zerstörung von Ressourcen oder ihre Unzugänglichkeit auf Grund natürlicher Prozesse werden in der Regel vor allem durch plötzliche Ereignisse, wie Naturkatastrophen, oder auch durch allmähliche Veränderungen, wie Klimawandel, natürliche Erosion oder Tektonik verursacht. Hier sind anthropogene Faktoren zumeist nur mittelbar verantwortlich zu machen.

Ressourcen, die sich erschöpfen oder aufgrund natürlicher Vorgänge nicht mehr erreicht werden können, sind vor allem materieller Art. Neben Lebewesen (vor allem Menschen, Tiere, Pflanzen) und ihren Produkten, handelt es sich vielfach um Georessourcen wie Boden, Wasser und Rohstoffe. Auf kürzeren Zeit- und kleineren Raumskalen können Naturgewalten wie Erdbeben und Tsunamis, Vulkanausbrüche, Massenbewegungen, tropische Wirbelstürme, Überschwemmungen, Hitzewellen und Dürreperioden von Relevanz sein (Dikau/Weichselgärtner 2005). In welcher Weise die Dynamik von Zeit und Raum hierbei gekoppelt ist und ob die Bewahrung und die Vernichtung von Ressourcen Ergebnis oder Antrieb der kulturellen Entwicklung sind, steht dabei im Fokus der Betrachtungen.

Der Querschnittsbereich nimmt auch Stellung zum aktuellen Diskurs um die Vernichtung und den Erhalt von Kulturgütern. Ein solcher Fokus ergibt sich schon allein aus den Untersuchungsgebieten, in denen der SFB 1070 tätig ist. Die bewusste Zerstörung von Kulturgütern in den aktuellen Krisengebieten dieser Welt und die medialen Reaktionen darauf führen einmal mehr vor Augen, wie bedeutungsvoll diese Monumente sind, und zwar nicht nur für diejenigen, die sie bewahren, sondern auch für diejenigen, die sie zerstören. 


Literatur