Professur für Neuere Geschichte (Philosophische Fakultät)
Ab März 2023 lehrt und forscht Jan C. Jansen an der Universität Tübingen zur europäischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts in ihren globalen Verbindungen. Er interessiert sich insbesondere für die vergleichende Geschichte der Kolonialreiche und für Momente und Prozesse der Dekolonisation.
Jan C. Jansen studierte von 1999 bis 2005 Neuere und Neueste Geschichte, Soziologie und Philosophie in Freiburg, Paris und Basel. An der Universität Konstanz promovierte er darüber, welche Rolle Formen öffentlicher Erinnerung im kolonialen Algerien im 19. und 20. Jahrhundert spielten. Während Studium und Promotion erhielt er zahlreiche Stipendien und Förderungen, unter anderem von der Studienstiftung des deutschen Volkes. Es folgten längere Aufenthalte in London und Tunis sowie von 2014 bis 2020 eine Tätigkeit am German Historical Institute in Washington, DC, wo er die neugegründete Forschungsabteilung „Global and Transregional History“ leitete. 2020 kehrte er nach Deutschland zurück, um eine Professur für die Globalgeschichte von Mobilität an der Universität Duisburg-Essen zu übernehmen. Jansens zusammen mit Jürgen Osterhammel verfasste Gesamtdarstellungen zu Kolonialismus und Dekolonisation, die in dieser Zeit entstanden sind, gelten mittlerweile als Standardwerke des Forschungsbereichs.
Jan C. Jansen interessiert sich für die komplexen kulturellen, sozialen und politischen Grenzziehungen und Verbindungen insbesondere in Nordafrika und der Karibik seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert. Sein besonderes Interesse gilt zurzeit dem noch jungen Forschungsfeld der Geschichte von Flucht und Geflüchteten, insbesondere dem sogenannten Revolutionszeitalter zwischen 1770 bis 1830.
Zu diesem Thema leitet Jan C. Jansen zahlreiche internationale Forschungsprojekte, die er in Tübingen fortführen wird, zum Beispiel Atlantic Exiles: Revolution and Refugees in the Atlantic World, 1770s–1820s, das durch den European Research Council (ERC) finanziert wird. Es rückt die Zeit revolutionärer Umstürze in Europa, Nord- und Südamerika und der Karibik als den Moment in den Blick, in dem politische Flüchtlinge zum Massenphänomen wurden. Auf der Basis von Fallstudien untersucht das Projekt, inwiefern Geflüchtete und ihre Mobilität zentrale Faktoren in vier grundlegenden Transformationsprozessen der atlantischen Welt waren: Welche Rolle spielte die Interaktion mit Geflüchteten in der Neuordnung politischer Zugehörigkeit in dieser Zeit? Welchen Einfluss hatten sie auf die Anfänge „humanitärer“ Politik? Wie navigierten sie und prägten die durchlässigen Grenzen von Freiheit und Sklaverei, und wie formierte sich Exil als ein grenzübergreifender politischer Handlungsraum?
Tilman Wörtz