Institut für Kriminologie

13.09.2025

3. Deutsch-taiwanesischer Workshop für Kriminologie in Tübingen

Im Institut für Kriminologie der Universität Tübingen fand am 12. September 2025 zum dritten Mal ein kriminologischer Workshop unter Beteiligung taiwanesischer und deutscher Kriminologinnen und Kriminologen statt. Das weltweit interessante Rahmenthema „Gewalt in Partnerschaften“ wurde von den Kolleginnen und Kollegen aus Taiwan vorgeschlagen. Sie bestritten mit ihren Beiträgen auch die meisten Vorträge und machten deutlich, dass die Kriminologie an der National Chung-Cheng University in Chiayi/TWN breit aufgestellt ist.

Als Gastgeber begrüßte Institutsdirektor Prof. Dr. Jörg Kinzig die Teilnehmenden, insbesondere die Gäste aus Taiwan. Er gab seiner Freude über die guten und festen Beziehungen der Kriminologinnen und Kriminologen aus Chiayi und Tübingen Ausdruck. Der Leiter der taiwanesischen Delegation, Prof. Dr. Yueh-Chung Ma, bedankte sich für die Einladung und für die Organisation des Workshops. Er freute sich besonders darüber, dass sein Doktorvater Prof. Dr. Hans-Jürgen Kerner als Diskutant am Workshop teilnahm. Er wies darauf hin, dass das Thema die Beteiligung von weiblichen Autorinnen und männlichen Autoren gleichermaßen erfordere, was sich in der Zusammensetzung der Delegation aus Taiwan widerspiegele.

Prof. Ma begann die Beiträge mit seinem Vortrag über strafrechtliche Sanktionen als Mittel zur Bekämpfung häuslicher Gewalt unter besonderer Berücksichtigung des deutschen Rechts. Er berichtete, dass Taiwan der Partnergewalt seit geraumer Zeit größere Aufmerksamkeit schenke und man diese nicht mehr als „Privatsache“ ansehe. Ob allerdings ein spezieller Tatbestand und mehr zwangsweise Kontrolle die richtigen Mittel seien, müsse offenbleiben und evaluiert werden.

Prof. Dr. Yung-Lien Lai, jetzt Professor an der Polizeihochschule in Taipeh, wies auf die entscheidende Rolle der Polizei bei der Bekämpfung von Partnergewalt hin und stellte eine Studie über “The impact of occupational attributes on police officers’ decisions to make arrests in intimate partner violence cases in Taiwan“ vor. Schulung und eine standardisierte Vorgehensweise könnten zu einer gleichmäßigen und rechtsstaatlichen Praxis bei Festnahmen in diesem Bereich beitragen.

Prof.in Dr. Rita Haverkamp, Stiftungsprofessur für Kriminalprävention und Risikomanagement an der Universität Tübingen, berichtete über eine bereits veröffentlichte Studie zur Partnergewalt bei Angehörigen der Universität Tübingen. Die hohen Nennungen von Erfahrungen mit Partnergewalt deuteten an, dass diese nur wenig von Intelligenz, Schicht und Bildung abhänge, sondern sich quer durch die Gesellschaft ziehe.

Die Arbeitsrechtlerin Prof.in Dr. Chin-Chin Cheng, früher Dekanin der Faculty of Law, sprach die rechtlichen Möglichkeiten zur Eindämmung von Diskriminierung und Erniedrigung am Arbeitsplatz an. Hintergrund dieses ernsten Problems in Taiwan sei vor allem der erhebliche Druck und die enge soziale Kontrolle, die in der taiwanischen Industriegesellschaft auf Beschäftigte ausgeübt werde.

Prof.in Dr. Leng-Chia Hung, assoziierte Professorin für Gesellschaftsrecht, beleuchtete in ihrem Vortrag Betrugsdelikte im virtuellen Raum und die in diesem Bereich bestehenden regulatorischen Herausforderungen und Perspektiven. Sie wies auf die dreisten Vorgehensweisen der Täter hin, aber auch auf die leichte Verführbarkeit der Betrogenen.

Der Austausch soll im kommenden Jahr in Chiayi/TWN fortgesetzt und vertieft werden, wenn das dortige Department for Criminology an der Faculty of Education sein 25jähriges Bestehen feiert.

Prof. honor. Dr. Rüdiger Wulf

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