Uni-Tübingen

Prozessbeschreibung

I. Information zur neuen Rechtslage

Zum 01.01.2018 ist das Gesetz zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in Ausbildung und im Studium (Mutterschutzgesetz – MuSchG vom 23.05.2017) als Artikel 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Mutterschutzrechts in Kraft getreten. Neu ist, dass Studentinnen in den Schutzbereich des Mutterschutzgesetzes einbezogen werden.

Die Regelungen des Mutterschutzgesetzes gelten für schwangere Frauen sowie stillende Mütter. Damit das Mutterschutzgesetz angewendet werden kann, sollen Studentinnen eine Schwangerschaft bzw. die Stillzeit gegenüber der Universität anzeigen (§ 15 Abs. 1 MuSchG).

Ziel der neuen Regelung ist, die physische und psychische Gesundheit schwangerer und stillender Studentinnen und ihrer (ungeborenen) Kinder zu schützen und zugleich die Fortführung des Studiums zu ermöglichen, soweit es verantwortbar ist.

Zur Erreichung dieses Ziels sieht das Mutterschutzgesetz vor, dass mögliche Gefährdungen beurteilt und ggf. erforderliche Schutzmaßnahmen getroffen werden. Dabei sollen schwangere und stillende Studentinnen so weit wie möglich das Studium fortsetzen können, wenn sie das wünschen. Zum anderen ergeben sich aus dem Mutterschutzgesetz prüfungsrechtliche Folgen, denn Studentinnen sind während der Mutterschutzfrist (sechs Wochen vor der Entbindung und acht Wochen danach) nicht zur Teilnahme an Lehrveranstaltungen und Prüfungen verpflichtet, dürfen aber auf ihren ausdrücklichen Wunsch teilnehmen, § 3 Abs. 3 MuSchG (siehe dazu Formular "Verzichtserklärung"). Diese Verzichtserklärung kann jederzeit widerrufen werden. Prinzipiell sollen Nachteile aufgrund der Schwangerschaft, der Entbindung oder der Stillzeit vermieden oder ausgeglichen werden, § 9 Abs. 1 MuSchG.

Der Anwendungsbereich des Mutterschutzgesetzes gilt, soweit die Hochschule Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt, also bei Prüfungen und bei Pflichtveranstaltungen (einschließlich Praktika oder Exkursionen). Das bedeutet, auch verpflichtend vorgegebene Praktika, die an der Eberhard Karls Universität absolviert werden müssen, werden vom Mutterschutzgesetz erfasst. Von den Studentinnen im Rahmen ihres Studiums frei bestimmbare Tätigkeiten, wie z.B. Bibliotheksbesuche, Teilnahme an freien Vorlesungs- und Sportangeboten sowie empfohlene, aber nicht verpflichtende Praktika fallen nicht unter den Schutzbereich des Mutterschutzgesetzes (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 MuSchG).

 

II. Umsetzung an der Eberhard Karls Universität

Zur Umsetzung der Anforderungen, die sich aus dem neuen Mutterschutzgesetz ergeben, ist eine Mischung aus zentralen und dezentralen Zuständigkeiten sinnvoll. Die einzelnen Schritte, die erforderlich sind, werden im Folgenden kurz dargestellt.

Schritt 1: Mitteilung der Schwangerschaft / Stillzeit

Die schwangere oder stillende Studentin übermittelt dem Studierendensekretariat persönlich oder postalisch das Formular Mitteilung Schwangerschaft / Stillzeit und füllt die Liste der besuchten Veranstaltungen aus. Die Studentin sollte geeignete Nachweise mitbringen (z.B. ärztliches Zeugnis oder Kopie des Mutterpasses, mit dem Namen der Mutter und dem voraussichtlichen Entbindungstermin; andere persönliche Angaben können geschwärzt sein). Sofern die Studentin sich zuerst an den Fachbereich oder die Fakultät wendet, soll sie von dort aus an das Studierendensekretariat zur Mitteilung der Schwangerschaft / Stillzeit verwiesen werden.

Die Studentin informiert sich auf den Webseite des studentischen Mutterschutzes über das weitere Verfahren, sowie darüber, dass mit der Mitteilung der Schwangerschaft / Stillzeit Schutzmaßnahmen eintreten können, die den Besuch von Lehrveranstaltungen einschränken (siehe Informationen zum Ampelsystem und die Übersicht "Ampelsystem Studiengänge"). Die Studentin hat die Möglichkeit, ein vertrauliches Gespräch im Familienbüro wahrzunehmen.

Die Fakultäten benennen pro Studiengang sogenannte "Beauftragte für den studentischen Mutterschutz". Diese sind auf der Webseite des Familienbüros einzusehen.

Das Studierendensekretariat informiert nach Eingang der Mitteilung die benannten „Beauftragten für den studentischen Mutterschutz“ über die angezeigte Schwangerschaft und den voraussichtlichen Entbindungstermin. Die Studentin informiert die jeweiligen Dozierenden.

 

Schritt 2: Gefährdungsbeurteilung durch die Dozierenden

Die Arbeitssicherheit unterteilt alle Studiengänge nach deren Gefährdungspotential in ein Ampelsystem (grün, rot). Bei Studiengänge, die mit grün markiert sind, kann unbedenklich weiterstudiert werden. Bei Studiengängen, die rot markiert sind, müssen alle von der Studentin besuchten Lehrveranstaltungen individuell durch die Dozierenden beurteilt werden.

Die Dozierenden erstellen bereits vorab eine Gefährdungsbeurteilung für ihre Lehrveranstaltung (siehe dazu Formular "Allgemeine Gefährdungsbeurteilung für Lehrveranstaltungen"). Nach der Information über die Schwangerschaft / Stillzeit durch die Studentin und die Kennzeichnung des Studiengangs in rot, füllt die/der Dozierende anhand der bereits verfassten Gefährdungsbeurteilung ihrer/seiner Lehrveranstaltung das Formular "Spezifische Gefährdungsbeurteilung fuer LehrVA und Maßnahmen" für die von der Studentin besuchte Lehrverstaltung aus. Anschließend ergänzt sie/er das von der Studentin vorgelegte Formular „Dokumentation und individuelle Beratung zum Mutterschutz“ (II und ggf. V). Die Studentin wird von ihren Dozierenden über das Ergebnis und die Konsequenzen der Gefährdungsbeurteilung für den Besuch der Veranstaltung unterrichtet. Die Dozierenden prüfen Möglichkeiten, Ersatzleistungen anzubieten bzw. Anpassungen der Veranstaltungsbedingungen vorzunehmen (z.B. Einrichtung eines geschützten Laborarbeitsplatzes, Umgang mit ungefährlichen Stoffen, Ersatzleistungen, Vorziehen von Veranstaltungsinhalten, Änderungen des Veranstaltungsformats usw.) um Benachteiligungen, die durch die Mutterschaft bzw. Stillzeit entstehen zu verhindern bzw. möglichst gering zu halten.

 

Schritt 3: Beratung durch die Beauftragten für den studentischen Mutterschutz

Die Studentin wendet sich anschließend an die „Beauftragten für den studentischen Mutterschutz“; hier findet ein Beratungsgespräch über das Ergebnis und die daraus resultierenden Konsequenzen für den weiteren Studienverlauf statt.

Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung durch die Dozierenden bzw. das Formular Dokumentation werden von den Beauftragten an das Studierendensekretariat weitergeleitet (§ 9 MuSchG).

 

Schritt 4: Studierendensekretariat

Das Studierendensekretariat meldet an die zuständige Aufsichtsbehörde (Regierungspräsidium Tübingen) und antwortet auf Auskunftsersuchen. Nach Ablauf der Mutterschutzfrist bzw. der Stillzeit werden die Unterlagen im Studierendensekretariat zwei Jahre archiviert.

 

Schritt 5: Aktualisierung der Mutterschutzfrist nach der Entbindung

Nach der Geburt des Kindes informiert die Studentin, mit einer Kopie der Geburtsurkunde die / den Beauftragten für den studentischen Mutterschutz über den tatsächlichen Entbindungstermin.

Da die Schwangerschaft und Stillzeit mehr als ein Semester umfassen, müssen – sofern keine Beurlaubung vorliegt – auch für die weiteren Folgesemester Gefährdungsbeurteilungen für Lehrveranstaltungen erstellt und prüfungsrechtliche Aspekte des Mutterschutzes berücksichtigt werden.