Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 2/2016: Studium und Lehre

„Wie können Deutsche und Geflüchtete jetzt und in Zukunft zusammenleben?“

„ZuFlucht“ – Webdoku von Studierenden der Medienwissenschaft und Geflüchteten

Studierende des Masters Medienwissenschaft und Geflüchtete haben gemeinsam die Webdoku „ZuFlucht“ erstellt. Darin widmen sie sich der Leitfrage „Wie können Deutsche und Geflüchtete jetzt und in Zukunft zusammenleben?“. Die Webdoku ist online unter http://zu-flucht.de/webdoku/ abrufbar.

Die Studierenden des Masterstudiengangs und die Geflüchteten arbeiteten im Rahmen eines Lehrforschungsprojekts des Instituts für Medienwissenschaft der Universität Tübingen seit Oktober 2015 gemeinsam an diesem Projekt. Das vielschichtige Lehrforschungsprojekt beinhaltete einen praktischen Teil, einen Theorieteil, selbständiges Gruppenarbeiten, Seminar-begleitende Kurse, Veranstaltungen mit Gastdozenten und zuletzt eine Produktionsphase.

Den Studierenden stand im praktischen Teil der Journalist Dr. Claus Kleber zu Seite, der „ZuFlucht“ als Mentor begleitete. Claus Kleber trat für dieses Lehrforschungsprojekt im Wintersemester 2015/2016 erstmalig seine Honorarprofessur an der Universität Tübingen an und war in regelmäßigen Abständen in Tübingen, um mit den Masterstudierenden in Form von ganztägigen Workshops an dem Projekt zu arbeiten. Auch außerhalb der gemeinsamen Seminarstunden stand der Journalist in regem Austausch mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Seine Expertise nutzte Kleber dafür, um den Studierenden praktisches Wissen rund um das journalistische Arbeiten nahe zu bringen und gleichzeitig die Dynamik des Alltags in einer Redaktion entstehen zu lassen. Aspekte wie der Anspruch an die journalistische Berichterstattung, Zielgruppe, Haltung, Positionierung und mögliche Zugänge wurden in der Gruppe debattiert und festgelegt. Die Seminarteilnehmer hatten sich vorab konkret Gedanken darüber gemacht, wie Kleber ihre Arbeit konkret unterstützen kann. Dadurch konnten Erfahrungswerte über Gesprächsführungstechniken, das Verarbeiten von Rückschlägen in einer Produktion, Umgang mit Material, der „korrekten“ Darstellung von Wirklichkeit und des Erreichens eines Konsenses in der Redaktion erfragt werden.

Die wissenschaftliche Leitung des Lehrforschungsprojektes übernahmen im Theorieteil die beiden Professorinnen Susanne Marschall und Tanja Thomas vom Institut für Medienwissenschaft.

In den wöchentlichen Theoriesitzungen näherten sich die Studenten anhand von Textlektüre und Diskurs grundlegenden themenrelevanten Fragestellungen: Wie kann man Fremdheit begegnen? Ist Kultur ein starres Konzept oder geschieht Kultur? Wie gehen Medien mit Begrifflichkeiten um? Lässt sich eine leitende Kategorisierung in Stereotype aufgrund der Verwendung von Hegemonialbegriffen aufbrechen? Hierfür wurden beispielsweise Texte von Stuart Hall, Hannah Arendt oder Johanna Schaffer herangezogen.

Ziel des Lehrforschungsprojekts war es, am Institut für Medienwissenschaft einen experimentellen Raum der kreativen Zusammenarbeit zwischen Studenten und Geflüchteten zu schaffen. Einen Raum in dem darüber gesprochen wird, was für ein gemeinsames Leben in Deutschland wichtig ist. Zu dieser Fragestellung wurden Filme, Hörstücke, Fotostrecken und Texte mit verschiedenen inhaltlichen Schwerpunkten produziert, die in der Webdoku zusammengeführt wurden. Entscheidend ist hierbei insbesondere der partizipative Charakter des Projekts: Geflüchtete treten nicht als Objekte der Berichterstattung auf, vielmehr wurden mit Ihnen gemeinsam journalistische Wege erarbeitet. Die Geflüchteten nahmen an den wöchentlichen Seminaren, Redaktionssitzungen und Workshops an der Universität Tübingen teil und waren eingeladen, an allen zusätzlichen projektbegleitenden Kursen wie etwa Interviewtrainings, Einführung in Lichttechnik oder einem Fotografie-Kurs teilzunehmen, um eine Einbeziehung im selben Umfang möglich zu machen. In dem Projekt sind die Geflüchteten nun unter anderem als Co-Autoren, Fotografen oder Interviewer beteiligt.

Simona Miladinovic