Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft

Am 22. Mai 2019 beschloss der Bewilligungsausschuss der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dass der SFB 923 „Bedrohte Ordnungen“ ab Juli 2019 für weitere vier Jahre gefördert wird. Damit gewährt die DFG dem Forschungsverbund die Maximalförderdauer von zwölf Jahren.

Tübinger Sonderforschungsbereich (SFB) 923 "Bedrohte Ordnungen"

Im Zentrum des SFB 923 steht die Untersuchung bedrohter Ordnungen. Es geht um Aufruhr, Revolutionen und Katastrophen – um Situationen, in denen der alltägliche Lebensvollzug dergestalt durchbrochen ist, dass etablierte Wahrnehmungsformen, Verhaltensmuster und Handlungsoptionen an Verlässlichkeit verlieren. Hierbei gilt das Interesse zum einen den spezifischen ordnungskonstitutiven Strukturen, den Wertvorstellungen und Wissensbeständen, die das jeweilige soziokulturelle Gefüge ehedem unbefragt prägten und nun durch die Konfrontation mit einer existentiellen Bedrohung herausgefordert werden. Zum anderen geht es darum, den gesellschaftlichen Umgang mit solchen systemgefährdenden Ein- und Umbrüchen in den Blick zu nehmen: Wie wird das Geschehen gedeutet und welche Formen des Bewältigungshandelns setzen sich durch? Welche Machtstrukturen kommen innerhalb solcher Definierungsprozesse zur Wirkung? Wann werden die Verhältnisse wieder als geordnet empfunden? Lassen sich fallübergreifende Reaktionsmuster und Verlaufstypen identifizieren?
Der interdisziplinäre Zugang sowie eine breite zeitliche und räumliche Streuung der Untersuchungsgegenstände sollen gewährleisten, dass im Rahmen des SFB auch sehr unterschiedliche Ordnungskonfigurationen unter dem Aspekt der Bedrohung analysiert und einem umfassenden Vergleich zugeführt werden können. Ausgehend von den konkreten Fallbeispielen der sechzehn Teilprojekte wird so das übergeordnete Ziel verfolgt, gegenwärtige Formen der Krisendiagnostik zu historisieren. Zugleich möchte sich der SFB vermittels seiner historisch-diachron ansetzenden Untersuchung von Situationen verdichteten Veränderungsdrucks am Entwurf einer weitreichenden Theorie des schnellen sozialen Wandels beteiligen. Schließlich soll ein empirisch fundiertes Modell „Bedrohter Ordnungen“ erarbeitet werden, das sich überkommenen Leitdifferenzen – wie vormodern/modern oder europäisch/außereuropäisch – nicht im Voraus fügt, sondern zu deren Überprüfung und Neujustierung beiträgt.

Teilprojekt der EKW "Eine ‚Genealogie von Hybridität‘. Die Bedrohten Ordnungen der Halbinsel Istrien (1970-2013)"

Projektlaufzeit Juli 2019 bis Juni 2023 (2. Förderphase)
Projektleitung Prof. Dr. Reinhard Johler
reinhard.johlerspam prevention@uni-tuebingen.de
Wiss. Mitarbeiter*nnen

Daniela Simon, Postdoc
daniela.simonspam prevention@uni-tuebingen.de

Lorena Popovic, Doktorandin
lorena.popovicspam prevention@uni-tuebingen.de

Luka Babic, Doktorand
luka.babicspam prevention@uni-tuebingen.de

Teilprojekt G03 untersucht die Geschichte des „Hibridismus“, einer zuerst von österreich-ungarischen Forschern um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhunderts am Modellfall Istrien beschriebenen Ordnungskategorie (2. Förderperiode). Rund um den bedrohlichen Zerfall Jugoslawiens ist die regionale Ordnung der multisprachlichen und multikulturellen Halbinsel mehrfach neu und unter Verweis auf ältere Erfahrungen definiert worden. Vom Laboratorium Istrien aus wird in G03 eine Genealogie der Hybridität entwickelt.
 

Teilprojekt der EKW "Istrien als ‘Versuchsstation’ des Kulturellen. Hybridität als (bedrohte) Ordnung"

Projektlaufzeit Oktober 2015 bis Juni 2019
Projektleitung Prof. Dr. Reinhard Johler
reinhard.johlerspam prevention@uni-tuebingen.de
Wiss. MitarbeiterInnen

Daniela Simon, Postdoc
daniela.simonspam prevention@uni-tuebingen.de

Lorena Popovic, Doktorandin
lorena.popovicspam prevention@uni-tuebingen.de

Luka Babic, Doktorand
luka.babicspam prevention@uni-tuebingen.de

Das Teilprojekt untersucht im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Bedrohte Ordnungen” kulturelle Hybridität in Istrien im ausgehenden 19. Jahrhundert und analysiert die aus verschiedenen Ordnungsperspektiven beschreibbaren Bedrohungswahrnehmungen, die aufgrund der extremen Heterogenität der Bevölkerung virulent wurden und zu unterschiedlichen Strategien des re-ordering führten.

Teilprojekt der EKW „Humor in sozialen Bewegungen 1975-86: Dis-ordering und re-ordering durch affektive Strategien der Diagnose und Mobilisierung“

Projektlaufzeit Juli 2015 bis Juni 2019
Juli 2019 bis Juni 2023 (2. Förderphase)
Projketleitung Prof. Dr. Monique Scheer
monique.scheerspam prevention@uni-tuebingen.de
Wiss. Mitarbeiter Henning Hahn, M.A.
ernst-henning.petersspam prevention@uni-tuebingen.de

Die Forschung zu Emotionen in sozialen Bewegungen hat sich bisher vor allem mit den ernsten und negativen Gefühlen (Angst, Wut, Scham) beschäftigt; erst in neuester Zeit hat sie sich dem ‚Spaß‘ zugewandt. Deshalb will dieses Teilprojekt nach der Vorgeschichte der neueren ‚Spaß-Demos‘ fragen, nach der Präsenz und Funktion des Humors in Protestbewegungen der 1970er und 80er Jahre.