Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters

Untersuchungen im Jahre 2010

Finanziert durch Mittel der Universität Tübingen und des in Köln angesiedelte Teilprojekts F1, „Setting the Time Frame – Application of Radiocarbondating in the Construction of High-Resolution Chronologies“ des DFG-Sonderforschungsbereichs 806 „Our Way to Europe“, wurden durch uns im Sommer 2010 ergänzende Untersuchungen an einem stratigraphisch aufschlußreichen Profil der laufenden bulgarischen Grabungen durchgeführt. Zwischen den von Elenski angelegten Grabungsschnitten 18 und 21 wurde ein Profil dokumentiert und abgetragen, das die gesamte Entwicklung des balkanischen Frühneolithikums wiederspiegelt. Das Schichtpacket wurde in feinstratigraphischen Einheiten abgetragen und das Sediment vollständig gesiebt. Sämtliche Funde wurden aufgenommen und aus allen stratigraphisch relevanten Einheiten Holzkohle- und Tierknochenproben zur Datierung entnommen. Das Profil archiviert die Entwicklung vom bislang ältesten bekannten Neolithikum der Region (vor-Karanovo I) über den Horizont mit klassischer Weißbemalung (Karanovo I) bis zum Horizont mit früher Kannelurkeramik (Ovčarovo-gorata/Karanovo II).

Eine erste Auswertung der Keramikfunde aus dem Profil offenbart einmal mehr, daß mit dem ältesten Neolithikum der Region Bemaltkeramik auftritt. Es handelt sich im untersten Stratum, Džuljunica I, zunächst um eine flächig dunkel bemalte Ware, die in geringen Mengen neben der einfarbig geschlickerten Ware auftritt. Die Malmotive sind flächig aufgetragen. Es handelt sich um einfache Wellen- und breite Kamm-Motive, die sich flächig auf der Gefäßoberfläche ausbreiten. Ab der Schicht Džuljunica II tritt vereinzelt Weißbemalung hinzu, wobei die flächige Dunkelbemalung fortlebt. Erst ab den oberen Abhüben von Džuljunica II ist unter der Bemaltkeramik nur noch Weißbemalung festzustellen. Der Anteil der Bemaltkeramik ist in diesen Komplexen, im Verhältnis zur unbemalten Keramik, noch immer sehr gering. Bis zu hundert unbemalten Scherben stehen einzelne bemalte Fragmente gegenüber. Die Schicht Džuljunica III stellt in dem von uns dokumentierten Profil lediglich ein schmales Band mit wenigen Funden dar. Beobachtungen an anderen Stellen des Siedlungsplatzes veranlaßten den Ausgräber Elenski, in diesem Stratum einen eigenen Besiedlungshorizont zu erkennen. Das daraus stammende Fundmaterial entspricht bereits weitgehend dem der darüberliegenden Schicht Džuljunica IV. Es wird dominiert von plastisch verzierter Keramik. Gefäßbemalung ist in der obersten frühneolithischen Schicht nicht mehr auszumachen. Die Formen entsprechen bis in Einzelheiten dem Fundhorizont von Ovčarovo-gorata, der chronologisch am Ende des Frühneolithikums angesiedelt werden kann.

R. Krauß