Uni-Tübingen

20.09.2019

DFG fördert zwei neue Forschungsgruppen an der Universität Tübingen

Themen sind modale und amodale Kognition sowie Auswirkungen internationaler Steuerinstitutionen auf das Verhalten multinationaler Unternehmen

Die Universität Tübingen erhält zwei neue Forschungsgruppen. Dies beschloss der Hauptausschuss der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) auf Empfehlung des Senats in Bonn. Insgesamt richtet die DFG acht neue Forschungsgruppen ein. Die Förderdauer beträgt zweimal drei Jahre.

Wie Menschen die äußere und innere Welt mental abbilden, ist eine zentrale Frage der Kognitionspsychologie. Die Forschungsgruppe „Modale und amodale Kognition: Funktionen und Interaktionen“ untersucht die Funktion und das Zusammenspiel verschiedener Repräsentationsformen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verknüpfen dabei zwei bislang getrennt betrachtete Repräsentationsformate, ein sprachnahes (amodal) und ein nichtsprachliches (modal). Dadurch sollen neue Erkenntnisse für verschiedene Teilgebiete der kognitiven Psychologie sowie für die klinische und die Entwicklungspsychologie gewonnen werden. Sprecherin ist Professorin Barbara Kaup aus dem Fachbereich Psychologie der Universität Tübingen.

In der Forschungsgruppe „Die Wirkung von internationalen Steuerinstitutionen auf das Verhalten von multinationalen Unternehmen“ (FOR 2738) wird das Verhalten von international tätigen Konzernen im Zusammenhang mit steuerlichen Institutionen untersucht. Sprecher ist der Volkswirt Professor Georg Wamser aus der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät. Weitere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Bereich Wirtschaftswissenschaft der Universität Tübingen, sowie von den Universitäten Eichstätt-Ingolstadt, Köln, Mannheim und Münster, gehören dem Forschungsgruppeverbund an.

„Modal and Amodal Cognition: Functions and Interactions“ (FOR 2718)

Die Forschungsgruppe „Modal and Amodal Cognition: Functions and Interactions“ (FOR 2718) hat zum Ziel, zur Entwicklung einer umfassenden Theorie der menschlichen Kognition beizutragen, vereinfacht gesagt darüber, wie das Denken und andere höhere kognitive Prozesse funktionieren. Sprecherin der neuen Forschungsgruppe ist Professorin Barbara Kaup aus dem Fachbereich Psychologie der Universität Tübingen.

Um Informationen zu verarbeiten, müssen Menschen eine irgendwie geartete Vorstellung von den Dingen, Ideen und Sachverhalten der inneren und äußeren Welt besitzen, um die sich das Denken dreht. Die Frage, wie solche mentalen Repräsentationen aussehen, ist von zentraler Bedeutung für die Entwicklung einer Theorie der menschlichen Kognition. In der Psychologie spielt dabei die Unterscheidung zwischen modalen und amodalen Repräsentationsformaten eine entscheidende Rolle. Als modal werden Formate bezeichnet, die erfahrungsnah und somit eng mit der Sinneswahrnehmung verknüpft sind wie etwa die visuelle Vorstellung eines Hundes, den man gesehen hat, oder die auditive Vorstellung einer Melodie, die man gehört hat. Amodale Formate sind hingegen nicht erfahrungsnah, sondern abstrahieren Informationen über verschiedene Sinneskanäle hinweg und resultieren so in symbolischen Repräsentationen. So wäre beispielsweise mit dem Begriff „Hund“ nicht nur der weiße Pudel gemeint, sondern Dackel und Dogge, schwarzes oder braunes Tier. So kann von der modalen Repräsentation konkreter Hunde schließlich eine amodale Repräsentation des Konzepts „Hund“ entstehen. Der Übergang zwischen modalen und amodalen Formaten ist fließend und ein zentraler Forschungsgegenstand dieses Projekts. 

In der Forschung wird bisher häufig angenommen, dass Prozesse in einer bestimmten Domäne der Kognition wie zum Beispiel der bildlichen Vorstellung oder der Sprache auf einem dieser beiden Repräsentationsformate – modal oder amodal – operieren. In der neuen Forschungsgruppe gehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hingegen von der Annahme aus, dass in fast allen Domänen der Kognition beide Repräsentationsformate eine wichtige Rolle spielen. Sie wollen die verschiedenen Repräsentationsformate und deren Funktion innerhalb und über Domänen hinweg eingehend erforschen. Ziel ist auch, neue Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie sich die Repräsentationsformate im Verlauf der Entwicklung eines Menschen vom Kleinkind bis zum Erwachsenen herausbilden und wie in dem Prozess Fehler auftreten. In ihre Analyse der Funktion und Wechselwirkung zwischen modalen und amodalen Repräsentationsformaten wollen die Forscherinnen und Forscher verschiedene Unterdisziplinen der Psychologie einbeziehen.

Kontakt:

Prof. Dr. Barbara Kaup
Universität Tübingen 
Fachbereich Psychologie 
 +49 7071 29-76105
barbara.kaupspam prevention@uni-tuebingen.de 

„Understanding the Behaviour of Multinational Corporations in the Context of International Tax Institutions“ / „Die Wirkung von internationalen Steuerinstitutionen auf das Verhalten von multinationalen Unternehmen“ (FOR 2738)

Die Forschungsgruppe befasst sich mit den Auswirkungen internationaler Steuerinstitutionen auf das Verhalten multinationaler Unternehmen (MNCs). Durch die zunehmenden Aktivitäten dieser Unternehmen ist die Rolle des internationalen Steuerrechts in den letzten Jahren zu einem zentralen politischen Anliegen geworden. Insbesondere das Verschieben von Profiten in Niedrigsteuerländer geht zu Lasten der Steuereinnahmen der einzelnen Länder. Google Inc. oder Starbucks sind hier nur zwei von vielen Beispielen, bei denen große multinationale Konzerne aggressive Steuervermeidungsstrategien verfolgen. Wie die Steuerpolitik mit der Gewinnverlagerung und Steuerumgehung dieser Unternehmen umgehen soll, ist eine komplexe Fragestellung. So empfiehlt zum Beispiel das Projekt OECD/G20 BEPS hierzu eine Vielzahl von politischen Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuervermeidung mit dem Ziel, dass Gewinne dort besteuert werden, wo wirtschaftliche Aktivitäten tatsächlich durchgeführt und Mehrwerte geschaffen werden. 

Die Forschungsgruppe möchte umfassend analysieren, wie sich internationale Steuervorschriften auf die direkten und indirekten Verhaltensanpassungen multinationaler Unternehmenstätigkeiten auswirken. Dabei sollen auch deren realwirtschaftliche Konsequenzen und mögliche Wohlfahrtseffekte untersucht werden. In sieben Teilprojekten will der Forschungsverbund die Literatur durch grundlegende Beiträge – darunter die Erstellung eines umfangreichen Datensatzes über steuerliche Regelungen zur quantitativen Forschung – voranbringen und die Politik allumfassend informieren. Dafür ist ein tieferes Verständnis, wie sich unterschiedliche Steuer- und Vermeidungsregeln auf die MNCs im Kern ihres Geschäfts auswirken, von grundlegender Bedeutung. Die Multidimensionalität und Komplexität des Steuerrechts sowie die international verflochtenen Organisationsstrukturen von MNCs erfordern eine genaue Kenntnis der Steuervorschriften und darauf aufbauend einen integrativen methodischen Ansatz. 

Kontakt:

Prof. Dr. Georg Wamser
Universität Tübingen 
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
Volkswirtschaftslehre – Finanzwissenschaft
 +49 7071 29-75423
georg.wamserspam prevention@uni-tuebingen.de

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