Kunsthistorisches Institut

Kristin Funcke M.A.

Begehrendes Sehen. Zum Phänomen der Gleichzeitigkeit von Abwesenheit und Präsenz in den Fotografien Balthasar Burkhards

Die späten Farbfotografien Balthasar Burkhards (1944-2010) bilden den Ausgangspunkt des Promotionsvorhabens. Seit den 1980er Jahren wurde Burkhard mit großformatigen Schwarzweißaufnahmen bekannt. Die Beschäftigung mit der Farbe taucht experimentell bereits in den 1980er Jahren auf, zum einen in monochromen Farbtafeln, die jeweils Teil eines fotografischen Polyptychons sind, oder als vereinzelte Farbdrucke ohne seriellen Zusammenhang. Als Besonderheit der späten Arbeiten – im Fokus stehen hier eine Serie von Landschaftsaufnahmen und Blumenstilleben – fällt nicht nur ihre generelle Farbigkeit auf, sondern auch die gewählten Drucktechniken und Formate. Zum einen realisierte Burkhard seine Fotografien als großformatige Colorprints. Zum anderen, teilweise das gleiche fotografische Bild nutzend, ließ er sie als kleinformatige Heliogravüre auf Büttenpapier drucken. Das Edeldruckverfahren der Heliogravüre stellt als Ausführung in Schwarzweiß in der Fotografiegeschichte keine Neuheit dar. Doch erreicht Burkhard mit der Art seiner Verwendung der Heliogravüre bzw. der Verbindung von fotografischem Bild, Bildträger und Drucktechnik eine irritierende, nahezu anachronistische Wirkung seiner Arbeiten als Fotografien. Der erste Teil der Arbeit bezieht sich auf die Materialität der Fotografie. In welchem Bedeutungszusammenhang stehen Farbe, Format, Drucktechnik und Bildträger zum Fotografischen bei Burkhard. Im zweiten Teil der Arbeit steht die Hermeneutik des einzelnen Bildes im Fokus. Unter Hinzuziehen phänomenologischer Wahrnehmungstheorien von Maurice Merleau-Ponty, Bernhard Waldenfels und Eva Schürmann soll das Moment von Präsenz in den Arbeiten Burkhards deutlich gemacht werden. Es gilt die Gleichzeitigkeit von Sichtbarem und Unsichtbarem aufzuzeigen und sich dem Bild so sehend verstehend zu nähern. Des Weiteren vermitteln die gewählten Motive bzw. Ausschnitte der späten Landschaften den Eindruck des Unscheinbaren. Diesem Phänomen in Burkhards Arbeiten soll im Hinblick auf Martin Heideggers Schriften, u.a. den Zähringer Seminaren, nachgegangen werden.

Kontakt: kristin.funcke[at]uni-tuebingen.de