Uni-Tübingen

Zwischen Addis Ababa und Tübingen: Nachhaltige Entwicklung auf zwei Kontinenten

Die globale Dimension Nachhaltiger Entwicklung wurde durch zwei ASA-Austauschprojekte im Forschungsbereich Natur und Nachhaltige Entwicklung besonders in den Blick genommen. In Kooperation mit dem Department of Philosophy der Addis Ababa University (AAU) wurden diese Projekte vom Kompetenzzentrum für Nachhaltige Entwicklung (KNE) sowie vom Energielabor Tübingen realisiert. An diesen nahmen insgesamt neun Studierende aus äthiopischen und deutschen Hochschulen teil, gefördert von Engagement Global gGmbH, einer Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Die erste Herausforderung der ASA-Hochschulkooperation mit dem KNE stellte sich noch vor Projektbeginn. Denn ursprünglich waren nur Stipendien für Studierende von deutschen Hochschulen vorgesehen. Um einem Austausch auf Augenhöhe näher zu kommen, wurden durch den Innovationsfond Nachhaltige Entwicklung (KNE der Universität Tübingen) Stipendien für äthiopische Studierende ermöglicht. So konnte die Perspektive des globalen Südes in Tübingen vor Ort in das Projekt integriert werden, was von allen Beteiligten als Bereicherung wahrgenommen wurde. Auch Engagement Global begrüßte dieses Vorgehen, sodass im Zuge des zweiten Austausches von Anfang an Stipendien für Nord- und Südteilnehmende gleichermaßen zur Verfügung gestellt wurden.
Im Rahmen des ersten Austauchprogramms erforschten die ASA-Stipendiat*innen, welche Kompetenzen Studierende benötigen, um an ihrer Hochschule erfolgreich als Multiplikator*in für Nachhaltige Entwicklung zu wirken. Dabei sollten die Teilnehmenden ein Capacity-Building-Programm entwickeln, dass an den Universitäten Tübingen und Addis Ababa durchgeführt werden kann. Hierfür untersuchten die ASA-Stipendiat*innen sowohl die Struktur beider Hochschulen wie auch die Möglichkeiten für studentisches Engagement und führten Interviews mit Studierendeninitiativen durch. Die Ergebnisse machen deutlich, welche Arten von Ressourcen und Know-how Studierende benötigen, um als Multiplikator*innen in ihrer jeweiligen Hochschule wirken zu können.

Den zweiten Austausch leitete die Frage, ob und wie eine nachhaltige Energiewende sowohl in Addis Ababa als auch in Tübingen gestärkt werden könnte und wo die Unterschiede zwischen den beiden Städten liegen. Ziel der Teilnehmenden war es, nachhaltigkeitsrelevante Herausforderungen in Nord und Süd zu identifizieren und vor diesem Hintergrund Vorschläge für eine nachhaltige Energieversorgung in Addis Ababa zu erarbeiten. Im Rahmen der dreimonatigen Nordphase fungierte das Energielabor dabei als Dreh- und Angelpunkt. So beteiligten sich die ASA-Stipendiat*innen als Co-Lehrende im Rahmen des Seminars: „Sustainable Energy Supply at Addis Ababa and Tuebingen“ und tauschten sich mit Projektpartnern des Energielabors aus. Darüber hinaus besuchten sie Veranstaltungen zur Entwicklungszusammenarbeit sowie zur Energiewende inner- und außerhalb Deutschlands, wo sie als Diskussionspartner*innen gefragt waren.

Rückblickend lässt sich festhalten, dass die beiden Austauschprogramme wichtige Erkenntnisse lieferten, welche über ihre Laufzeiten hinaus auf unsere Arbeit im Forschungsbereich wirken. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die globale Dimension Nachhaltiger Entwicklung: Durch die Projekte wurde die Reflexion und Diskussion verschiedener Gerechtigkeits- und Moralvorstellungen möglich. Besonders eindrucksvoll waren dabei die unterschiedlichen Auffassungen von Mensch-Natur-Beziehungen. Zudem wurden durch den Austausch die unterschiedlichen soziotechnischen Bedingungen vor Ort greifbar. Letztlich tragen die Aktivtäten dazu bei, die internationale Vernetzung am Ethikzentrum fortzuführen und auszubauen. So erfolgte Anfang 2018 ein Besuch von Workineh Kelbessa, Professor an der AAU, mit einem öffentlichen Vortrag zu „Sustainable Development in Africa: Challenges and Prospects“, ergänzt um vertiefte Diskussionen mit Tübinger Studierenden im Zuge von Lehrveranstaltungen zu Fragen der Umweltethik und Nachhaltigen Entwicklung.

Dieser Text ist erschienen in Albiez, Marius; Herth, Carla; König, Andri; Potthast, Thomas: Zwischen Addis Ababa und Tübingen. Nachhaltige Entwicklung auf zwei Kontinenten. In: Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW) (Hg.): Jahresbericht 2017, S. 15-17.