Institut für Klassische Archäologie

Fragmentierte Bilder. Die Campana-Reliefs des Instituts für Klassische Archäologie Tübingen

Der Titel „Fragmentierte Bilder“ leuchtet schon bei einem kurzen Blick in die Ausstellung und den Katalog ein. Kaum eine Platte hat sich in Gänze erhalten, die Regel sind kleine Fragmente, deren bildlicher Kontext nicht unmittelbar klar wird. Der hohe Grad an Fragmentierung wird zudem deutlich, wenn man sich die antiken Verwendungskontexte vor Augen hält. Die Reliefs wurden in der Regel nicht als Einzelplatten verwendet, sondern waren Teil langer Friese, die die Gebälkzonen antiker Architektur oder die Rückwände von Räumen und Portiken schmückten. Kaum einer dieser Kontexte hat sich jedoch erhalten, es ist deswegen umso schwerer die Fragmente und ihre Bilder zu rekontextualisieren, fast unmöglich Objektbiographien einzelner Exemplare zu schreiben. Trotzdem verweisen die einzelnen Fragmente auf eine reiche Bilderwelt als ein zentrales Charakteristikum der Gattung der Campana-Reliefs; einer Gattung, die sich – noch in den letzten Jahren der Republik entstanden – bis weit in die Kaiserzeit fortsetzte.

Die Denkmalgruppe der Campana-Reliefs ist untrennbar mit ihrem Namenspatron dem unglückseligen Giampietro Campana (1808-1880) verbunden. Der Marchese Campana widmete diesen Platten als erster eine umfangreiche Behandlung. Seine große Sammlung wurde im Nachgang seiner Verurteilung zu 20 Jahren Galeerendienst wegen Veruntreuung 1858 zerschlagen und ist heute in Teilen beispielsweise in Brüssel, im Louvre, im British Museum sowie der Eremitage in St. Petersburg zu bewundern.

Bis 1911 ist den Campana-Platten als eigenständige Gattung keine große Beachtung geschenkt worden. Erst die Archäologen Hermann von Rohden und Hermann Winnefeld legten mit ihrer Betrachtung den Grundstein für jede weitere Beschäftigung mit dem Thema. Dann gerieten die Platten erneut aus dem Fokus der Forschung und erst die Beobachtung einer Genese der Platten aus etrusko-italischen Dachterrakotten durch Adolf Borbein sowie seine stark kunsthistorische Betrachtung ebneten den Weg für die folgenden Motivanalysen und die Einbindung in kulturhistorische Fragenkomplexe:

So sind beispielsweise verschiedene Bildthemen der Reliefs wie Herkules, bacchischen Themen und Nilbilder, Priapos, verschiedene Prozessionen oder der Einfluß einer augusteischen Ideologie auf die Bilder der Campana-Platten bearbeitet worden. Ebenso standen die architektonischen Kontexte sowie die Fundkomplexe oder im Idealfall eine Verbindung aus beidem im Fokus. Ein weiterer Bereich der Forschung konzentrierte sich darauf die Campana-Reliefs in den verschiedenen Museen und Sammlungen bekannt zu machen und in diesem Zusammenhang deren Motive zu diskutieren. Trotz der genannten Aktivitäten stellen die architektonischen Terrakottareliefs ein nach wie vor stark vernachlässigtes Feld im Bereich der römischen Kunst dar.

Die Antikensammlung des Institutes für Klassische Archäologie der Eberhard Karls Universität Tübingen beherbergt 40 sog. Campana-Platten verschiedenen Typs mit unterschiedlichen Motiven. Katalog und Ausstellung geben nicht nur einen Einblick in die Bilderwelt und den Architekturschmuck an der Schwelle zwischen römischer Republik und Kaiserzeit, sondern dass auch der ein oder andere neue Aspekt bezüglich dieser spannenden Gattung der römischen Kunst vorgestellt wird. Ein Novum stellt dabei sicherlich die naturwissenschaftliche Beprobung einiger Stücke der Sammlung dar, die erstmals vorgestellt wird. Ausgangspunkt der Ausstellung „Fragmentierte Bilder“ war ein Seminar am Institut für Klassische Archäologie, in dessen Rahmen Studenten die einzelnen Platten bearbeitet haben.

Einen schönen Einblick in die Ausstellung erlaubt der Beitrag im Kulturkanal von Dr. Rainer Zerbst und Horst Simschek: "Fragmentiert Bilder"

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Veranstalter
Institut für Klassische Archäologie, Eberhard Karls Universität Tübingen

Termine
Ausstellungseröffnung: 03. November 2016, Schloss Hohentübingen

Ausstellung
03. November 2016 – 19. Februar 2017
Ort: Kabinettraum im Museum Alte Kulturen, Schloss Hohentübingen

Kooperationen
Ausstellungskooperationen:
Würzburg, Antikensammlung am Martin von Wagner Museum

Projektleitung
Dr. Philipp Baas
Dr. Manuel Flecker
Institut für Klassische Archäologie
Schloss Hohentübingen
Burgsteige 11
72070 Tübingen
philipp.baasspam prevention@uni-tuebingen.de
 07071-29-72379

manuel.fleckerspam prevention@klassarch.uni-tuebingen.de
 07071-29-74367